Von der Wunde zum kleinen Wunder: Narbenpflege aus der Apotheke
Narben hat fast jeder von uns. Sie sind die Zeugen kleiner oder auch größerer Verletzungen tieferer Hautschichten. Oft werden wir in der Apotheke gefragt, was man tun kann, um eine möglichst unauffällige, gar „schöne“ Narbe zu erhalten.
Früher galten Narben noch als Ausweis von Heldenhaftigkeit und wurden betrachtet wie Körperschmuck. Studenten etwa begaben sich auf den Paukboden, wo sie sich in ritualisierten Kämpfen mit eisernen Schlägern Narben im Gesicht zufügten. Der „Schmiss“ wurde an Ort und Stelle und natürlich ohne Betäubung geflickt. Auch Heroen in Literatur und Film waren (und sind) nicht selten von Narben gezeichnet, manchmal sogar übersät. Heute werden diese Zeugen freiwillig oder unfreiwillig erworbener Verletzungen eher als medizinisch-kosmetisches Problem betrachtet, das häufig infolge von operativen Eingriffen oder als Resultat von Unfällen auftritt. Zum Glück sind die Möglichkeiten zur Behandlung heute – wie fast in jedem Bereich – deutlich besser als früher.
Was genau ist eine Narbe und wie entsteht sie?
Nicht jede Wunde oder Verletzung führt automatisch zur Bildung einer Narbe. Wurden zum Beispiel nur die oberen Schichten der Epidermis verletzt, kann ohne Weiteres neues Hautgewebe gebildet werden (regenerative Wundheilung). Falls aber auch die zweite Hautschicht, die Lederhaut oder Dermis, beteiligt ist, muss der Körper die Stelle mit Bindegewebe „flicken“.
Eine Narbe (lat. Cicatrix) ist also ein faserreiches, weniger elastisches Ersatzgewebe, das im Rahmen einer reparativen Wundheilung von aktiven Bindegewebszellen gebildet wird. Wurde durch ein Trauma oder eine Erkrankung das komplex verflochtene, kollagene Netzwerk der Haut zerstört, so ist in Narben das Kollagen nur noch parallel angeordnet. Im Narbengewebe fehlen pigmentbildende Zellen (Melanozyten), Sinneszellen und Hautanhangsgebilde wie Talg- und Schweißdrüsen.
Aufgrund der vermehrten Durchblutung erscheint eine frische Narbe anfangs rot. Außerdem ist sie im Vergleich zur umliegenden Haut leicht erhaben. Mit der Zeit (nach Monaten oder Jahren) geht die Durchblutung zurück und das Kollagen zieht sich zusammen. Dadurch wird die Narbe flacher, blasser und weicher.
Während dieser Umbauprozesse kann es zu Juckreiz, Missempfindungen oder auch Schmerzen kommen.
Als Keloid wird eine krankhafte Narbenwucherung über das verletzte Gebiet hinaus bezeichnet. Oft sind diese rot und gummiartig und müssen operativ korrigiert werden. Hypertrophe Narben sind ebenfalls erhaben, allerdings nur im Bereich der Verletzung. Sie entstehen oft nach Verbrennungen oder wenn das Narbengewebe starken Zugkräften ausgesetzt ist. Atrophe Narben sind eingesunken, da zu wenig Narbengewebe gebildet wurde, z. B. Aknenarben. Bei Narbenkontrakturen zieht sich das Gewebe stark zusammen und verhärtet. Diese verhärteten Narben können die Beweglichkeit stark einschränken und müssen häufig vom Arzt behandelt werden.
Sehr auffällige oder krankhaft veränderte Narben können mittels Micro-Needling, Kortisontherapie, Vereisung, Abschleifen, Laser oder durch Operationen korrigiert oder entfernt werden.
Was tut einer Narbe gut?
Primär ist auf gute Wundheilung zu achten. Um Infektionen vorzubeugen ist unbedingt eine Desinfektion zu empfehlen. Auch das Verwenden eines Wundheilgels (z. B. MediGel® von Medice, Tyrosur® CareExpert Wundgel von Engelhard, BepanGel® von Bayer) kann die Narbenbildung positiv beeinflussen.
Nach Abschluss der Wundheilung (nach Fadenzug bzw. wenn kein Wundschorf mehr vorhanden ist) sollte sofort mit einer Narbenpflege begonnen werden. Das Gewebe nimmt Wirkstoffe gut auf und sanfte Massagen, etwa leichtes Zupfen, fördern die Durchblutung und die wichtigen Umbauprozesse.
Sonne, Hitze, Kälte, Dehnung und Reibung sollten möglichst vermieden werden, da sie dem empfindlichen Narbengewebe stark zusetzen können. Auch eine ausgewogene und vitaminreiche Ernährung mit ausreichend Flüssigkeit beeinflussen die Narbenbildung positiv. Rauchen und Alkohol hingegen verlangsamen die Regeneration des Gewebes.
Was gibt es in der Apotheke?
Es gibt viele verschiedene Narbengels bzw. -cremes und Narbenpflaster, die hauptsächlich Wirkstoffe wie Silikon, Heparin oder Zwiebelextrakt enthalten. Kelo-Cote® Narbengel von Alliance Pharmaceuticals, Dermatix® Gel von adequapharm und Bepanthen® Narben-Gel von Bayer enthalten Silikon, das einen Film bildet und die Narbe vor dem Austrocknen schützt. Letzteres enthält auch noch pflegendes Dexpanthenol und hat einen im Spender integrierten Massageroller, mit dem die Narbe ca. 4 Wochen nach Wundschluss stärker massiert werden kann.
Zwiebelextrakt, Heparin und Allantoin sind im Contractubex® Gel von Merz Therapeutics (unter diesem Link findest du eine Learning Journey, in der wir das Produkt ausführlich vorgestellt haben) enthalten. Das Gel sollte zwei- bis dreimal täglich mindestens über ein halbes Jahr angewendet werden, damit es einer auffälligen Narbenbildung vorbeugen kann. Zwiebelextrakt wirkt bakterizid und abschwellend, Heparin entzündungshemmend und feuchtigkeitsspendend. Allantoin sorgt für bessere Wirkstoffaufnahme.
Neben Zwiebelextrakt und Rosmarinöl enthält das WALA® Narben Gel einige homöopathische Substanzen, die die strukturierenden Aufbaukräfte der Haut bei Granulom-, Narben- und Keloidbildung anregen sollen. Es kann 1-2 mal täglich bis zur Trockung eingerieben oder als Salbenverband angewendet werden.
Narbenpflaster (z.B. Kelo-Cote® Silikon Narbenpflaster von Alliance Pharmaceuticals, Hansaplast Narben Reduktion® von der Beiersdorf AG, Scarban® von Rölke Pharma, ScarFX® von TRICONmed Pharma) bestehen aus Silikonplatten, die auf die Größe der Wunde zugeschnitten und aufgelegt werden. Dasselbe Pflaster kann mehrmals verwendet werden und sollte mindestens zwölf Stunden pro Tag über einen Zeitraum von drei Monaten konsequent getragen werden. So wird die Wunde optimal befeuchtet.
Es ist nicht von Bedeutung, welches Präparat verwendet wird, entscheidend ist die langfristige und konsequente Anwendung in Verbindung mit einer leichten Massage über mehrere Monate. So kann man die besten Ergebnisse erzielen und eine möglichst unauffällige Narbe erhalten.
AMIRA fragt: Hast du noch weitere Tipps für die Behandlung von Narben? Wir sind gespannt, sie zu hören.