Reisethrombose: Endstation Notaufnahme

Sommer, Sonne, die Urlaubszeit ist in vollem Gange. Viele zieht es in die Ferne, damit verbunden ist eine lange Anreise, meist im Sitzen – mit dem Risiko einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT). Nicht selten muss die Reise abrupt beendet werden.

Eine Reisethrombose, auch „Flugthrombose“, „Economy-Class-Syndrom“ oder „Touristenklasse-Syndrom“ genannt, müsste eigentlich eher „Sitzthrombose“ heißen, weil sie nicht nur auf Flügen mit günstigeren Tickets, sondern genauso auf langen Bahn-, Bus- oder Autofahrten auftreten kann. Selbst bis zu 14 Tagen nach der Reise kann es zu einer Thrombose kommen. AMIRA hat recherchiert, wie die Erkrankung entsteht und wie man vorbeugen kann.

Was genau ist eine Thrombose?

Zu einer TVT kommt es, wenn sich in den Beinvenen einer Person ein Blutgerinnsel bildet. Meist sind drei Faktoren für die Entstehung verantwortlich: Verlangsamung der Blutströmungsgeschwindigkeit, erhöhte Gerinnungsbereitschaft des Blutes und Gefäßwandschäden. Besonders gefährlich wird es, wenn sich so ein Blutspfropf löst und dann auf seinem Weg durch das Herz in die Lunge gelangt, dort ein Gefäß verstopft und zu einer lebensbedrohlichen Lungenembolie (VTE = venöse Thromboembolie) führt. 

Es wird angenommen, dass jeder fünfte plötzliche Todesfall an Bord eines Flugzeuges durch eine akute Lungenembolie verursacht wird. Je schneller man notfallmedizinisch versorgt werden kann, desto besser stehen die Chancen. Insgesamt treten Lungenembolien auf Flügen sehr selten auf, je länger der Flug dauert, desto größer wird das Risiko. Bei Flügen über zwölf Stunden Dauer liegt die Inzidenz bei fünf Fällen pro einer Million Flüge. Entscheidender sind allerdings die individuellen Risikofaktoren für Thrombosen.

Wie bemerkt man eine Thrombose?

Kommt es zu einer Rötung oder Blaufärbung der Haut am Bein, tritt ein Schweregefühl oder sichtbare Schwellungen oder Schmerzen am Bein auf kann, es sich um Symptome einer Beinvenenthrombose handeln. Bewegungen des betroffenen Beines sind schmerzhaft und die Haut erscheint glänzend. Auch wenn beide Beine unterschiedlich warm/kalt sind ist Vorsicht geboten. Meist treten ein oder mehrere Symptome plötzlich an einem Bein auf. Auch wenn diese Symptome nach der Reise auftreten, sollte möglichst schnell ein Arzt aufgesucht werden, um die gefürchtete, lebensbedrohliche Lungenembolie zu verhindern.

Welche Risikofaktoren gibt es?

Neben Gerinnungsstörungen, Übergewicht, Herzinsuffizienz, Krebserkrankungen, Lungenerkrankungen können auch das Vorhandensein von Krampfadern, Thrombosen in der Vergangenheit, Verletzungen oder operative Eingriffe an den Beinen mit Ruhigstellungen (Gips, Schienen, Orthesen) oder auch Schwangerschaften sowie die Einnahme von Hormonpräparaten (z. B. orale Kontrazeptiva) das Thromboserisiko erhöhen. Insbesondere ältere Personen ab 60 Jahren und Frauen sind potenziell gefährdet.

Aber auch bestimmte Faktoren, vor allem auf Flugreisen, können zu einem höheren Risiko beitragen. In erster Linie ist es der lang dauernde Bewegungsmangel, die sitzende Position mit abgewinkelten Knien, sowie eine zumeist langsam während des Fluges entstehende Austrocknung, (die Luftfeuchtigkeit an Bord beträgt nur etwa fünf bis zehn Prozent) und natürlich auch ein genereller Sauerstoffmangel. Auch Alkoholkonsum oder der Einsatz von Sedativa oder Hypnotika, um Jetlag-Symptome am Reiseziel abzumildern, sind nicht gerade förderlich. 

Generell gilt, dass es nicht einen bestimmten Risikofaktor gibt, sondern es ist zumeist ein Zusammenspiel mehrerer gleichzeitig einwirkender Faktoren, die die Neigung zum Entstehen eines Blutgerinnsels fördern. Aber ein geringes Thromboserisiko besteht für jeden Reisenden, auch wenn er jung und völlig gesund ist.

Wie kann man vorbeugen?

Um das Risiko einer Reisethrombose zu minimieren, sollte auf eine ausreichende Trinkmenge geachtet werden. Am besten sollte Wasser getrunken werden. Auf Alkohol sollte bereits in den Tagen vor Reiseantritt verzichtet werden, da dieser dem Körper Wasser entzieht. Während der Reise sollten lockere bequeme Kleidung und bequeme, passende Schuhe getragen werden, die zu keinerlei Einschnürungen beim Sitzen führen. Die Beine sollten aufrecht nebeneinandergestellt werden, damit der Blutfluss nicht behindert wird. Bei Reisen mit dem Auto, dem Zug oder Bus sollten regelmäßige Bewegungspausen eingeplant werden, in denen man aufstehen und umherlaufen kann. 

Im Flugzeug ist dies schwieriger. Lediglich im Gang kann man ein paar Schritte auf und ab gehen. Hier kann Venengymnastik hilfreich sein, um die Waden-Muskel-Pumpe zu aktivieren. Denn jede Muskelanspannung unterstützt das Blut auf seinem Weg zurück zum Herzen. Einfach die Zehen zur Nasenspitze ziehen und wieder gegen Boden drücken. Wenn möglich sollten die Beine ab und zu hochgelegt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie hat zu dem Thema praktische Empfehlungen herausgegeben.

Und was gibt es in der Apotheke?

Auch das Tragen von vorhandenen Kompressionsstrümpfen oder sogenannten Reisestrümpfen hilft, einer Thrombose vorzubeugen. Letztere entsprechen einem Kompressionsstrumpf der Klasse I und gehen meist bis zum Knie. 

(Quelle: IStock/rudigobbo)

Es gibt sie von verschiedenen Herstellern (medi, Belsana, Spring, Juzo, Compressana, Lohmann und Rauscher, etc.) in vielen Farben und Materialien. Ein aufwändiges Anmessen ist nicht nötig, da die Strümpfe nach der Schuhgröße ausgewählt werden. Möglichst morgens angezogen, komprimieren sie das Bein und unterstützen die Funktion der Venenklappen. Sie sorgen für den erwünschten Druckverlauf in den Beinvenen und verhindern so ein Anschwellen der Beine. Laut Studien konnte das Thromboserisiko durch das Tragen der Strümpfe von 22 auf 2 Prozent signifikant gesenkt werden.

Für Hochrisikogruppen können Ärztinnen und Ärzte auch niedermolekulare Heparine (z. B. CLEXANE® 4000 I.E. 40 mg/0,4 ml 2 FS von Sanofi oder mono embolex® 3000 I.E. PROPHYLAXE 2 FS von Aspen) in Form von Fertigspritzen verordnen. Diese werden vor Reiseantritt in den Bauch injiziert. Auch neue orale Antikoagulanzien (NOAK) wie Apixaban, Rivaroxaban oder Dabigatran können nach ärztlicher Anweisung eingesetzt werden.