Politik, Personal, pDL-Podcast: Was Apotheken derzeit bewegt
Neue Berufszugänge, OTC-Switches, Dialog mit Warken, Cannabis-Versandverbot: Die Apothekerschaft steht vor wichtigen Weichenstellungen. Alle Entwicklungen findest du kompakt im Wochenrückblick.
Erleichterter Berufszugang für ausländische Apotheker:innen geplant
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will die Anerkennungsverfahren für ausländische Apotheker:innen beschleunigen und so dem zunehmenden Fachkräftemangel begegnen. Ein aktueller Referentenentwurf sieht vor, die Bundes-Apothekerordnung entsprechend anzupassen. Kern des Vorschlags ist die Einführung einer partiellen Berufserlaubnis für Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen, die nur teilweise dem deutschen Berufsbild entsprechen. Diese Fachkräfte sollen unter der Berufsbezeichnung ihres Herkunftslandes und unter Aufsicht arbeiten dürfen – ähnlich wie Pharmazeut:innen im Praktikum. Die Bundesapothekerkammer (BAK) begrüßt die Initiative. „Bis 2033 könnten über 7.000 Apotheker:innen fehlen“, warnt BAK-Präsident Dr. Armin Hoffmann. Bürokratische Hürden abzubauen sei deshalb „dringend notwendig“.
Ein wesentlicher Punkt: Für Abschlüsse aus Drittstaaten soll künftig die aufwendige Gleichwertigkeitsprüfung entfallen. Stattdessen können Kandidat:innen direkt zur Kenntnisprüfung zugelassen werden. Abschlüsse aus EU/EWR-Staaten bleiben davon unberührt. Sprachkenntnisse auf Fachniveau bleiben für alle verpflichtend. Das BMG reagiert mit dem Entwurf auch auf ein laufendes EU-Vertragsverletzungsverfahren – die Umsetzung der EU-Richtlinie 2005/36/EG war überfällig. Durch den neuen Ansatz sollen Verfahren effizienter, transparenter und zugleich rechtssicher gestaltet werden.
BGH bestätigt Urteil zur Preisbindung – ABDA pocht auf sozialrechtliche Regelung
Mit seinem aktuellen Urteil (Az. I ZR 74/24) bestätigt der Bundesgerichtshof (BGH) die Linie des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Preisbindung verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Bereits 2016 hatte der EuGH entschieden, dass die nationale Preisbindung dem EU-Recht widerspreche – insbesondere der Warenverkehrsfreiheit. Im konkreten Fall hatte der Bayerische Apothekerverband (BAV) gegen Bonuszahlungen eines niederländischen Versandhändlers geklagt. Das Oberlandesgericht München stufte die Praxis 2024 zwar als wettbewerbswidrig ein, erkannte jedoch die Vorrangstellung europäischer Marktprinzipien an. Die heutige BGH-Entscheidung weist die Revision des BAV nun zurück.
ABDA-Präsident Thomas Preis äußert sich enttäuscht über den Ausgang, verweist jedoch auf die im Sozialrecht verankerte Preisbindung durch das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz. Diese sei im Fünften Sozialgesetzbuch festgeschrieben und weiterhin gültig. Preis betont: „Rabatte und Boni gehören nicht in die Arzneimittelversorgung – Arzneimittel sind keine einfache Handelsware.“ Sollte die sozialrechtliche Preisbindung künftig rechtlich unter Druck geraten, erwartet die ABDA eine zügige politische Lösung in enger Zusammenarbeit mit der Apothekerschaft.
ABDA-Präsident trifft erstmals Bundesgesundheitsministerin
ABDA-Präsident Preis hat sich am Dienstag erstmals offiziell mit Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zu einem persönlichen Austausch getroffen. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen aktuelle Herausforderungen des Apothekenwesens, darunter die angespannte wirtschaftliche Lage, Lieferengpässe und der Fachkräftemangel.
Preis betonte die Notwendigkeit politischer Verlässlichkeit und forderte konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken. Besonders hob er die Bedeutung eines stabilen Apothekenhonorars und nachhaltiger Rahmenbedingungen für pharmazeutische Dienstleistungen hervor. Die ABDA sieht das Gespräch als wichtigen Auftakt für einen intensiveren Dialog mit der neuen Gesundheitsministerin.
Kommt ein Versandverbot für Medizinalcannabis?
(Foto: iStock / Milan Markovic)
Das BMG unter Gesundheitsministerin Warken plant per Referentenentwurf ein umfassendes Verbot der Online-Verschreibung und des Versandhandels von medizinischem Cannabis. Zukünftig soll die Verordnung nur noch nach persönlichem Arztkontakt – etwa in der Praxis oder im Hausbesuch – erfolgen, ebenso die Abgabe ausschließlich vor Ort in Apotheken.
