Betagt und schlaflos – was kann helfen?

Sehr oft kommen ältere Kund:innen in die Apotheke und klagen darüber, nicht gut schlafen zu können. Dabei ist erholsamer Schlaf für Körper, Seele und Wohlbefinden wichtig. Worauf ist zu achten, wenn die ältere Kundschaft (65+) beraten werden will?

Während der Nachtruhe laufen vielschichtige Reparatur- und Regenerationsprozesse ab. Der Körper tankt Kraft, Zellen erneuern sich, das Immunsystem wird gestärkt und Muskeln aufgebaut. Schlaf baut Stress ab, kurbelt die Gedächtnis- und Nervenzellenbildung an. Das wiederum stärkt die kognitive Leistungsfähigkeit. 
Auf dem Markt gibt es Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel aus dem schulmedizinischen, pflanzlichen, homöopathischen und anthroposophischen Bereich. 

Schlaf im Alter – was ist normal?

Mit dem Älterwerden nehmen die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit ab. Diese Prozesse sind normal und individuell völlig verschieden. Manchmal kann es sehr schwierig sein, diese Veränderungen als Teil eines normalen Alterungsprozesses von krankhaften Veränderungen zu unterscheiden. Dies gilt auch für das Schlafverhalten im Alter. Fast jeder zweite Mensch über 65 in Deutschland klagt über chronische Schlafstörungen.

Dabei ist die Gesamtdauer des Schlafes nicht kürzer, aber er wird als weniger erholsam empfunden. Häufig sind die Tiefschlafphasen älterer Personen verkürzt und sie reagieren viel empfindlicher auf äußere Störfaktoren, seien es Geräusche, Temperaturen, nächtlicher Harndrang oder unbequeme Schlafstätten. Ist der Schlaf einmal unterbrochen, können Betroffene nicht mehr so schnell einschlafen und liegen lange wach. Kleine Nickerchen tagsüber, für die ja schließlich Zeit ist, führen aber dazu, dass man abends einfach nicht mehr so müde ist. Genauso ist es bei Leuten, die geistig und körperlich träge sind.

Aber auch psychische Faktoren wie Konflikte, Einsamkeit, Über- oder Unterforderung oder Erkrankungen wie Depressionen, Demenz oder Angststörungen können schlafraubend wirken.

… und was sollte behandelt werden?

Am weitesten verbreitet ist die sogenannte Insomnie, die sich durch Ein- und Durchschlafstörungen oder durch morgendliches Früherwachen äußert. Der Schlaf wird als nicht erholsam empfunden und Betroffene fühlen sich tagsüber müde und nicht leistungsfähig. Auch eine Hypersomnie, ein krankhaft gesteigertes Schlafbedürfnis, das sich durch verlängerte Schlafperioden, Schläfrigkeit und erhöhte Einschlafneigung am Tag äußert, kann im Alter auftreten. 

Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Schlafapnoe, Narkolepsie, Schlafwandeln, Albträume, Restless-Legs-Syndrom sollten ärztlich abgeklärt und überwacht oder behandelt werden. So können eine unbehandelte Niereninsuffizienz oder eine Schilddrüsenerkrankung ein Restless-Legs-Syndrom verursachen, eine unbehandelte Schlafapnoe kann ohne Therapie zu einer Hypertonie und/oder zu Herzrhythmusstörungen führen.

