Wochenrückblick: Knappes Gehalt, wenig Medikamente – aber sonst geht´s gut

Schlaf hilft gegen Diabetes Mellitus II, während der Corona-Pandemie wurden unnötig viele Antibiotika verschrieben, der Bundesrat klopft der Regierung wegen andauernder Medikamentenknappheit auf die Finger und – ja, leider – wir werden immer noch schlecht bezahlt. Dies und mehr in unserer Nachrichtenausbeute der vergangenen Woche.

WHO: Während Pandemie zu viele unnötige Antibiotika verschrieben

Nach einem Bericht der WHO von dieser Woche hat die Corona-Pandemie das Problem der Antibiotika-Resistenzen verschärft. Grund: Während der Pandemie seien übermäßig vielen Patienten Antibiotika verschrieben worden. Obwohl nur acht Prozent der Corona-Infizierten in Krankenhäusern zusätzlich bakterielle Infektionen hatten, die mit Antibiotika behandelt werden konnten, erhielten im weltweiten Durchschnitt 75 Prozent dieser Patienten diese Medikamente „für den Fall, dass sie helfen“. Die WHO betont die Dringlichkeit, Antibiotika korrekt und nur dort einzusetzen, wo sie tatsächlich einen Nutzen bringen können. In Fällen von Corona-Infektionen hätten Antibiotika den Patienten nicht geholfen. Die WHO analysierte anonymisierte Daten von rund 450.000 Personen, die zwischen Januar 2020 und März 2023 in 65 Ländern mit einer Corona-Infektion in Krankenhäusern waren. Antimikrobielle Resistenzen (AMR) sind weltweit ein zunehmendes Problem. Allein in den Mitgliedsländern der Europäischen Union sowie in Norwegen, Island und Liechtenstein sterben laut Schätzungen der EU jährlich 35.000 Menschen, weil ihre Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze gegen gängige Medikamente resistent sind. Die EU betrachtet AMR als eine der drei größten Gesundheitsgefahren.

Studie: Weniger als 6 Stunden Schlaf steigert das Risiko für Diabetes

In einer großen Kohortenstudie aus dem Vereinigten Königreich wurde der Zusammenhang zwischen der Schlafdauer und der Anfälligkeit für die Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2 (DM 2) untersucht. Dafür wurden Daten von fast 250.000 Teilnehmenden über einen Zeitraum von durchschnittlich 12,5 Jahren ausgewertet. Es stellte sich heraus, dass Personen mit einer täglichen Schlafdauer von 5 Stunden ein um 16% höheres Risiko für DM 2 hätten im Vergleich zu denen, die 7-8 Stunden schliefen. Bei einer Schlafdauer von nur 3-4 Stunden war das relative Risiko sogar um 41% erhöht. 

Diese Ergebnisse legen nahe, dass zu wenig Schlaf ein relevanter Risikofaktor für die Entwicklung von DM 2 ist, unabhängig von den Ernährungsgewohnheiten. Weitere Laborstudien zeigen, dass Schlafmangel verschiedene Mechanismen beeinflussen kann, die zur Entwicklung von DM 2 beitragen, wie eine gestörte Insulinsensitivität und Veränderungen im Energiestoffwechsel. Veröffentlicht wurde die Studie, deren Erkenntnis die Bedeutung ausreichenden Schlafs für die Gesundheit unterstreicht, in JAMA.

AMIRA fragt: Mal unabhängig von der Frage nach Diabetes: Bist du mit deinem Schlaf eigentlich zufrieden? Und wenn nicht, was machst du dagegen? Für Tipps wären viele von uns dankbar!

Habeck warnt vor Verlagerung der Medikamentenproduktion – Kommt ein „Grundversorgergipfel“?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen hat vor einer Verlagerung der Medikamentenproduktion ins Ausland gewarnt und auf die Gefahr von Engpässen hingewiesen. Bei einem Besuch in dieser Woche in Barleben, Sachsen-Anhalt, machte er deutlich, dass die aktuelle globale Situation keine Garantie für eine reibungslose Versorgung darstelle. Habeck unterstütze die Idee eines „Grundversorgergipfels“, um die Versorgung mit Grundmedikamenten zu sichern und die Produktion in Europa oder Deutschland zu stärken. Die Corona-Pandemie habe die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme vor Augen geführt. Obwohl dies möglicherweise zu höheren Preisen führen könnte, werde er die Idee innerhalb der Bundesregierung einbringen. 

In den letzten Monaten haben mehrere große Pharmakonzerne wie der US-Pharma-Konzern Eli Lilly neue Standorte in Deutschland eröffnet, was als ein Schritt zur Stärkung der heimischen Produktion angesehen wird. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach in diesem Zusammenhang von einem „Aufbruch“, den seine Regierung unterstützen werde. 

