Wochenrückblick: Ampel-Aus beschäftigt die ABDA, Cyberangriff auf Großhändler, Hustenstiller mit neuem Geschmack
Diese Woche war einiges los, angefangen mit dem politischen Beben in Berlin. Das Gesundheitswesen bleibt ein beliebtes Ziel für Cyberkriminelle, zudem gibt es Neues zur Folsäure-Supplementen. Lies hier weiter.
Apotheken in der Krise: Wie wirkt sich der Bruch der Ampel aus?
Die Apothekenlandschaft in Deutschland steht seit Jahren unter Druck. Laut Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), ist die Zahl der Apotheken seit Beginn der Ampel-Koalition um 1.274 zurückgegangen – ein Minus von 6,9 Prozent. Aktuell gibt es ABDA-Informationen zufolge nur noch 17.187 Apotheken.
Der Apothekenschwund treffe auf eine ohnehin angespannte Versorgungslage. „Die Apothekenteams müssen täglich Patientinnen und Patienten vertrösten, weil Arzneimittel in vielen Behandlungsspektren nicht lieferbar sind“, erklärte Overwiening am Donnerstag. Gleichzeitig würden die wirtschaftlichen Belastungen für die Apotheken kontinuierlich zunehmen. Seit 2013 seien die Betriebskosten um 60 Prozent gestiegen, während das gesetzlich festgelegte Honorar in derselben Zeit nicht angepasst, sondern zuletzt von der Ampel-Koalition sogar gekürzt worden sei.
Overwiening warnte, dass die aktuelle Regierungskrise und mögliche Verzögerungen durch den Bruch der Ampel-Koalition die Situation weiter verschärfen könnten. „Eine weitere Ausdünnung der Versorgung würde zulasten der Patientinnen und Patienten gehen.“ Die ABDA kündigte an, sowohl mit der noch amtierenden Regierung als auch mit einer möglichen Nachfolgeregierung für eine Stabilisierung der Apotheken zu kämpfen. Die gesundheitspolitischen Herausforderungen seien gewaltig und schnelles Handeln unumgänglich, so Overwiening abschließend.
ABDA warnt vor „Parallelstrukturen“ in der Notfallversorgung
Overwiening hat sich zudem für eine Reform der Notfallversorgung ausgesprochen, im selben Zug jedoch vor der Einführung neuer Strukturen gewarnt, die bestehende Versorgung gefährden könnten. Bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch begrüßte sie das Ziel, die Notfallversorgung zu verbessern. Besonders betonte sie die Bedeutung einer stärkeren digitalen Vernetzung zwischen Ärzten und Apothekern: „Durch die Telematikinfrastruktur (TI) können wir hier tolle Verbesserungen erzielen.“
Kritisch äußerte sie sich hingegen zur Idee, an Notfallpraxen angeschlossene Zweitoffizinen zu etablieren. Sie warnte, dass solche Parallelstrukturen nicht nur unnötig seien, sondern die bestehenden Versorgungswege zwischen Ärzten und Apotheken gefährden könnten. „Die ambulante Notfallversorgung funktioniert bereits heute im Zusammenspiel von Notfallpraxen und notdiensthabenden Apotheken sehr gut“, erklärte die ABDA-Präsidentin.
Täglich seien rund 1.200 Apotheken im Notdienst im Einsatz und gewährleisteten dezentral eine flächendeckende Arzneimittelversorgung, ohne dass es nennenswerte Beschwerden gebe. Overwiening appellierte an die Politik, bestehende Strukturen zu stärken und nicht durch Parallelangebote zu untergraben. Die bewährte Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern sei die Grundlage für eine reibungslose Versorgung der Patientinnen und Patienten.
