Wochenrückblick: Pistazien, Alzheimer, Sitzprobleme
„Grünes Gold“ könnte gut sein für die Augen, wichtiges Alzheimer-Medikament wird zugelassen, Antikörper-Käfige machen Karriere und: Wir sitzen zu viel. Jedenfalls die, die nicht in der Offizin arbeiten.
Studie: Pistazien gut für die Augen
Eine neue Studie zeigt, dass der tägliche Verzehr von Pistazien die Makulapigment-Dichte bei gesunden Erwachsenen erhöhen kann, was potenziell zum Schutz der Sehkraft beiträgt. Die Makula, ein zentraler Bereich der Netzhaut, ist auf die Carotinoide Lutein und Zeaxanthin angewiesen, um vor schädlichem blauem Licht und oxidativem Stress geschützt zu sein. Eine höhere Makulapigment-Dichte kann das Risiko für altersbedingte Makuladegeneration (AMD) senken, eine häufige Ursache für Sehbehinderungen im Alter.
Während bisher vor allem grünes Blattgemüse als Quelle für Lutein und Zeaxanthin bekannt war, erweitert die Studie das Wissen um die Rolle von Pistazien, die zusätzlich andere antioxidative Stoffe enthalten. Die Ergebnisse legen nahe, dass Pistazien, die in der Türkei wegen ihres hohen Preises auch als „grünes Gold“ bezeichnet werden, Teil einer ausgewogenen Ernährung sein sollten, um die Augengesundheit zu fördern. Für die klinische Praxis könnte dies bedeuten, dass neben grünem Blattgemüse auch Nüsse wie Pistazien in Ernährungsberatungen empfohlen werden. Allerdings sind weitere Studien notwendig, um die Langzeiteffekte und präventive Wirkung auf Netzhauterkrankungen zu untersuchen.
AMIRA hat einen Verdacht: Steckt die Dubai-Schokoladen-Lobby hinter der Studie?
Antikörper-Käfige: Innovativer Ansatz für die Arzneimitteltherapie
Antikörper-Käfige (Antibody Cages, AbCs) gelten derzeit als eine vielversprechende Innovation in der Arzneimitteltherapie, entwickelt von Forschern um Nobelpreisträger David Baker. Mithilfe künstlicher Intelligenz werden dabei Proteine designt, die Antikörper in präzisen geometrischen Strukturen anordnen, um deren Funktion und Verteilung gezielt zu steuern, ohne ihre Sequenz zu verändern. Dies bietet Vorteile bei der Behandlung von Krebserkrankungen und Autoimmunerkrankungen, indem die Bindungsaffinität oder Funktion von Antikörpern flexibel angepasst werden kann.
Das Startup Archon Biosciences, gegründet von Forschern des Instituts für Protein-Design, arbeitet an der klinischen Umsetzung dieser Technologie und konnte bereits 20 Millionen Dollar an Finanzierung sichern. Ein innovatives „Bolt-on“-Herstellungsverfahren ermöglicht dabei die schnelle und effiziente Produktion der Antibody Cages. Diese Technologie könnte die Präzision und Wirksamkeit von Antikörpertherapien revolutionieren, wobei weitere Forschung und klinische Studien notwendig sind, um Sicherheit und Anwendbarkeit zu gewährleisten.
EU-Arzneimittelbehörde lässt wichtiges Alzheimer-Medikament zu
Die EU steht vor einem wichtigen Durchbruch in der Alzheimer-Behandlung: Die Europäische Arzneimittel-Behörde (EMA) hat erstmals eine Therapie empfohlen, die nicht nur Symptome lindert, sondern den Krankheitsverlauf selbst beeinflusst. Der Wirkstoff Lecanemab, der bereits in den USA zugelassen ist, zielt darauf ab, das schädliche Protein beta-Amyloid aus dem Gehirn zu entfernen.
Allerdings gilt die Empfehlung nur für eine bestimmte Patientengruppe: Menschen mit höchstens einer Kopie des ApoE4-Gens. Bei dieser Gruppe sind die Nebenwirkungen - vor allem Hirnschwellungen und -blutungen - deutlich geringer. Die Behandlung erfordert regelmäßige MRT-Kontrollen und wird als Infusion alle zwei Wochen verabreicht.
Die Wirksamkeit des Medikaments ist zwar nachweisbar, aber moderat: Nach 18 Monaten zeigten behandelte Patienten einen etwas langsameren kognitiven Abbau als die Kontrollgruppe. Das Medikament kann die Alzheimer-Krankheit also nicht heilen oder bestehende Symptome verbessern, sondern nur das Fortschreiten verlangsamen.
Für Deutschland, wo etwa eine Million Menschen von Alzheimer betroffen sind, könnte das Medikament bald verfügbar sein. Experten erwarten jedoch, dass die praktische Einführung an den Fachzentren noch Zeit brauchen wird, auch wenn die Nachfrage von Patienten bereits hoch ist.
