Zecken – Was du schon immer über die Blutsauger wissen wolltest

Im Sommer ist die Gefahr besonders groß, bei einem Waldspaziergang oder einem entspannten Sommerpicknick von Zecken belästigt zu werden. Dabei sind Menschen ebenso wie Haustiere das Ziel der kleinen Blutsauger.

Die Zecke (Ixodes ricinus) ist in der warmen Jahreszeit ein besonders fieser Plagegeist: Hockt kaum wahrnehmbar auf Grashalmen oder im Gebüsch, lauert uns und unserem Hund auf, bohrt sich tief in die Haut, saugt sich voll mit Blut und hinterlässt im schlimmsten Fall Bakterien oder Viren, die eine Borreliose, FSME und noch einiges mehr auslösen. Wie gefährlich die kleinen Parasiten sein können, weißt du vermutlich bereits, weshalb du deine Kund:innen kompetent und eingehend beraten kannst. Falls du dein Wissen über Abwehrmittel oder Zeckenzange aber noch einmal auffrischen möchtest, kannst du das hier tun. Heute liefern wir dir einige Zusatzinformationen, die du vielleicht noch nicht kanntest.

Die Zecke, die dich zum Vegetarier macht

Eine in den USA sehr häufig vorkommende Zeckenart (Ambylomma americanum) hat in ihrem Speichel das Enzym Galactosyltransferase. Das ist ein Enzym, das der Mensch als Primat im Gegensatz zu den anderen Säugetierarten nicht besitzt und das Galactose-α-1,3-Galactose produziert. Dieses Oligosaccharid bereitet uns Menschen üblicherweise keinerlei Probleme, wenn es oral aufgenommen wird, wir also rotes Fleisch essen. Wenn es über einen Zeckenbiss in unseren Körper gelangt, kann dies aber zu einer Sensibilisierung führen, so dass wir anschließend allergische Reaktionen dagegen zeigen. Betroffene leiden unter dem sogenannten „Alpha-Gal-Syndrom“, Milch und Milchprodukte, Schweine-, Rind- und Lammfleisch können bei sensibilisierten Menschen sogar zu einer Anaphylaxie führen. Besonders perfide: Die kutane Symptomatik mit juckenden Hautausschlägen, Angioödemen oder sogar Anaphylaxien mit Atemnot, Kreislaufdysregulation und Bewusstlosigkeit setzt erst mit einer Verzögerung von drei bis sechs Stunden ein, so dass viele Betroffene diese gar nicht direkt mit dem Essen in Verbindung bringen. Cave: Auch Arzneimittel und Medizinprodukte aus Säugetiergewebe können dann zum Problem werden! Zecken, die dich zum Vegetarier machen – eine seltsame Vorstellung, aber immunologisch durchaus erklärbar.

Die Zecke, ein Überlebenskünstler

Wie soll man den unliebsamen Parasiten am besten den Garaus machen? Einfrieren? In der Toilette herunterspülen? Aushungern? Was bei anderen tierischen Plagegeistern gut funktioniert, darüber kann die Zecke nur lachen, denn sie ist ein wahrer Überlebenskünstler! Einfrieren hilft nur bedingt, denn der Holzbock (Zeckenart) überlebt Temperaturen bis zu -12 Grad Celsius völlig problemlos über mehrere Stunden. Auch ertränken scheidet aus, denn die Krabbler können bis zu drei Wochen lang untertauchen, ohne dass sie ertrinken. Erstaunlich, nicht wahr? Und wer meint, er könne sie wie eine Kopflaus aushungern – denn diese stirbt bereits nach spätestens einer Woche ohne Blutmahlzeit – der hat sich getäuscht: Bis zu zehn Jahre kommen Zecken ohne Nahrung aus! Und noch einen Rekord halten die Zeckenweibchen, denn sie können sage und schreibe bis zu 20.000 Eier auf einmal legen, den sogenannten „Zeckenkaviar“ – der das Überleben ihrer Spezies über das Gesetz der großen Zahl sicherlich deutlich erleichtert.

Riechen ohne Nase

Zecken haben keine Nasen, mit denen sie ihre Opfer wittern und befallen können. Ihr „Riechorgan“ sitzt ganz woanders, nämlich am letzten Segment des vorderen Beinpaares und wird „Hallersches Organ“ genannt. Es enthält haarförmige Sinneszellen, deren Rezeptoren chemische Verbindungen detektieren. Die Zecke kann darüber beispielsweise Ammoniak, Kohlendioxid, Buttersäure und Schwefelwasserstoff wahrnehmen, die im Schweiß der Wirte vorkommen. Auf diese Weise „riechen“ Zecken ihre nächste potentielle Blutmahlzeit auf eine Entfernung bis zu 15 Metern. Fun Fact: Zecken mögen keine Giraffen. Offenbar geben diese Tiere einen Geruch ab, den die Spinnentiere nicht leiden können. Sie finden ihre Opfer aber nicht ausschließlich über Duftstoffe, sondern orientieren sich auch über Lichtreize und Vibrationen, die entstehen, wenn man sich ihnen nähert.

Die Infektionsquote

Wie hoch ist eigentlich die Wahrscheinlichkeit, dass man nach einem Zeckenbiss an FSME oder Borreliose erkrankt? Kommt darauf an, in welchem Bundesland man sich befindet und ob man sich die Zecke in einem (Hoch-)Risikogebiet eingefangen hat. Im vergangenen Jahr wurden 390 FSME-Erkrankungen übermittelt, das waren 45 % weniger Fälle als 2020 mit dem Rekordwert von 712 FSME-Erkrankungen. Dabei sind die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg die gefährlichsten. In den dortigen FSME-Risikogebieten liegt das Risiko, durch einen Zeckenbiss an FSME zu erkranken, bei 1:150. Auch bei der Borreliose ist die Gefahr, sich zu infizieren in Süddeutschland mit 1:15 deutlich größer als im Rest Deutschlands, wo sie nur etwa bei 1:40 liegt. Übrigens sind Zecken auch Überträger weiterer Krankheiten wie der Babesiose, der Ehrlichiose, von Rickettsiose und Neoehrlichiose. Neueren Untersuchungen zufolge war „Ötzi“, die Gletschermumie aus dem Eis, ebenfalls an Borreliose erkrankt. Zecken infizieren sich übrigens selbst mit Bakterien und Viren, weil sie sich in ihrer Larven- und Nymphenphase vom Blut von Mäusen ernähren. Und die dienen den Krankheitserregern als sogenannte „Reservoirwirte“.

Das waren einige interessante Informationen und Fun Facts über die Plagegeister, die uns den unbeschwerten Aufenthalt auf einer Sommerwiese vergällen können. Wie gut, dass du in der Apotheke so einiges in petto hast, mit dem du die gefährlichen Blutsauger fernhalten kannst!