Gendern?! Die richtige Ansprache in deinem Apothekenalltag

Sternchen (*) hier, Schrägstrich (/) dort, Doppelpunkt (:) überall – die Variationen für das gendergerechte Schreiben sind vielfältig und spiegeln auch den deutschen Sprachreichtum wider. Doch bei den meisten von uns führt dieses Artikulierungsangebot eher zur Verwirrung: Wie sollen wir welche Personenbezeichnungen gendern?

Gender – die Anfänge der Gleichberechtigung auf sprachlicher Ebene

Die Begrifflichkeit „Gender“ wurde erstmals in der Medizin – bei der Forschung mit Intersexuellen – in den 1960er-Jahren angewandt, um die Geschlechterzugehörigkeit bzw. Geschlechtsidentität zu definieren. In 70er-Jahren fand sie ihren Weg in den feministischen Sprachgebrauch – als Kategorisierung und Differenzierung von biologischem sowie sozialem Geschlecht: Geschlechterrollen sind nicht biologischen Ursprungs, sondern zugeschriebene soziale Rollen, die somit veränderbar sind. Seither gibt es Diskussionen darüber, warum die Sprache geschlechtergerechter werden muss.

Warum du Gendern nicht abwerten solltest

Das Deutsche wartet mit drei verschiedenen grammatikalischen Geschlechtern auf (der, die, das), die in den meisten Fällen eine Aussage über das biologische Geschlecht implizieren. Die Kosmetikerin ist eine Frau, der Kosmetiker ein Mann. Die deutsche Sprache verfügt jedoch noch über einen Spezialfall: das generische Maskulinum. Ein maskuliner Begriff – beispielsweise Apotheker – wird geschlechtsübergreifend verwendet und bezieht alle Menschen ein. Dieser Gebrauch findet sich hauptsächlich bei Personen- und Berufsbezeichnungen.

„Die Apotheker in Deutschland sind durch die Corona-Pandemie zurzeit stark gefordert.“

Laut Quarks zeigen psycholinguistische Studien, dass sich die meisten Menschen jedoch bei solchen Formulierungen hauptsächlich Männer vorstellen. Selbst bei stereotypischen „Frauenberufen“ wie Kassierer assoziieren die Probanden eher ein männliches Bild. Es gibt vier wichtige Vorteile für das Gendern bei Frauen und Männern. Folgende Punkte wurden anhand von Studien belegt:

  1. Frauen werden gedanklich mehr einbezogen und nicht außen vorgelassen.
  2. Es bewerben sich mehr Frauen auf eine ausgeschriebene Stelle, in der geschlechtergerecht formuliert wird.
  3. Kinder trauen sich mehr Berufe zu: Vor allem Mädchen entschieden sich deutlicher für stereotypische „Männerberufe“.
  4. Insgesamt äußern sich Menschen positiver über Geschlechterrollen und denken offener darüber nach.

Einführung des dritten und vierten Geschlechts

Seit 2018 gibt es einen weiteren Fortschritt im Personenstandsrecht: Auch das dritte Geschlecht „divers“ ist im Geburtenregister für Intersexuelle möglich. Hiermit sind Menschen einbezogen, die sich weder als Frau noch als Mann fühlen. Auch die Option „gestrichen“ ist beim Geschlechtseintrag wählbar. Bei der korrekten Anrede gibt es seitens des Dudens bisher keine Empfehlungen.

Der Bundesverband trans* (BVT*) bietet dagegen einen Leitfaden für Arbeitgeber:innen, die für das Thema sensibilisieren wollen. Es ist im Rahmen des EU-Projektes „TRANSVISIBLE – Methodological innovation in career counselling for the economic empowerment of trans women.“ entstanden und wird vom Erasmus+ Programm der Europäischen Union gefördert.