Cyberangriff auf Arzneimittelgroßhändler
Am 28. Oktober wurde die AEP GmbH, ein Arzneimittelgroßhändler mit Sitz in Alzenau, Ziel eines Cyberangriffs. Dabei seien Teile der IT-Systeme verschlüsselt worden. Nach Angaben des Unternehmens erkannten interne Sicherheitssysteme den Angriff. Als Sofortmaßnahme habe AEP alle Außenverbindungen getrennt und die betroffenen Systeme heruntergefahren. Inzwischen teilte der Großhändler mit, dass er wieder Bestellungen entgegennehmen und ausliefern könne. Man arbeite mit Hochdruck daran, wieder zum Normalbetrieb zurückzukehren.
Solche Cyberangriffe belasten ein ohnehin angespanntes System: Apotheken kämpfen bereits mit massiven Lieferengpässen. Zusätzlich verdeutlicht der Vorfall, dass das Gesundheitswesen ein bevorzugtes Ziel für Cyberkriminelle bleibt.
Aktives Folat: Keine Vorteile für Schwangere?
Dem niederländischen Pharmakovigilanzzentrum Lareb zufolge bietet „aktives Folat“, die aktive Form der Folsäure, keinen Vorteil gegenüber synthetischer Folsäure. Selbst genetisch bedingte Einschränkungen in der Umwandlungskapazität von Folsäure führten bei einer empfohlenen täglichen Einnahme von 400 µg zu ausreichenden aktiven Folatwerten. Wichtig sei die korrekte Einnahme: ab vier Wochen vor der Schwangerschaft bis zur zwölften Woche in Deutschland (in den Niederlanden bis zur zehnten Woche). Alle Studien zur Prävention angeborener Fehlbildungen seien mit Folsäure durchgeführt worden, teilte das Institut mit.
Silomat® Hustenstiller mit neuem Geschmack
Bei Silomat Hustenstiller Pentoxyverin 1,35 mg/ml Saft gibt es eine Änderung in der Hilfsstoffzusammensetzung. Der Hersteller STADA Consumer Health Deutschland informiert, dass der Saft ab sofort Birnen- anstelle von Pfirsich-Aroma enthält.
Pharmahersteller protestieren gegen Beteiligung an Abwasserkosten
Die EU hat beschlossen, dass Pharma- und Kosmetikhersteller künftig mindestens 80 Prozent der zusätzlichen Abwasserreinigungskosten tragen müssen, um Mikroschadstoffe zu reduzieren. Zudem wird Abwasser künftig auf antibiotikaresistente Erreger, Viren und Mikroplastik überprüft. Während kommunale Verbände die Regelung als Umweltschutzmaßnahme begrüßen, kritisiert die Chemie-, Pharma- und Kosmetikindustrie hohe Kosten, die Produktpreise steigern und Medikamentenengpässe fördern könnten. So bezeichnete der Verband der Chemischen Industrie (VCI) die neue Richtlinie als eine „völlig verfehlte EU-Gesetzgebung“ und warnte, dass einzelne Produkte teurer werden oder einige systemrelevante Arzneimittel völlig vom Markt verschwinden könnten. Zudem müsse die deutsche Pharma- und Kosmetikindustrie etwa zwei bis drei Milliarden für die Reinigung zusätzlich aufwenden. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Versorgungsunsicherheit mit wichtigen Medikamenten warnte der Verband Pro Generika, dass teure Auflagen wichtige Medikamente wie Antibiotika oder Krebsmedikamente gefährdeten.
Diabetes bei Kindern: Warnzeichen frühzeitig erkennen
Starker Durst, häufiges Wasserlassen, Müdigkeit und Gewichtsverlust können erste Anzeichen eines Typ-1-Diabetes bei Kindern sein. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) sensibilisiert mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne für diese Symptome, um lebensbedrohliche Komplikationen wie die diabetische Ketoazidose (DKA) zu vermeiden. Typ-1-Diabetes entwickelt sich meist im Kindesalter, wenn das Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen angreift. Bleibt die Erkrankung unerkannt, kann ein entgleister Zuckerstoffwechsel rasch zu schweren Gesundheitsgefahren führen.
