Wochenrückblick: Apotheken sterben weiter
Nichts Neues beim Apothekensterben, Alkoholregeln und Bewegungsempfehlungen auf dem Prüfstand: Die aktuellen Entwicklungen in Gesundheitswesen und Pharmazie zusammengefasst im Wochenrückblick.
Apothekenzahl in Deutschland weiter rückläufig – ABDA fordert rasche Reformen
Laut aktuellen Zahlen der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – ist die Zahl der Apotheken in Deutschland zur Jahresmitte 2025 auf 16.803 gesunken. Das entspricht einem Rückgang von 238 Apotheken seit Ende 2024. Im ersten Halbjahr 2025 standen 271 Schließungen lediglich 33 Neueröffnungen gegenüber. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hat sich die Abnahmedynamik zwar leicht verlangsamt, bleibt jedoch deutlich negativ.
Seit Ende 2020 ist die Apothekenzahl damit um fast 2.000 Betriebsstätten bzw. über 10 % gesunken. Die ABDA warnt vor einer zunehmenden Unterversorgung, insbesondere im ländlichen Raum, und betont die Rolle der Apotheken als wohnortnahe Gesundheitszentren. ABDA-Präsident Thomas Preis forderte angesichts des anhaltenden Trends die zügige Umsetzung des im Koalitionsvertrag angekündigten Apothekenreformgesetzes, um die chronische Unterfinanzierung zu beheben. Gleichzeitig verwies er auf das neue Positionspapier „In eine gesunde Zukunft mit der Apotheke“, das konkrete Vorschläge zur erweiterten Rolle der Apotheken in der Gesundheitsversorgung enthält – etwa bei Impfungen, Prävention und der Versorgung älterer Menschen im digitalen Gesundheitssystem.
Franziska Scharpf über die Zukunft der Offizin und Nachwuchsförderung
In einem Interview mit der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ) hat Franziska Scharpf, Vizepräsidentin der Bundesapothekerkammer und Präsidentin der Bayerischen Landesapothekerkammer, auf die Notwendigkeit struktureller Veränderungen im Apothekenalltag verwiesen, um junge Approbierte für die Offizin zu gewinnen. Ihr zentrales Anliegen: „Pharmazie muss wieder möglich sein“ – Apotheker:innen sollen als Gesundheitsprofis und Verbraucherschützer agieren, nicht als reine Verkäufer:innen.
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Scharpf sieht in Impfungen und pharmazeutischen Dienstleistungen eine Chance, das Berufsbild zu stärken und die Attraktivität des Arbeitsplatzes Apotheke zu erhöhen. Gleichzeitig weist sie auf die begrenzten Ressourcen in den Betrieben hin: Neben dem Kerngeschäft müssen Apotheken zusätzliche Aufgaben wie Lieferengpassmanagement und die Implementierung des E-Rezepts bewältigen. Der Aufbau neuer Angebote scheitere oft nicht an Motivation, sondern an Zeit und wirtschaftlichem Druck. Ein weiterer Schwerpunkt des Gesprächs war das oben erwähnte Zukunftskonzept der ABDA, an dem Scharpf mitgewirkt hat.
Strengere Alkoholregelungen und „Gesundheit“ als neues Schulfach?
Der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck, hat sich für strengere Alkoholregelungen für Minderjährige ausgesprochen. Insbesondere fordert er die Abschaffung des begleiteten Trinkens ab 14 Jahren sowie Maßnahmen zur Reduzierung der Sichtbarkeit und Verfügbarkeit von Alkohol, etwa durch eine Verlagerung weg von Supermarktkassen oder Einschränkungen an Tankstellen. Darüber hinaus schlägt Streeck die Einführung eines Schulfachs „Gesundheit“ vor, um frühzeitig über Suchtprävention, gesunde Lebensführung und praktische Gesundheitskompetenz – etwa Erste Hilfe oder das Messen von Fieber – aufzuklären. Ziel sei ein umfassender Kulturwandel im Umgang mit Alkohol und die Vermittlung von mehr Gesundheitskompetenz.
Liposuktion wird Kassenleistung – in allen Stadien
Die Liposuktion zur Behandlung des Lipödems wird künftig in allen Krankheitsstadien als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anerkannt – vorausgesetzt, das Bundesgesundheitsministerium stimmt dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu. Bisher war der Eingriff nur im Stadium III und unter befristeten Sonderregelungen erstattungsfähig. Grundlage für die Entscheidung ist die LIPLEG-Studie, die eine signifikante Verbesserung von Schmerz, Mobilität und Lebensqualität auch in frühen Stadien belegt. Neu ist zudem, dass die Liposuktion nicht nur an den Beinen, sondern auch an den Armen als sinnvoll anerkannt wird.
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Trotz der erweiterten Zulassung bleibt die Liposuktion an Bedingungen geknüpft: Sie darf erst nach einer mindestens sechsmonatigen erfolglosen konservativen Therapie (z. B. Kompression, Lymphdrainage) erfolgen. Bei einem Body-Mass-Index (BMI) über 40 ist eine Einzelfallprüfung erforderlich. Die Indikation muss von einem nicht-operierenden Arzt bzw. einer nicht-operierenden Ärztin gestellt werden, um Unabhängigkeit zu gewährleisten. Der G-BA legt außerdem Qualitätsstandards wie Mindestmengen und strukturierte Nachsorge fest. Eine neue Abrechnungsziffer im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) soll bis spätestens Anfang 2026 geschaffen werden.
7.000 statt 10.000 Schritte täglich?
Eine aktuelle Metaanalyse mit über 160.000 Erwachsenen, veröffentlicht in The Lancet Public Health, stellt die weit verbreitete 10.000-Schritte-Empfehlung infrage. Die Analyse zeigt, dass bereits 7.000 Schritte pro Tag mit einer großteils signifikanten Risikoreduktion für zahlreiche Erkrankungen assoziiert sind – darunter:
• Gesamtmortalität: –47 % (moderate Evidenz)
• Mortalität durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen: –47 % (geringe Evidenz)
• Demenz: –38 % (moderate Evidenz)
• Stürze: –28 % (sehr geringe Evidenz)
• Kardiovaskuläre Erkrankungen: –25 % (moderate Evidenz)
• Depression: –22 % (moderate Evidenz)
• Typ-2-Diabetes: –14 % (moderate Evidenz)
• Krebs: –6 % (nicht signifikant; geringe Evidenz)
Die Studie hebt hervor, dass bereits 4.000 Schritte täglich gesundheitlich vorteilhaft sind, während sich der Zusatznutzen oberhalb von 7.000 Schritten bei vielen Indikationen abschwächt. Für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bleibt ein positiver Trend auch bei höheren Schrittzahlen bestehen.
Die Autor:innen betonen, dass 7.000 Schritte ein realistischeres und motivierenderes Ziel darstellen könnten – insbesondere für weniger aktive Bevölkerungsgruppen. Die Ergebnisse sollen künftig in Leitlinien und Präventionsstrategien berücksichtigt werden. Einschränkungen: Die Evidenzlage ist bei einigen Erkrankungen noch begrenzt (s. o.) und viele der eingeschlossenen Studien liefern keine differenzierten Daten zu Alter oder Gebrechlichkeit.