Auch im Alter wichtig – eine gesunde Schlafhygiene

Unter dem Begriff Schlafhygiene versteht man eine Technik, die gesunden Schlaf ermöglicht, erhält oder fördert. Schlaf kann man nicht erzwingen, er kommt von allein. Aber nur, wenn die (äußeren) Bedingungen stimmen. Zum Beispiel sollte auf eine ruhige Schlafumgebung ohne Ablenkung (Lärm, Fernsehen, Computer, Handy) geachtet werden. Der Raum sollte abgedunkelt sein, das fördert die körpereigene Melatoninausschüttung. Die Raumtemperatur sollte idealerweise zwischen 16 und 18 Grad liegen und das Schlafzimmer sollte gut belüftet werden. Einschlafrituale wie feste Schlafenszeiten, ein warmes Bad oder ein Schlummertrunk (heiße Milch mit Honig oder auch ein Einschlaftee, z. B. H&S Schlaf- und Nerventee Nr. 11 oder Sidroga® Schlaf- und Nerventee) können beim Einschlafen helfen. Schlafräuber wie Alkohol, Koffein oder Nikotin sollten möglichst abends vermieden werden. Wer unter einer Blasenschwäche leidet, sollte abends die Trinkmenge reduzieren und lieber tagsüber mehr trinken. Körperliche Aktivität tagsüber sorgt dafür, dass man abends müde ist. Da schwere Kost auf den Magen schlägt, sollte es abends nur etwas Leichtes sein.

Grundsätzlich sollten sich Betroffene nicht unter Druck setzen, wenn das Einschlafen nicht sofort funktioniert und man einfach nicht müde ist. Bevor erneuter Stress entsteht, ist es besser, sich abzulenken (beispielsweise mit einem guten Buch) und es einfach später erneut zu versuchen. Bei primärer Insomnie oder hartnäckigen Schlafproblemen im Rahmen psychiatrischer Erkrankungen können mit einer kognitiven Verhaltenstherapie große und vor allem langfristige Erfolge erzielt werden.

Was gibt es in der Apotheke?

Wegen des fortgeschrittenen Alters und einer häufig vorliegenden Polymedikation sollten schlaffördernde Arzneimittel nur sehr vorsichtig und möglichst kurzfristig eingesetzt werden. Unbedenklich, aber meist auch nur begrenzt nützlich bzw. wirksam sind pflanzliche oder homöopathische Wirkstoffe, wie Baldrianwurzel, Lavendelblüten, Hopfenzapfen, Passionsblumenkraut. Monopräparate mit Baldrian wie Caelo® Baldriantinktur, Baldriaparan® stark für die Nacht von Pharma SGP, Klosterfrau Nervenruh Baldrian forte 600 von Klosterfrau oder Baldrian-Dispert® von Cheplapharm, Passionsblume (z. B. Lioran® centra von Cesra oder Pascoflair® von Pascoe) oder Lavendel (z. B. Lasea® von Dr. W. Schwabe) wirken schlaffördernd und beruhigend. 

Synergistische Effekte lassen sich mit pflanzlichen Kombinationen, z. B. Alluna® Schlaf von Repha, Sedacur® forte von Medice, Kytta-Sedativum® von Merck, Calmalaif® von Bayer Vital, u.a., erzielen. Die Wirkung ist allerdings eher schwach und häufig empfinden Patient:innen, die anderes, stärkeres gewöhnt sind, pflanzliche Schlafmittel als wirkungslos.

Aufgrund der dünnen Studienlage und der vorwiegend schlafanstoßenden Wirkung (kein Durchschlafmittel) sollten Melatoninpräparate eher zurückhaltend eingesetzt werden.  Auch H1-Antihistaminika wie Doxylamin oder Diphenhydramin befinden sich auf der PRISCUS-Liste (ungeeignete Arzneimittel für ältere Patient:innen) und sollten nicht mehr abgegeben werden, da für Ältere ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko besteht.

Verschreibungspflichtige Hypnotika (Z-Substanzen oder Benzodiazepine) sind wirksam, dürfen aber nur unter engmaschiger, ärztlicher Kontrolle über möglichst kurze Zeiträume eingenommen werden, da diese nicht nur die Gefahr erhöhen, beim nächtlichen Toilettengang zu stürzen, sondern auch Atemaussetzer, Inkontinenz, Konzentrationsstörungen und Gedächtnisprobleme verursachen oder verschlimmern können. Das wiederum kann auch für pflegende Personen, die in nächtlicher Bereitschaft sein müssen, schlafraubend sein.