Probleme in der Rezeptur (Teil 3): pH-abhängige Wirksamkeit
<p>Wer häufig mit Erythromycin im Bereich der Rezeptur umgeht, kennt die Problematik. Das Wirkoptimum liegt bei einem pH-Wert von 8 bis 8,5 und in saurem Milieu zersetzt sich das Stoffgemisch innerhalb von wenigen Stunden.</p>
Doch ist Erythromycin nicht der einzige pH-abhängige Wirkstoff. Im Grunde gibt es für jede pH-abhängig reagierende Substanz ein ganz bestimmtes pH-Optimum, das für die Löslichkeit und damit auch für die Effektivität des Wirkstoffes und die Stabilität der Rezeptur eingestellt werden sollte. Auch die Haltbarkeit und die Verträglichkeit der Zubereitung hängt eng mit dem pH-Wert zusammen. Je mehr Wirk- und Hilfsstoffe sich in einer Zubereitung befinden, desto mehr Kompromisse müssen in der Regel eingegangen werden. Wie du mit auftretenden Problemen umgehen kannst, erfährst du hier.
Plausibilitätsscheck des pH-Werts
Während der Plausibilitätsprüfung einer Rezeptur gilt eine der Prüfungen dem pH-Wert. Er lässt sich entweder automatisch in verschiedenen Rezepturprogrammen auf Plausibilität checken oder über die Fachliteratur heraussuchen.
Eine Option ist das Tabellenwerk „Plausibilitäts-Check Rezeptur“ von Andreas S. Ziegler, das Wirkstoff-Grundlagen-Kombinationen mit nachgewiesener Kompatibilität enthält. Mithilfe der Tabelle 2 (rezeptierbarer pH-Bereich der häufigsten vorkommenden Wirkstoffe) und Tabelle 4 (pH-Wert Grundlagen) des Kompendiums lässt sich die Plausibilität einfach überprüfen.
Wenn die gewählten Wirkstoffe nicht kompatibel sind, kann eine geeignete Grundlage ausgewählt werden. Falls die Wirkstoffe pH-mäßig nicht zusammenpassen, bietet sich die Herstellung zweier unterschiedlicher Rezepturen an. Enthält eine Rezeptur kein Wasser? Dann ist die Prüfung des pH-Wertes nicht nötig.
Puffersystem für die ideale Konstanz – zwei Beispiele
Um den pH-Wert einer Rezeptur trotz des Zusatzes einer Säure oder Base konstant zu halten, kommen häufig Puffersysteme zum Einsatz. Sie sind in der Lage, H+- und OH--Ionen abzufangen bzw. zu puffern. Ein solches System besteht üblicherweise aus einer Kombination eines Salzes und einer schwachen Säure. Das Salz wird in dieser Säure gelöst. Das Puffersystem wird so ausgewählt, dass nicht zu hohe Konzentrationen davon erforderlich sind. Zwei gängige Beispiele hierfür sind:
- Natriumcitrat und Citronensäure (wasserfrei oder Monohydrat) = Citratpuffer
- Natriumlactat und Milchsäure = Lactatpuffer
Die Einsatzgebiete sind beim Citratpuffer die Stabilisierung hydrolyseempfindlicher Corticosteroide (vgl. NRF 11.37), der Lactatpuffer kommt für die saure Pufferung von Harnstoff-Zubereitungen in Vaginalgelen zum Einsatz (vgl. NRF 25.3).
Nicht immer ist die Zugabe von Puffern möglich, auch wenn sie den pH-Wert über die gesamte Lagerdauer hin stabilisieren. Ein Blick sollte immer auf die Gesamtelektrolytmenge der Rezeptur gerichtet werden. Die zusätzlichen Ionen können ihrerseits wieder Inkompatibilitäten mit anderen Wirk- oder Hilfsstoffen hervorrufen (siehe Probleme in der Rezeptur, Teil 2).
Erythromycin und seine ideale Rezeptur
Um auf das anfängliche Beispiel einzugehen: Wenn du eine Rezeptur mit gelöstem Erythromycin und viel Wasser vorliegen hast, musst du davon ausgehen, dass sich der pH-Wert deutlich ins Basische verschiebt. Dieser Zustand kann Gewebeschäden beim Patienten zur Folge haben, denn eine wässrige Lösung kann pH-Werte zwischen 9,5 und 10,5 aufweisen.
Um die Rezeptur zu stabilisieren, orientiere dich am NRF. In der NRF 11.77. wird durch den Zusatz von Citronensäure als Säuerungsmittel der pH-Wert der Rezeptur (Erythromycin in Basiscreme) auf 8 abgesenkt. Das ist ein physiologisch unbedenklicher Wert, der außerdem eine ausreichende Stabilität der Rezeptur selbst gewährleistet. Liegt die Erythromycin-Creme vorwiegend ungelöst vor, wird der pH-Wert der Rezeptur kaum beeinflusst.
Der pH-Wert hat somit auf viele Parameter einen großen Einfluss. Du solltest ihn genau beobachten und exakt prüfen, welche Möglichkeiten dir bei Problemen noch offenstehen:
- Puffern, wenn der pH-Wert konstant gehalten werden muss
- Ansäuern, wenn der pH-Wert sich unphysiologisch in das Basische verschiebt
- Anfertigen von getrennten Rezepturen, wenn die Wirkstoffe sehr unterschiedliche pH-Wert-Optima vorweisen
- Grundlage wechseln, wenn sie nicht zum Wirkstoff passt