Tipps und Tricks gegen Nägelkauen

Gepflegte Hände mit schönen, ordentlichen Fingernägeln gelten als Aushängeschild. Dennoch gibt es viele Menschen, die an Onychophagie leiden, also an ihren Nägeln kauen und häufig sogar die empfindliche Nagelhaut regelrecht abnagen, bis es blutet. Ist das nur eine lästige Angewohnheit oder steckt da mehr dahinter? Was kann man dagegen tun? Amira hat für Euch recherchiert!

Warum kauen Menschen auf ihren Fingernägeln?

Vor allem Kinder und Jugendliche kauen zeitweise an ihren Fingernägeln, etwa zwischen 30 und 45 Prozent tun es. Meist ist dies unbedenklich und hört nach einer Weile wieder von alleine auf. Manchmal wird das Nägelkauen aber auch chronisch, bleibt im Erwachsenenalter bestehen und nimmt ungesunde Ausmaße an. Männer und Frauen sind gleich häufig davon betroffen.

Exzessives Nägelkauen wird zu den Selbstverletzungen gezählt und gehört zum Spektrum der Zwangsstörungen. Es kann diagnostisch als Impulskontrollstörung eingeordnet werden.

Leichtere Formen beruhen meistens auf Nervosität oder Stress. Aber auch Verhaltensstörungen oder schlicht und ergreifend nägelkauende Vorbilder (nahe Verwandte) können zum Nägelkauen führen.

Oft ist das Kauen an den Fingernägeln eine Reaktion auf psychischen Stress und hilft Betroffenen beim Spannungsabbau; häufig ist es auch eine Begleiterscheinung von psychischen Erkrankungen, wie beispielsweise einer Angst- oder sonstigen Zwangsstörung.

Welche Folgen kann Nägelkauen haben?

Exzessiv betriebene Onychophagie kann ernsthafte körperliche und psychische Folgen haben. Meistens kommt durch die andauernde Manipulation mit Zähnen, Fingern oder anderen spitzen Gegenständen zu enorm verkürzten Fingernägeln bis hin zu einer permanenten Deformierung und systematischen Zerstörung des Nagels. Das wirkt unhygienisch und sieht auch unschön und ungepflegt aus. Durch die dauerhaften Verletzungen des Nagelbettes und der umliegenden empfindlichen Haut können Pilzerkrankungen, Warzen und bakterielle Infektionen begünstigt werden.

Darüber hinaus können durch das Schlucken von Haut- und Nagelresten Magenschmerzen und Verdauungsprobleme auftreten. Aber auch Zahnfleischentzündungen, Kiefer(gelenks)probleme und Zahnfehlstellungen sind möglich. Betroffene Kinder sind besonders häufig von Madenwurmerkrankungen betroffen, da sich die infektiösen Wurmeier oft unter den Fingernägeln befinden und beim Kauen verschluckt werden.

Betroffene schämen sich sehr oft für ihre abgeknabberten Nägel, für die beschädigte Haut und dafür, dass sie nicht aufhören können an den Nägeln zu kauen. Folglich wollen sie ihre Hände niemandem zeigen und ziehen sich immer mehr zurück. Sie sind einer enormen psychischen Belastung ausgesetzt, die die Gefahr birgt, dass sich auf Dauer schwere Depressionen und Suchterkrankungen einstellen können.

Wie kann man helfen und was gibt es in der Apotheke?

Es ist ganz wichtig, den Betroffenen empathisch zu begegnen und auf Vorwürfe zu verzichten. Kinder sollten nicht bestraft oder ausgeschimpft werden. Ihnen gegenüber ist es besonders wichtig zu erklären, welche unangenehmen Folgen das Nägelkauen haben kann. Weiterhin sollte man versuchen, die Gründe oder Auslöser zu finden und diese gezielt bekämpfen. Vielleicht kann in stressigen Situationen das Drücken eines Anti-Stress-Balls oder das Kauen von Kaugummi helfen. Wenn zu viel überschüssige Energie vorhanden ist, kann ein Auspowern durch Sport hilfreich sein.