Studie zeigt die Gefahr von zu viel Sitzen
Einer neuen Studie zufolge verbringen junge Erwachsene durchschnittlich 60 Stunden pro Woche im Sitzen, was das Risiko für Herzkrankheiten und vorzeitiges Altern erhöhe. An der Untersuchung nahmen dem Vernehmen nach über 1000 Probanden teil, darunter 730 Zwillinge, dabei wurde der Einfluss von Sitzverhalten auf Cholesterinwerte und Body-Mass-Index (BMI) unter die Lupe genommen. Trotz moderater körperlicher Aktivität von 80 bis 160 Minuten pro Woche und weniger als 135 Minuten intensiver Bewegung pro Woche stiegen der Studie nach Cholesterin- und BMI-Werte mit zunehmendem Alter an. Langanhaltendes Sitzen beschleunigte das metabolische Altern, während moderate Bewegung die Effekte nur begrenzt abmilderte.
Die Autoren warnen, dass die Mindestempfehlung von 20 Minuten moderater Bewegung pro Tag nicht ausreiche, um die gesundheitlichen Risiken durch langes Sitzen auszugleichen. Zwar habe intensive Bewegung von 30 Minuten täglich eine schützende Wirkung gezeigt, indem sie Cholesterin- und BMI-Werte verbesserte, jedoch habe auch sie die negativen Auswirkungen des Sitzens nicht vollständig aufheben können. Die Autoren empfehlen, die Sitzzeiten zu reduzieren, statt danach zu trainieren.
AMIRA meint: Über zu vieles und ungesundes Sitzen können sich alle, die in der Apotheke arbeiten, beileibe nicht beschweren – ein Grund mehr, um PTA oder Apothekerin zu werden!
Drogen I: Reste-Regierung bringt Lachgas-Gesetz auf den Weg
Noch-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant ein Gesetz zur stärkeren Regulierung von Lachgas und sogenannten K.-o.-Tropfen, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen. Ein entsprechender Entwurf wurde diese Woche ins Kabinett eingebracht und soll noch vor der vorgezogenen Neuwahl, die Stand jetzt im Februar abgehalten wird, verabschiedet werden. Lachgas, zunehmend als Partydroge missbraucht, sowie die Chemikalien Gammabutyrolacton und 1,4-Butandiol, die als sogenannte Vergewaltigungsdrogen verwendet werden, sollen künftig unter ein gesetzliches „Umgangsverbot“ fallen. Ergänzend ist ein Abgabe-, Erwerbs- und Besitzverbot für Minderjährige sowie ein Verbot des Verkaufs über Automaten und Versandhandel geplant. Ausnahmen sollen für gewerbliche, industrielle oder medizinische Zwecke sowie für Behältnisse mit geringem Missbrauchsrisiko wie Sprühsahne gelten.
Drogen II: Cannabis für Jugendliche uninteressanter
Die Teil-Legalisierung von Cannabis in Deutschland hat nach Einschätzung einer Suchtexpertin unbeabsichtigte Folgen. Clara Evers-Zimmer, Leiterin der Suchtberatung der Caritas in Rostock, warnt, dass der Konsum anderer Drogen bei Jugendlichen dadurch attraktiver werden könnte. Bisher habe das Rauchen von Cannabis einen „subversiven Charakter“ gehabt, der für Jugendliche reizvoll war. Mit der Legalisierung sei dieser Rebellionscharakter weggefallen. „Sie suchen dann natürlich nach anderen Wegen, um genau das auszudrücken, was in der Jugendzeit schon immer ausgedrückt werden musste: den Protest, die Rebellion, die Abgrenzung“, erklärt Evers-Zimmer.
Stattdessen griffen Jugendliche vermehrt zu Drogen wie Ecstasy oder „Badesalzen“. Diese hätten oft eine unvorhersehbare Wirkung und seien besonders gefährlich. So starb kürzlich ein 15-Jähriger in Mecklenburg-Vorpommern nach der Einnahme mehrerer Ecstasy-Pillen.
Das Problem bei Ecstasy sei, dass es „linear wirkend“ sei - die Steigerung der Dosis zeige keine Warnsignale, so die Expertin. Auch die Tatsache, dass das Gehirn Jugendlicher sich noch in der Entwicklung befinde, verschärfe die Gefahren. Sie bedürften daher besonderen Schutzes. Laut Evers-Zimmer haben bis zu 90 Prozent der Neuntklässler in Rostock Drogenerfahrung, vor allem mit Cannabis und Ecstasy. Um dem entgegenzuwirken, müssten Jugendlichen mehr Möglichkeiten für Belohnungserlebnisse abseits von Drogen geboten werden, etwa in der Erlebnispädagogik. Zudem sei es wichtig, dass Erwachsene aufmerksam sind und im Gespräch mit Kindern und Jugendlichen bleiben.