ABDA-Präsident Preis lobt den Entwurf: „Arzneimittel sind keine handelsüblichen Konsumgüter und gehören nicht auf rein kommerziell ausgerichtete Handelsplattformen.“ Persönliche Beratung vor Ort sei essentiell – insbesondere aufgrund von Suchtpotenzial und möglichen Folgen für junge Patient:innen.
Kritik kommt aus der Medizinalcannabis-Branche: Apothekerverbände befürchten, chronisch kranke oder mobil eingeschränkte Patient:innen würden ihr benötigtes Cannabis künftig nur erschwert erhalten – besonders wenn Versandwege wegfallen. Auch Oppositionspolitiker:innen kritisieren das geplante Versandverbot für Medizinalcannabis als widersprüchlich zur unzureichenden Umsetzung des Konsumcannabis-Gesetzes. Linken-Politiker Ateş Gürpinar warnt vor neuen Hürden für Patient:innen und verweist auf fehlende legale Bezugswege. Grünen-Gesundheitspolitikerin Linda Heitmann lehnt den Generalverdacht gegen Cannabisnutzer:innen ab und fordert eine umfassende Reform der Fernverschreibung für alle Arzneimittel.
Neuer Podcast zu pharmazeutischen Dienstleistungen gestartet
Die Bundesapothekerkammer hat am Montag einen neuen Video-Podcast zu pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) ins Leben gerufen. In „pDL-Talk mit Katja & Steffen“ sprechen Dr. Katja Renner und Dr. Steffen Schmidt praxisnah über die Durchführung und Integration der pDL in den Apothekenalltag. Den Auftakt bilden vier rund 10- bis 15-minütige Folgen im Zwei-Wochen-Rhythmus. Zum Start liegt der Fokus auf der Dienstleistung „Inhalativa“. Laut ABDA-Erhebung von 2024 machen Patient:innen im Schnitt drei Anwendungsfehler pro Inhalation – ein klarer Hinweis auf den Beratungsbedarf und das Potenzial der Apotheken vor Ort.
Der Podcast ist auf mehreren Plattformen verfügbar:
• Podcast-Blog (Podigee)
• ABDA/pDL-Campus
• Apple Podcasts
• Spotify
• Deezer
• ListenNotes
Aciclovir-Buccaltablette und Melatonin 3 mg bald rezeptfrei
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat grünes Licht für zwei neue OTC-Switches gegeben: Aciclovir 50 mg in Form einer Buccaltablette sowie Melatonin 3 mg zur oralen Anwendung sollen künftig rezeptfrei erhältlich sein. Eine Freigabe für Rupatadin 10 mg lehnte das Gremium hingegen ab.
Die neue Darreichungsform von Aciclovir ist bislang nicht auf dem deutschen Markt verfügbar, soll aber künftig als rezeptfreie Therapieoption bei rezidivierendem Lippenherpes zum Einsatz kommen – insbesondere bei LäsioneenNotes n im Mundraum. Die mukoadhäsive Buccaltablette ist aus den USA als Sitavig® bekannt und wird im Oberkiefer platziert.
(Foto: iStock / MurzikNata)
Auch Melatonin 3 mg, bislang nur als Nahrungsergänzung erhältlich, soll in der Indikation Jetlag bei Erwachsenen künftig als zugelassenes Arzneimittel ohne Rezept abgegeben werden dürfen. Beide Empfehlungen wurden vom Ausschuss einstimmig beschlossen. Abgelehnt wurde dagegen der Antrag zur Entlassung von Rupatadin 10 mg aus der Verschreibungspflicht. Der H1-Antihistaminikum-Wirkstoff bleibt damit verschreibungspflichtig.
Die endgültige Entscheidung liegt nun beim Bundesgesundheitsministerium, das die Empfehlungen gesetzlich umsetzen muss. Erst danach können entsprechende OTC-Präparate in den Markt eingeführt werden.
Neues aus der Mikronährstofftherapie: Zink Hevert 25 mg ab August erhältlich
Hevert-Arzneimittel erweitert sein Sortiment um ein neues hochdosiertes Zinkpräparat: Zink Hevert 25 mg ist ab August apothekenexklusiv erhältlich und enthält organisches Zinkbisglycinat – eine Verbindung mit besonders hoher Bioverfügbarkeit und guter Verträglichkeit. Die Bindung des Spurenelements an Glycin erleichtert die Aufnahme über die Darmwand.
Zink spielt eine zentrale Rolle im Immunsystem, beim Zellschutz sowie für Haut, Haare und Nägel. Der Clou des neuen Präparats: Es enthält zusätzlich Kupfer, um einer möglichen kupferbedingten Dysbalance bei hoher Zinkzufuhr vorzubeugen. Die Kombination unterstützt ein physiologisch sinnvolles Verhältnis der beiden Spurenelemente. Zink Hevert 25 mg wird in Deutschland hergestellt und will im Vergleich zu anderen OTC-Zinkpräparaten mit einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis punkten.