Spannungskopfschmerzen und Migräne – was ist der Unterschied?
Spannungskopfschmerzen und Migräne werden von medizinischen Laien oftmals nicht unterschieden. Doch wie lassen sie sich voneinander abgrenzen und behandeln? Wir geben Tipps für die Apothekenpraxis.
Es gibt mehr 200 verschiedene Kopfschmerzarten, am häufigsten treten jedoch Spannungskopfschmerzen (54 Prozent) und Migräne (38 Prozent) auf. Diese beiden gehören zu den primären Kopfschmerzen, die im Gegensatz zu sekundären Kopfschmerzen nicht als Folge einer Erkrankung (Kopfverletzung, Suchterkrankung, Influenza, psychiatrische Störung, Gefäßprobleme) auftreten. Daher ist es wichtig, in unserem Beratungsgespräch durch gezielte Nachfragen die Unterschiede zu ermitteln, um somit die bestmögliche Therapie empfehlen zu können.
Wie lassen sich Migräne und Spannungskopfschmerzen unterscheiden?
Patient:innen mit Spannungskopfschmerzen fühlen sich an der frischen Luft mit moderater Bewegung schnell besser. Bei Menschen, die an Migräne leiden verschlimmert jegliche Art von Bewegung hingegen die Schmerzen. Diese möchten am liebsten in einem abgedunkelten Raum liegen und sich keinen Millimeter bewegen. Bei einer Migräne ist der Schmerz meist einseitig und pochend, stechend pulsierend, wohingegen Spannungskopfschmerzen eher als drückend, „wie in einem Schraubstock“ und dumpf beschrieben werden.
Auch Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen und Lärm- und Lichtempfindlichkeit treten bei Migräne, aber nicht bei Spannungskopfschmerzen auf. Eine sogenannte Aura (Lichtblitze, Flimmern, visuelle Störungen) bzw. länger andauernde Schmerzattacken (vier bis 72 Stunden) sprechen ebenfalls für eine Migräne. Es kann vorkommen, dass die Symptome sich nicht eindeutig zuordnen lassen. Daher sollte bei häufigeren Attacken und unklaren Symptomen sowie bei Kindern oder extrem starken Schmerzen ein Arztbesuch empfohlen werden.
Was sind die Ursachen?
Spannungskopfschmerzen treten häufig in stressigen Situationen auf und entstehen vor allem infolge von verspannter Muskulatur, Flüssigkeitsmangel oder durch Fehlbelastungen (Zähneknirschen, Kiefergelenkprobleme) auf. Die genauen Ursachen und Prozesse, die bei einer Migräneattacke im Gehirn ablaufen, sind noch nicht abschließend geklärt. Naheliegend sind genetische Ursachen, da sich die Erkrankung oft über mehrere Generationen hinzieht. Bekannt ist hingegen, dass es verschiedene Auslösefaktoren – sogenannte Trigger – gibt, die entweder alleine oder in Kombination eine Attacke auslösen können. Bekannte Trigger sind Stress, gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, hormonelle Schwankungen, das Auslassen von Mahlzeiten, gewisse Medikamente oder auch Nahrungsmittel (Zucker, Schokolade, Süßstoffe).
Hier kann es für Betroffene hilfreich sein, ein Kopfschmerztagebuch - wie im obigen Bild anhand eines Beispiels der Seite gesundheitsinformation.de gezeigt - zu führen, um die individuellen Trigger herauszufinden.
Was gibt es in der Apotheke?
Hauptsächlich werden gegen Kopfschmerzen und Migräne Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) eingesetzt, wobei Acetylsalicylsäure (ASS) und Ibuprofen in der Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Neurologie als Mittel der Wahl bezeichnet werden. Aber auch Paracetamol kann empfohlen werden.
Auch Kombinationen von ASS, Paracetamol und Koffein (dient als Wirkungsverstärker) haben sich bewährt. Bei der Auswahl des Schmerzmittels müssen Vorerkrankungen und bestehende Dauermedikationen in unserer Empfehlung berücksichtigt werden. Das Auftragen von Pfefferminzöl auf die Schläfen, ausreichend Flüssigkeit, moderate Bewegung an der frischen Luft, sowie die Einnahme von Magnesium können bedenkenlos für Patient:innen mit Spannungskopfschmerzen, Kinder und auch Schwangere empfohlen werden. Migränepatient:innen hingegen sollten mit Bewegung vorsichtig sein.
Die bei Migräne häufig auftretende Übelkeit verhindert manchmal, dass eingenommene Medikamente ihre Wirkung auch wirklich entfalten können. Hier können Antiemetika helfen. Auch die Auswahl der Arzneiformen kann entscheidend für den Therapieerfolg sein. Brausetabletten, Flüssigkapseln, Schmelztabletten oder Wirkungsbeschleuniger (z.B. Ibuprofen-Lysinat) wirken schneller als Tabletten und mit Suppositorien oder Nasensprays (Rx) lässt sich bei Übelkeit die Magenpassage umgehen.Spezielle Migränemedikamente, die sogenannten Triptane (Sumatriptan, Almotriptan und Naratriptan sind rezeptfrei erhältlich) können empfohlen werden, wenn die Diagnose Migräne durch einen Neurologen bzw. eine Neurologin gestellt wurde. Frühzeitig eingenommen, können diese eine Attacke verhindern oder stark abschwächen. Welches Triptan empfohlen wird, muss individuell entschieden werden.
Seit 2018 gibt es in Deutschland ein verschreibungspflichtiges Antikörperpräparat (Aimovig® mit dem Wirkstoff Erenumab), das zur Vorbeugung von Migräne zugelassen ist. Bisher konnten nur nichtmedikamentöse Maßnahmen, wie Entspannungstechniken, Stressreduktion und das konsequente Vermeiden von Triggerfaktoren Hilfe bringen.
Extrahiert:
- Wer unter Spannungskopfschmerz leidet, fühlt sich nach einem Spaziergang an der frischen Luft und moderater Bewegung häufig schon besser.
- Bei Migräneattacken ist Bewegung kontraindiziert.
- Migräne-Betroffene sollten ein Kopfschmerz-Tagebuch führen, um den auslösenden Triggern auf die Spur zu kommen.
- Seit 2028 gibt es mit Erenumab ein verschreibungspflichtiges Präparat, das zur Vorbeugung gegen Migräneattacken genommen werden kann.
AMIRA fragt: Hast du eventuell selbst Erfahrungen mit Migräne? Was unternimmst du dagegen? Teile dein Wissen in unseren Kommentaren. Andere Betroffene werden es dir danken!