Wochenrückblick: Antibiotikaresistenzen nehmen weiter zu
Pläne von dm und der Gesundheitsministerin sorgen für Unruhe auf dem Gesundheitsmarkt. Salbutamol bleibt hierzulande knapp, doch ein EU-Land hilft aus. Das sowie weitere Meldungen der Woche liest du in unserem Rückblick.
dm-Pläne erhöhen die Existenzsorgen der Apotheken
Der Drogeriekonzern dm sorgt mit seinen Plänen für Unruhe auf dem Gesundheitsmarkt. Neben dem geplanten Versand rezeptfreier Medikamente über eine tschechische „dm-Apotheke“ will die Drogeriekette in Kürze nun auch umstrittene Selbsttests zu Augen, Haut und Blut in deutschen Filialen anbieten – teils mit KI-Unterstützung. Während dm-Chef Christoph Werner mit Widerstand rechnet, sieht er darin den „Wind des Wandels“. Kritik kommt von Fachverbänden und der Apothekerschaft, die um ihre Existenz fürchten. Handelsforscher warnen vor einem beschleunigten Apothekensterben. Auch die Politik wird kritisiert: Die geplante Apothekenreform ignoriere laut Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen die Bedrohung durch Drogerieketten. dm hingegen setzt auf seinen Ruf bei Verbraucherinnen und Verbrauchern – doch ob der bei wachsender Kritik Bestand hat, bleibt offen.
AMIRA fragt: Erst der Versandhandel, nun dm – die Konkurrenz für die Apotheken wird größer. Wie blickst du auf die Pläne der Drogeriekette?
WHO schlägt Alarm: Antibiotika wirken immer seltener
Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor einem besorgniserregenden Anstieg der Antibiotikaresistenzen weltweit. Laut einem aktuellen Bericht sei bereits jede sechste bakterielle Infektion resistent gegen gängige Antibiotika – in Südostasien und dem östlichen Mittelmeerraum sogar jede dritte. Zwischen 2018 und 2023 sei die Resistenz bei über 40 % der untersuchten Kombinationen von Bakterien und Wirkstoffen um bis zu 15 % jährlich gestiegen. Besonders betroffen seien Erreger wie E. coli und Klebsiella pneumoniae, die teils lebensbedrohliche Infektionen auslösen können. Die WHO fordert mehr Forschung und warnt: Ohne gezielte Maßnahmen drohe ein Rückschritt für die moderne Medizin. Patient:innen könnten helfen, indem sie Infektionen vorbeugen und Antibiotika nur bei tatsächlichem Bedarf nutzen – etwa nicht bei viralen Erkrankungen wie Erkältungen.
Salbutamol bleibt knapp – Spanien hilft aus
Seit fast zwei Jahren herrscht ein Versorgungsmangel bei Salbutamol-haltigen Dosieraerosolen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erlaubt nun den Import von Sultanol aus Spanien bis März 2026, um die Versorgung zu sichern. Grund für die Engpässe sind Produktionsprobleme, gestiegene Nachfrage und die F-Gasverordnung, die den Einsatz von Treibgasen wie Norfluran einschränkt. Hersteller wie Sandoz planen zudem den Rückzug aus Europa. Alternativen wie Trockenpulverinhalatoren sind nicht für alle Patient:innen geeignet – etwa Kleinkinder oder COPD-Betroffene. Ärzt:innen sollen keine Vorratsrezepte ausstellen und nur die kleinste Packungsgröße verordnen. Das Ziel: eine möglichst breite Versorgung trotz knapper Ressourcen.
Warken spart – und kündigt Ausnahmezustand im Gesundheitssystem an
Mit einem Sparpaket von zwei Milliarden Euro will Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) die Krankenkassenbeiträge 2026 stabil halten. Das Kabinett beschloss am Mittwoch Maßnahmen wie die Aussetzung der Meistbegünstigungsklausel für Kliniken, eine Begrenzung der Verwaltungskosten der Kassen und die Halbierung des Innovationsfonds. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisiert die Kürzungen scharf und warnt vor Unterfinanzierung und einem „kalten Strukturwandel“. Auch die Hessische Krankenhausgesellschaft sieht die Versorgung gefährdet. Als Alternativvorschlag bringt die DKG Bürokratieabbau ins Spiel. Die Politik setzt auf kurzfristige Entlastung, während Kommissionen bereits an langfristigen Reformen arbeiten. Ob die Maßnahmen ausreichen, wird sich zeigen – der Schätzerkreis legt dazu noch seine Prognose vor.
Krankschreibung erst ab Tag 4? Ärzte wollen Entlastung
Kassenärzte-Chef Andreas Gassen fordert eine Reform bei Krankschreibungen: Künftig soll erst ab dem vierten oder fünften Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung nötig sein. So könnten laut Gassen jährlich Millionen Arztbesuche vermieden und das Gesundheitssystem entlastet werden. Derzeit dürfen Arbeitgeber schon ab dem ersten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) verlangen – diese Ausnahme will der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) streichen. Rund 35 % der Krankschreibungen dauern maximal drei Tage, deren Wegfall würde laut KBV rund 100 Millionen Euro einsparen. Die Arbeitgeberverbände lehnen den Vorschlag ab: Eine pauschale Verlängerung der Frist belaste Unternehmen zusätzlich und greife zu kurz. Sie fordern stattdessen eine bessere Patientensteuerung.
AMIRA meint: Einmal mehr wird deutlich: Zwischen Entlastung des Gesundheitssystems und Schutz der Arbeitsabläufe klafft eine politische Lücke.
„Eggsperiment“: Harvard-Mediziner überrascht
Der amerikanische Mediziner Nick Norwitz hat nach eigenen Angaben in einem Selbstexperiment 30 Tage lang täglich 24 Eier gegessen – insgesamt 720 Stück. Trotz der enormen Cholesterinmenge sei sein LDL-Wert („schlechtes“ Cholesterin) nicht gestiegen, sondern sogar um rund 20 Prozent gesunken. Laut Norwitz, der in Harvard zu Stoffwechselprozessen forscht, reagiere jeder Körper individuell, und Kohlenhydrate – etwa aus Früchten – könnten die Cholesterinaufnahme beeinflussen. Sein Fazit: Eier sind nicht pauschal gesundheitsschädlich, wenn sie in einen ausgewogenen Lebensstil eingebettet sind. Die Studie wirft in jedem Fall neue Fragen zur Rolle von Ernährung und individueller Stoffwechselregulation auf.
AMIRA ist neugierig: Wie viele Eier isst du am Tag – und wie magst du dein Ei am liebsten?