Die Nägel sollten möglichst kurz geschnitten oder gefeilt werden, da kurze Nägel nicht so sehr zum Knabbern verleiten. Bei Mädchen oder Frauen kann es helfen, die Nägel besonders schön zu „maniküren“ und einen bunten Lack aufzutragen. So wird die Hemmschwelle größer, die schönen Nägel zu zerstören.

In der Apotheke gibt es rezeptfreie Lacke oder Tinkturen, die bitter- oder scharfschmeckende Inhaltstoffe haben und so ein Kauen und Beißen (sowie bei kleinen Kindern auch das Daumenlutschen) verhindern sollen.

Der Daum-exol® Nagelschutzlack von Dentinox enthält das extrem bitter schmeckende Saccharoseoctaacetat und einen scharf schmeckenden Auszug aus Rotem Pfeffer. Der völlig unbedenkliche Lack wird ab einem Alter von zwei Jahren mehrmals täglich, auch in mehreren Schichten aufgetragen werden und entfalte seine Wirkung nach dem Trocknen. Der Hersteller sieht das Kosmetikum als eine Erinnerungshilfe (nicht als Bestrafung) für Betroffene, um nicht an den Nägeln zu kauen.

Für Kinder ab 3 Jahren ist der stop´n grow Lack von der Schäfer Pharma GmbH geeignet. Er enthält Denatonium und Sucroseoctaacetat, zwei extrem bitter schmeckende Stoffe. Er wird ebenfalls mehrmals täglich auf Nagel und Nagelhaut aufgetragen und kann auch über dekorativen Lack als letzte Schicht gepinselt werden. Der Hersteller empfiehlt, die Behandlung nach den ersten Erfolgen noch weitere 1-2 Monate fortzusetzen.

Der Raylex® Stift von der Sanova Pharma GesmbH darf ebenfalls ab 3 Jahren angewendet werden und schmeckt nach bitteren Grapefruitschalen. Er enthält neben Denatonium noch einen bitteren Zitrusfruchtextrakt und sieht auf den ersten Blick aus, wie ein Textmarker. Die ermöglicht ein sehr einfaches und schnelles Auftragen, weil man sich nur schnell die Finger „bemalen“ muss. Neben den Bitterstoffen enthält er auch noch pflegendes Biotin, das dem Nagel hilft, wieder gesund nachzuwachsen.

Ein eher kostengünstiges Präparat ist der Coscura® Nagelkau- und Daumenlutschstopp von der Axisis GmbH. Der Lack enthält ebenfalls Denantonium, kann mehrfach täglich aufgetragen werden und verhindert den Drang zum Nägelkauen für mehrere Stunden.

Auch das Abkleben der vorderen Fingerglieder mit Pflastern oder Tapes (z.B. Leukoplast® oder Leukosilk von BSN medical GmbH, o.ä.) kann hilfreich sein.

Des Weiteren besteht die Möglichkeit, einzelne Finger nach und nach „kaufrei“ zu halten. Die Anzahl der Finger sollte natürlich nach und nach erhöht werden.

Für den Erfolg entscheidend ist, dass die Maßnahmen freiwillig und in Absprache mit dem oder der Betroffenen erfolgt. In besonders schlimmen Fällen kann eine Psychotherapie erforderlich werden. In Studien zeigen sich bedeutende Erfolge durch die sogenannte Entkopplungsmethode, bei der der Betroffene angeleitet wird, den ursprünglichen Verhaltenspfad abzuwandeln, indem kurz vor Abschluss des selbstverletzenden Verhaltens (hier: Nägelkauen) eine ruckartige gegenläufige Bewegung ausgeführt wird. Dies soll eine Irritation auslösen, die es dem Betroffenen ermöglicht, das Zwangsverhalten frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden.