Wochenrückblick: Verhütungspille & Gehirn, Schadstoffe in Kosmetika, Update NRF-Vorschrift

Die Verhütungspille kann das Gehirnvolumen und die neuronale Konnektivität beeinflussen, die elektronische Patientenakte stößt auf wenig Widerstand, Update zur NRF-Vorschrift – diese und weitere News findest du hier.

Orale Kontrazeptiva könnten weibliches Gehirn beeinflussen

Dr. Carina Heller hat in einem Selbstexperiment untersucht, wie ein orales Kontrazeptivum das Gehirn beeinflusst. Über zwei Jahre hinweg ließ sie sich regelmäßig im MRT scannen und ihre Hormonspiegel messen. Die vorläufigen Ergebnisse, die sie auf dem Jahrestreffen der Society for Neuroscience präsentierte, zeigen, dass das Volumen bestimmter Hirnareale unter der Einnahme der Pille geringfügig schrumpfte, was jedoch nicht zwangsläufig die Gehirnfunktion beeinträchtigt. Heller stellte zudem fest, dass das Gehirnvolumen und die neuronale Konnektivität im natürlichen Menstruationszyklus schwanken und sich nach Absetzen der Pille wieder normalisieren. Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Hormone die neuronale Struktur und Funktion beeinflussen können. Heller plant, ihre Daten anderen Forschern zur Verfügung zu stellen und mit denen einer Endometriose-Patientin zu vergleichen, um mögliche Zusammenhänge zu untersuchen. Weitere Infos zu dem Selbstexperiment findest du hier.

Elektronische Patientenakte trifft nur auf wenig Widerspruch

Die geplante Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) zum Jahresbeginn 2024 stößt bei gesetzlich Versicherten in Deutschland bisher auf wenig Ablehnung. Eine Umfrage der Deutschen Presseagentur (dpa) unter den großen Krankenkassen ergab, dass nur ein geringer Prozentsatz von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Einrichtung einer ePA zu verweigern. So liegen die Widerspruchsquoten bei AOK, Techniker Krankenkasse, Barmer und DAK, die insgesamt über 50 Millionen Versicherte vertreten, meist im niedrigen einstelligen Prozentbereich oder bei rund einem Prozent.

Seit Sommer informiert eine Kampagne alle Versicherten über die automatische Einrichtung der ePA, sofern nicht aktiv widersprochen wird. Ab dem 15. Januar 2025 wird die ePA zunächst in zwei Modellregionen, Franken und Hamburg, getestet, bevor die flächendeckende Einführung ab März folgt. Als zentrale digitale Akte soll die ePA medizinische Informationen wie Diagnosen, Befunde, Medikationspläne und Laborwerte speichern. Patienten können jederzeit über eine App ihrer Krankenkasse auf die Daten zugreifen und entscheiden, welche Informationen sichtbar sind oder löschen.

Gesundheitsexperten wie GKV-Vorstand Doris Pfeiffer betonen die Chancen der ePA, die Gesundheitsversorgung langfristig zu verbessern. Nach Einschätzung der neuen
Bundesdatenschutzbeauftragten Louisa Specht-Riemenschneider muss der
Datenschutz jedoch dringend verbessert werden, etwa, indem der Widerspruch leichter zu formulieren und einzureichen ist.

Cannabis-Anbauvereine in Baden-Württemberg warten weiterhin auf den Start

In manchen Bundesländern wurden erste Genehmigungen bereits erteilt, in Baden-Württemberg dagegen hat noch kein Cannabis-Anbauverein die Starterlaubnis erhalten, und das, obwohl auch dort die Zahl der Anträge für den Anbau von Cannabis steigt. Das Regierungspräsidium Freiburg, das für die Erteilung von Betriebserlaubnissen zuständig ist, berichtete jetzt von 64 Anträgen, wovon 22 intensiv bearbeitet würden. Grund: Die Komplexität der neuen Gesetzgebung verzögere die Genehmigungen, da die meisten Anträge Anpassungen erforderten. Die ersten Zusagen sollen aber noch in diesem Herbst kommen. Die CDU kritisiert die Cannabis-Legalisierung als überhastet und befürchtet Missbrauch sowie hohe Kosten für die Kontrolle der Anbauvereine. Die Anbauvereinigungen dürfen bis zu 500 Mitglieder haben und Cannabis ausschließlich für den Eigenkonsum anbauen und untereinander abgeben, was jedoch eine behördliche Genehmigung und aktive Mitarbeit aller Mitglieder voraussetzt. Die Überwachungsbehörden führen regelmäßige Kontrollen durch, um sicherzustellen, dass Vorschriften eingehalten werden, und planen Maßnahmen gegen Doppelmitgliedschaften in den Vereinen. Kurz gesagt: Der bürokratische Aufwand, den das Gesetz erfordert, ist hoch.

Dexpanthenol-Konzentrat: Überarbeitung der NRF-Vorschrift

Dexpanthenol ist zäh, klebrig, hygroskopisch und schwer in Wasser löslich, was die Rezepturherstellung erschwert. Ein 50-prozentiges Wirkstoffkonzentrat erleichtert die Anfertigung von Rezepturen. Neu im DAC/NRF ist ein Dexpanthenol-Konzentrat auf Propylenglycol-Basis, das in Kombination mit Lidocain verwendet wird. Dexpanthenol unterstützt die Heilung von Haut- und Schleimhautläsionen und ist in Konzentrationen von 2 bis 5 Prozent therapeutisch wirksam.

Der rezeptierbare pH-Bereich liegt zwischen 3 und 7, mit einem Stabilitätsoptimum unter pH 6. Verunreinigungen können den pH-Wert beeinflussen, weshalb Zitronensäure zur Einstellung verwendet wird. Aufgrund seiner Viskosität ist Dexpanthenol schwer zu dosieren, daher sind Stammlösungen oder Konzentrate vorteilhaft. Diese ermöglichen eine leichtere Entnahme und bessere Löslichkeit in wasserhaltigen Zubereitungen.

Erfolge im Kampf gegen TB können nach WHO-Einschätzung besser sein

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ging die Zahl der weltweiten Todesfälle durch Tuberkulose (TB) im vergangenen Jahr zurück und die Neuinfektionen stiegen nur leicht an. Trotz dieser positiven Entwicklung reicht das derzeitige Tempo jedoch nicht aus, um das WHO-Ziel einer deutlichen Eindämmung der TB-Epidemie bis 2030 zu erreichen. Die Organisation weist darauf hin, dass TB 2023 wahrscheinlich erneut die häufigste tödliche Infektionskrankheit war.

Das angestrebte Ziel, die Todesfälle zwischen 2015 und 2025 um 75 Prozent zu reduzieren, wurde bisher nur teilweise erreicht. Der Rückgang liegt aktuell bei 23 Prozent, wobei die WHO-Regionen Europa und Afrika mit einem Minus von 27 bzw. 24 Prozent die besten Fortschritte verzeichneten. Die Neuerkrankungen blieben mit 10,8 Millionen weltweit nahezu unverändert, wobei mehr als die Hälfte der Fälle aus Indien, Indonesien, China, den Philippinen und Pakistan stammt.

Die WHO mahnt, dass TB konsequentes Handeln und zusätzliche Mittel benötigt, um Test- und Behandlungsprogramme auszubauen und effektiver zu gestalten. Die bakterielle Lungenkrankheit ist hoch ansteckend und verläuft ohne Behandlung oft tödlich, immerhin kann eine mehrmonatige Therapie etwa 85 Prozent der Infizierten heilen.

Gefährliche Inhaltsstoffe in europäischen Kosmetikprodukten

Ein aktueller Bericht der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) deckt auf, dass etwa 300 Kosmetikprodukte in Europa gefährliche Chemikalien enthalten, die teils als schädlich für Umwelt und Gesundheit gelten. Diese Stoffe – darunter Perfluorononyl Dimethicone und Cyclopentasiloxane – finden sich etwa in Eyelinern, Liplinern und Haarpflegeprodukten. Besonders bedenklich ist, dass diese Substanzen als „Ewigkeitschemikalien“ gelten, weil sie sich in der Natur nur sehr schwer abbauen. Die ECHA untersuchte in 13 Ländern knapp 4.500 Produkte und stellte fest, dass etwa sechs Prozent verbotene Inhaltsstoffe enthielten.

Die Agentur betont, dass gefährliche Chemikalien in Kosmetika aller Preisklassen vorkommen können. Die beteiligten Länder, darunter Deutschland und Italien, leiteten Maßnahmen ein, um die betroffenen Produkte vom Markt zu entfernen. Noch sind jedoch etwa die Hälfte der Fälle in der Prüfung. Die ECHA rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, bei Kosmetika die Inhaltsstoffe zu kontrollieren, um problematische Chemikalien zu vermeiden. Wie viele Produkte in welchen
Ländern gefährliche Inhaltsstoffe enthielten, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Laborärzte gegen Infektionsdiagnostik in Apotheken

In einer aktuellen Pressemitteilung äußert sich der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) kritisch zu den Plänen der Regierungskoalition, die Durchführung patientennaher Schnelltests in Apotheken und Pflegeeinrichtungen zu ermöglichen. Diese Änderung soll durch die Aufhebung des Arztvorbehaltes im Infektionsschutzgesetz und eine Anpassung des Heilmittelwerbegesetzes erfolgen. Der ALM-Vorsitzende Dr. Michael Müller betont, dass die Diagnostik von Infektionskrankheiten in ärztliche Hände gehört, da Apotheker weder die notwendige Ausbildung noch die Infrastruktur für solche Tests haben. Zudem könnten Schnelltests in Apotheken andere Kunden gefährden und zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung von Apothekern gegenüber Ärzten führen.

Demnächst Teilzeit-Krankschreibungen möglich?

Die Reformvorschläge für das Gesundheitssystem reißen nicht ab. So wurde in der zurückliegenden Woche der Vorschlag, Teilzeit-Krankschreibungen einzuführen, eingehend diskutiert. Dabei würden Erkrankte nicht für das volle Kontingent ihrer Arbeitsstunden krankgeschrieben, sondern nur für eine bestimmte Stundenzahl. Ärztepräsident Klaus Reinhardt befürwortete flexible Lösungen, die angesichts der Digitalisierung für Bagatellinfekte sinnvoll sein könnten. So könnten etwa erkältete Arbeitnehmer die Möglichkeiten des Homeoffice nutzen – zumindest stundenweise. Reinhardt betonte jedoch, dass die vollständige und schnelle Genesung der Patienten unter einer solchen Regelung nicht leiden dürfe. Aus Sorge um den schnellen Heilungsprozess lehnt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt den Vorschlag ab. Anja Piel vom DGB-Vorstand sieht das Konzept als gefährlich an, da bereits viele Arbeitnehmer trotz Krankheit arbeiten, oft im Homeoffice, und damit langfristig ihre Gesundheit gefährden. Piel betont, dass in alternden Belegschaften umfassende Gesundheitsvorsorge und altersgerechte Arbeitsplätze die bessere Antwort auf steigende Krankheitszeiten seien.

AMIRA fragt: Wie soll das zum Beispiel in der Apotheke funktionieren? Mit Hexenschuss nur vier statt der vollen Stundenzahl hinter dem HV-Tisch stehen? Was meinst du zu diesem Vorschlag?