Stellenausschreibungen – gendergerechte Personalgewinnung

Deine Apotheke ist auf der Suche nach neuem Personal? Dann sollte bei der Jobausschreibung auf die korrekte Bezeichnung des Personenstands geachtet werden. In den meisten Anzeigen findet sich die Abkürzung: (m/w/d) – um alle Geschlechter anzusprechen, sollte sie jedoch durch das x ergänzt werden (m/w/d/x).

Außerdem werden neutrale Berufsbezeichnungen laut BVT* empfohlen – beispielsweise Teammitglied, Mitarbeitende, PTA-Fachkraft etc. Genauso sind Unterstrich oder Gender-Strich eine gute Alternative, da sie weniger stereotypische Suggestionen hervorrufen. Auch Formulierungen wie „Es erwarten Sie folgende Aufgaben …“ anstatt „Bewerber_innen sollten folgende Eigenschaften mitbringen“ sind vorteilhaft.

Kommunikation in direkter Ansprache per E-Mail oder im Bewerbungsverfahren

Neutrale Anreden sind die erste Wahl in der Kommunikation („Guten Tag [Vorname Nachname]“), bis klar ist, wie die Person angesprochen werden möchte. Die direkte Nachfrage nach der gewünschten Ansprache zeigt laut BVT* Offenheit zu gendergerechter Sprache und transspezifischen Themen („Teilen Sie uns gerne mit, wie Sie angesprochen werden wollen/wie wir Sie ansprechen dürfen.“). Bei E-Mails an die Belegschaft ist beispielsweise auch die Anrede „Liebes Team“ passend.

Der wichtigste Faktor beim Gendern sind verständliche, durchgängige und situationsangemessene Äußerungen. Dabei leistet der gend-o-mat der Universität Weimar eine gute Hilfestellung, denn eine „Geschlechtergerechte Sprache ist moderne und faire Sprache, die die gesellschaftlichen Werte und Normen widerspiegelt. Weil eine gendersensible Sprache alle Menschen einbezieht und zur Vermeidung sprachlicher Diskriminierung beiträgt.“ Unsere Sprache findet sich in einem stetigen Wandel, lässt sich somit gestalten und den aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen.

Auch die Apothekenwerbung befindet sich im Wandel: Pharmaunternehmen setzen sich mittlerweile mit einer geschlechtergerechten Sprache auseinander. Die Firma Angelini hat beispielsweise den Pflichttext angepasst, um genderspezifische Stereotypen zu durchbrechen: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre(n) Arzt/Ärztin oder Apotheker/Apothekerin.“

7 Tipps für eine gendergerechte Apothekenkommunikation

1. Geschlechtsneutrale Pluralbildung

Mitarbeitende (anstatt Mitarbeiter*innen oder Mitarbeiter*in), Team, Belegschaft, Gruppe, Apothekenpersonal

2. Bezeichnungen der Funktion, des Amtes oder einer Gruppe

Personalvertretung anstatt Personalvertreterin/Personalvertreter

3. Geschlechtergerechte Umformulierungen

„alle, die heute die Fortbildung besucht haben“ anstatt „die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fortbildung“

4. Verben

„Es haben uns heute 30 Personen besucht.“ anstatt „Wir hatten 30 Besucher.“

5. Substantive mit Endungen wie -kraft, -person, -berechtigte, -ung, -hilfe

Fachkraft, Leitung der Geschäftsstelle, Beratungskraft, Bürohilfe, Kundschaft

6. Direkte Anrede

„Ihre Adresse“ anstatt „Adresse des Kunden/der Kundin“

7. Stereotypische Rollenzuschreibungen vermeiden

Die PTA verdient weniger in der Apotheke als der PTA in der Industrie.

Besser: PTAs verdienen weniger in der Apotheke als in der Industrie.

Weitere Unterstützung findest du im Gender-Wörterbuch, um deinen Alltag gendergerechter zu gestalten. Was ist deine Meinung zu dem Thema? Schreibe uns gerne deine Gedanken in das Kommentarfeld. Wird in deiner Apotheke bereits auf eine gendersensible Sprache geachtet?