Der Darm: Mehr Einfluss auf deine Gesundheit als du dachtest
<p>Unser Darm hat mehr Aufgaben als gedacht. Das Organ ist nicht nur für die Verdauung unserer Nahrung zuständig, sondern seine Flora aus Millionen von Mikroorganismen hat Einfluss auf unser Immunsystem, unser allgemeines Befinden und sogar aufs Gehirn.</p>
Ein ausgewogenes Mikrobiom im Darm hilft dabei, unsere Gesundheit zu erhalten. Andererseits können bestimmte Krankheiten mit Darmbakterien in Verbindung gebracht werden. Manche Experten behandeln diese Gemeinschaft aus Organismen im Darm deshalb sogar als eigenes Organ.
Eine Wohngemeinschaft aus Gesundheitshelfern: die Darmflora
Etwa 100 Millionen Darmbakterien besiedeln unseren Darm. Darunter rund 1000 verschiedene Spezies. Zusammengenommen wiegen sie etwa 1,5 bis 2 Kilogramm und bestehen aus zehnmal mehr Zellen als der menschliche Organismus. Das Mikrobiom des Darms hat nicht nur Einfluss auf die Darmgesundheit, sondern auch auf den restlichen Körper. Ein Ungleichgewicht kann unter Umständen auch Krankheiten auslösen oder ungünstig beeinflussen. Trotzdem ist die Gemeinschaft aus Bakterien und anderen Mikroorganismen auch im gesunden Zustand bei jedem einzelnen von uns unterschiedlich zusammengesetzt. Das ist völlig normal.
Das zweite Gehirn
Über 100 Millionen Neuronen umhüllen den Darm. Insgesamt sitzen in und um den Magen-Darm-Trakt vier- bis fünfmal mehr Nervenzellen als im Rückenmark. Das sogenannte enterische Nervensystem steuert nicht nur die Verdauung, sondern scheint den Darm und Bauchraum auch sensibel für seelische Belastungen zu machen. Neueste Forschungsergebnisse aus verschiedenen Ländern deuten zudem auf eine Verbindung zwischen Mikrobiom des Darms und dem Gehirn hin. Nicht umsonst sprechen wir von Bauchgefühl, dem Bauchhirn oder dem zweiten Gehirn, wenn wir über das Verdauungsorgan oder den Bauch sprechen.
Studien zeigen: Das Mikrobiom hat Einfluss auf Krankheiten
Untersuchungen an körperlich unterentwickelten Kindern in Bangladesch mit einer umweltbedingten Störung des Verdauungssystems zeigten, dass bei verlangsamter oder ausbleibender Entwicklung immer wieder eine überhöhte Menge von zwei bestimmten Bakterienarten sowie eine Entzündungsreaktion im Darm zu finden war. Die Forscher vermuten, dass die Immunreaktion im Darm die Aufnahme wichtiger Nährstoffe stört und die Kinder dadurch in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden. Von solchen Ergebnissen lassen sich Schlüsse auf die Entstehung anderer Krankheiten ziehen.
Neurologen entdecken den Darm für sich
Durch den massiven Einfluss des Darm-Mikrobioms sowie der zahlreichen Neuronen rund um das Organ auf unser Gehirn ist der Darm in den letzten Jahren eines der liebsten Forschungsthemen von Neurologen geworden. Sie entdecken nach und nach Wechselbeziehungen zwischen neuronalen Störungen oder Krankheiten mit dem Zustand des Darms und seines Mikrobioms.
Zusammenhänge haben Forscher beispielsweise mit MS gefunden. Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Fasern des Zentralnervensystems (ZNS) des eigenen Körpers angreift. Schwere neurologische Symptome sind die Folge. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in München konnten in Tierversuchen nachweisen, dass das Mikrobiom des Darms einen maßgeblichen Einfluss bei der Entwicklung der MS hat. Forscher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Ruhr-Universität Bochum untersuchen nun zusammen mit Neurologen aus Erlangen, inwieweit Ernährung und Darmflora bei Entstehung und Verlauf der MS eine Rolle spielen.
Die Wissenschaftler hoffen, dass durch Präbiotika sowie Probiotika oder die Übertragung des Mikrobioms durch Fäkaltransplantation beispielsweise MS geheilt oder der Zustand von Patienten verbessert werden kann.
Zusammenhänge mit Schlaganfällen
Ebenfalls Gegenstand der aktuellen Forschung ist die Auswirkung der Darmflora auf die Genesung von Schlaganfallpatienten. Nach einem Gehirnschlag lässt sich eine Veränderung des Immunsystems sowie der Zusammensetzung des Mikrobioms und der Darmdurchlässigkeit beobachten. Der Schlaganfall gilt daher nicht mehr als reines Gehirnproblem. Schlaganfallpatienten könnten in Zukunft beispielsweise in einem ganzheitlichen Konzept zusätzlich mit Bakterienpräparaten behandelt werden, die Gesellschaft aus Darmbakterien günstig beeinflussen.
Helfen probiotische Produkte der Darmgesundheit?
Ob probiotische Lebensmittel wie Joghurt und Drinks die Darmflora wirklich unterstützen, ist noch nicht abschließend bewiesen. In mehreren Untersuchungen konnte allerdings belegt werden, dass Joghurt einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und die Darmgesundheit hat. Experten vermuten, dass probiotische Lebensmittel die Darmbarriere stärken und so davor schützen, dass schädliche Stoffe in den Blutkreislauf gelangen. Ob das an den enthaltenen Bakterien liegt oder durch andere positiv wirkende Inhaltsstoffe begründet ist, weiß man aber noch nicht. Fakt ist jedoch, dass fermentierte Lebensmittel einen positiven Einfluss haben können. Um deine Darmflora zu unterstützen, kannst du naturbelassene, angesäuerte Nahrungsmittel wie Naturjoghurt, Kefir oder Sauerkraut in deinen Speiseplan aufnehmen.
Das kannst du für deine Darmgesundheit tun:
- Ernähre dich ausgewogen und vielfältig. Die verschiedenen Mikroorganismen im Darm bevorzugen ganz unterschiedliche Nährstoffe. Mit einem bunten Nahrungsangebot förderst du eine ausgeglichene Darmflora.
- Iss und trink fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Sauerkraut, Kefir, Miso oder Kombucha. Sie enthalten lebende Mikroorganismen, die den Darm unterstützen.
- Reduziere den Zuckeranteil in deiner Nahrung. Manche krankmachenden Keime lieben Zucker und vermehren sich bei einem Überangebot zu schnell.