Ziel der Kampagne ist es, durch Informationsmaterialien und gelbe Piktogramme Eltern, Erzieher und Lehrer zu sensibilisieren, damit Symptome rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Bereits erprobte Maßnahmen zeigten Erfolge: In einer früheren Initiative konnte die DKA-Rate deutlich gesenkt werden. Neben Plakaten und Flyern in Arztpraxen und Schulen wird die Kampagne mittlerweile durch kreative Ansätze, wie die Beschriftung von LKWs, ergänzt.
Lauterbach will Krankenhausreform durchziehen
Obwohl die Regierung nun nur noch von SPD und Grünen gestellt wird und diese keine parlamentarische Mehrheit mehr hat, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach noch mehrere wichtige Gesetzesvorhaben umsetzen. Ganz klar sei: „Die Krankenhausreform, sie wird und sie muss kommen“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag beim Deutschen Pflegetag in Berlin. Wenn die Reform nicht käme, so Lauterbach, würden in den nächsten zwei Jahren Hunderte Krankenhäuser in die Insolvenz gehen.
Die vom Bundestag beschlossene Krankenhausreform soll die Finanzierung auf eine neue Grundlage stellen und zu mehr Spezialisierung bei komplizierteren Eingriffen führen. Vorgesehen ist, die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll den Druck zu möglichst vielen Fälle senken. Die Reform kommt abschließend noch in den Bundesrat. Dort ist sie nicht zustimmungsbedürftig, die Länderkammer könnte sie aber in den Vermittlungsausschuss schicken und bremsen.
Unklar ist, woher die parlamentarische Mehrheit kommen soll, um die Reform zu verabschieden. Die Regierung müsste sich Stimmen bei Abgeordneten suchen, die nicht der Regierung angehören, vornehmlich bei der CDU. Ob das klappt, ist fraglich, da die Christdemokraten darauf drängen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz möglichst schnell die Vertrauensfrage stellt, um zu Neuwahlen gelangen zu können.
Neue Zahlen zu jugendlichen Trink- und Rauchgewohnheiten
Laut einer aktuellen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist der Alkoholkonsum bei jungen Erwachsenen nach der Pandemie wieder angestiegen. Insbesondere das Rauschtrinken habe bei Männern zwischen 18 und 25 Jahren mit 46,2 % fast wieder das Niveau vor Corona erreicht. Bei Frauen derselben Altersgruppe sei der Anteil von 19 % im Jahr 2021 auf 25,1 % gestiegen. Auch bei Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren wurde eine Zunahme des exzessiven Trinkens festgestellt: 17,1 % der Jungen und 10,4 % der Mädchen berichteten von kürzlichem Rauschtrinken. Die BZgA sieht den Anstieg als besorgniserregend. Gleichzeitig ergab die Studie jedoch, dass regelmäßiges wöchentliches Trinken weiterhin abnimmt.
Eine neue Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigt, dass das Rauchen unter Minderjährigen in Deutschland weiter zurückgeht: Nur 7,4 % gaben demnach an, im letzten Monat Tabakzigaretten konsumiert zu haben, 3,9 % nutzten Shishas. E-Zigaretten gewinnen jedoch an Beliebtheit, vor allem Einwegmodelle (6,7 %). Tabakerhitzer spielen bei Jugendlichen kaum eine Rolle (0,3 %), was zeige, dass sich diese Produkte eher an Erwachsene richten. Die BZgA betont die Notwendigkeit der Prävention bei Minderjährigen. Der Zigaretten- und Tabakkonzern Philip Morris wies anlässlich der BZgA-Forderungen darauf hin, dass schadstoffreduzierte Alternativen wie Tabakerhitzer Erwachsenen helfen könnten, die schädlicheren Zigaretten zu ersetzen und damit Gesundheitsrisiken zu verringern.