AMIRA fragt: Unternimmt der Wirtschaftsminister eurer Ansicht nach genug, um die Arzneimittelproduktion in Deutschland zu stärken? Was wäre deiner Ansicht nach erforderlich, damit es hier wieder brummt?

Trotz Ablauf der Frist: Cannabis auf BtM-Rezept wird weiterhin nicht retaxiert 

Die Übergangsfrist für Cannabis- oder Dronabinol-Verordnungen auf BtM-Rezepten, während der die Krankenkassen keine Beanstandungen vornehmen sollten, ist am 1. Mai abgelaufen. Weil die Umstellung in der Software zur Verordnung noch nicht vollständig erfolgt ist, hat der GKV-Spitzenverband seinen Mitgliedskassen mitgeteilt, dass weiterhin keine Retaxationen für solche Rezepte vorgenommen werden sollen. Diese Mitteilung erfolgte ohne Angabe einer Befristung.

Ursprünglich waren Cannabis, Dronabinol und Sativex Betäubungsmittel, wurden aber ab dem 1. April nicht mehr als solche eingestuft. Dennoch waren sie bis zuletzt noch in der Software als solche gelistet, weshalb BtM-Rezepte in den Apotheken auftauchten. Die Umstellung in der Software sollte bis letzten Mittwoch abgeschlossen werden, dürfte sich aber noch hinziehen.

Schlechte Bezahlung für Healthcare-Professionals

Trotz des Fachkräftemangels werden Gesundheitsberufe in Nordrhein-Westfalen oft unterdurchschnittlich entlohnt, wie aus Daten des Statistischen Landesamtes hervorgeht, die am Dienstag veröffentlicht wurden. Im April 2023 lagen die Brutto-Monatsgehälter von vollzeitbeschäftigten Orthopädiemechanikern (2372 Euro), Zahnarzthelfern (2510 Euro), Augenoptikern (2637 Euro), Arzthelfern (2852 Euro) und Pharmazeutisch-technischen Assistenten (2864 Euro) teilweise um mehr als 1000 Euro unter dem Durchschnitt. Im Durchschnitt verdienten vollzeitbeschäftigte Fachkräfte in Nordrhein-Westfalen 3.662 Euro pro Monat. Fachkräfte in der Altenpflege (3926 Euro) und Krankenpflege (4096 Euro) wurden laut den Statistikern überdurchschnittlich entlohnt. Ab dem 1. Mai 2024 sollen die Verdienste in der Altenpflege durch die Erhöhung des Pflegemindestlohns steigen.

AMIRA meint: Schlechte Bezahlung? Iwo! Bei uns doch nicht…!

Mehr Suizidvorbeugung geplant

Am Donnerstag stellte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Strategie der Bundesregierung zur verstärkten Vorbeugung von Suiziden vor. Zu den Zielen gehört eine verbesserte Vernetzung von Präventionsangeboten. Der Bundestag hatte angesichts der jährlich etwa 9000 Selbsttötungen in Deutschland im Juli 2023 einen Ausbau der Vorbeugung gefordert. Damals wurden im Parlament zwei Initiativen zur Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für Angebote zur Sterbehilfe abgelehnt, die Vorgaben zu Wartezeiten und Beratungen enthalten hätten. Stattdessen wurde ein Antrag vom Bundestag mit großer Mehrheit angenommen, der darauf abzielt, Beratungs- und Hilfsangebote zu stärken, um Menschen in Krisensituationen besser zu erreichen. Ein bundesweit kontaktierbarer „Suizidpräventionsdienst“ für Betroffene und Angehörige soll bestehende Strukturen wie die Telefonseelsorge einbeziehen.

Bundesrat will bessere Arzneimittelversorgung

Der Bundesrat hat in einer Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, die Arzneimittelversorgung, insbesondere für Kinder und Jugendliche, nachhaltig zu verbessern. Diese Initiative von Baden-Württemberg und Bayern reagiert auf bestehende Engpässe bei Kinderarzneimitteln und fordert eine Lockerung der Vorschriften für Import und Lagerhaltung, um Engpässe zu verhindern. Zusätzlich soll es möglich sein, Restbestände von Arzneimitteln nach festgestelltem Versorgungsmangel noch für eine gewisse Zeit abzusetzen. Die Apotheken sollen mehr Flexibilität beim Austausch nicht verfügbarer Medikamente erhalten und Fiebersäfte und -zäpfchen für Kinder und Jugendliche herstellen können. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening betont, dass die Bundesländer die Probleme im Gesundheitswesen näher erleben als das Bundesgesundheitsministerium und dass die Apotheken dringend weniger Bürokratie und mehr Entscheidungsfreiheit benötigen, um die Arzneimittelversorgung aufrechtzuerhalten.