Mehr FSME-Fälle in diesem Jahr
In der aktuellen Zeckensaison wurden in Deutschland deutlich mehr Infektionen mit der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) registriert als im Vorjahr. Bis Ende Oktober zählte das Robert Koch-Institut 582 FSME-Fälle - 145 mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2021. FSME wird durch Zeckenstiche übertragen und kann zu Hirnhaut- und Hirnenzündungen führen. Laut RKI fehlte bei 99 Prozent der Betroffenen der Impfschutz. Die Impfquoten in Risikogebieten sind weiterhin relativ niedrig, bundesweit lag sie 2020 bei rund 19 Prozent.
Besonders gefährdet sind Menschen in Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, Südthüringen, Sachsen und dem südöstlichen Brandenburg. Vereinzelte Risikogebiete gibt es auch in anderen Bundesländern. Die Zahl der FSME-Fälle schwankt jährlich stark und hängt von Faktoren wie Klima, Ökologie und Freizeitverhalten ab. Zecken sind ab Temperaturen von etwa sechs Grad aktiv. Die Ständige Impfkommission empfiehlt Menschen in Risikogebieten eine FSME-Impfung.
Neben FSME übertragen Zecken auch die Borreliose, eine bakterielle Erkrankung. Hier verzeichnete das RKI ebenfalls einen Anstieg: Bislang wurden 9.730 Fälle gemeldet, im Vorjahr waren es 9.601. Unbehandelte Borreliose kann zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden führen. Für diese Krankheit gibt es bislang keine Schutzimpfung.
Pflegebeitrag soll 2025 steigen
PTA sind in der Regel fest angestellt. Das ist schön. Nicht schön ist, dass für Arbeitnehmer der Beitrag zur Pflegeversicherung zum 1. Januar 2025 um 0,2 Prozentpunkte steigen soll, um die Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung sicherzustellen. Damit sollen jährlich zusätzlich rund 3,7 Milliarden Euro eingenommen werden. Das hat die Bundesregierung, die bekanntlich keine Mehrheit mehr im Parlament besitzt, jetzt im Kabinett beschlossen. Ob das Parlament der Regierung folgt und das Gesetz beschließt, steht dahin. Der Schritt sei nötig, da die Pflegeversicherung in den kommenden Jahren rote Zahlen schreiben werde. Hintergrund sind die weiter steigenden Milliardenausgaben im Pflegebereich. Laut Krankenkassen-Sprechern bringt die Erhöhung nur eine vorübergehende Entlastung - maximal bis Ende 2024. Eine dauerhafte Lösung bleibe daher dringend erforderlich. Auch Regierungssprecher Hebestreit betonte, dass eine „große Pflegereform“ unausweichlich sei. Die jetzige Erhöhung solle nur sicherstellen, dass Leistungen vorerst finanziert werden können, bis eine solche Reform beschlossen wird. Eine eigentlich für Herbst angekündigte Pflegereform kann wegen des Bruchs der Ampel-Koalition nun nicht mehr umgesetzt werden. Entsprechend steht eine Neuausrichtung der Pflege-Finanzierung ganz oben auf der politischen Agenda für 2025.
Apotheken-Sterben in Sachsen beschleunigt sich
Die Zahl der Apotheken in Sachsen ist weiter rückläufig. Laut Angaben der Linken-Politikerin Susanne Schaper sank die Zahl der Apotheken von 938 im Jahr 2021 auf 902 im vergangenen Jahr. In diesem Jahr sind es bislang nur noch 887. Es gab bisher keine Neugründungen, sondern 15 Schließungen.
Schaper sieht den Zugang zu Medikamenten als „Frage der Gerechtigkeit“. Die Apotheken vor Ort seien unverzichtbar, da sie niedrigschwellige pharmazeutische Beratung böten - besonders für die alternde Bevölkerung. Angesichts von Lieferengpässen und der Herstellung von Rezepturen spielten sie eine wichtige Rolle. Um den Trend zu stoppen, müssten die Rahmenbedingungen für Apotheken verbessert werden, so die Linken-Politikerin. Dazu gehörten dynamisch an die Inflation angepasste Honorare, weniger Bürokratie und mehr Entscheidungsfreiraum für Apotheker. Bund und Land müssten zudem Maßnahmen gegen Lieferengpässe und für mehr Ausbildungsplätze ergreifen.
Viele Atemwegs-Erkrankungen
Ihr wundert euch, was in der Apotheke los ist? So viele Patienten mit Erkältungssymptomen waren noch selten in eurer Offizin? Dann habt ihr gut beobachtet. Denn auch das Robert-Koch-Institut hält die Zahl der Erkrankten für recht hoch. Aktuellen Erhebungen des RKI zufolge sind momentan etwa 6,1 Millionen Menschen in Deutschland von einer akuten Atemwegserkrankung betroffen. Diese Zahl umfasst alle Erkrankten, unabhängig davon, ob sie einen Arzt aufgesucht haben. Für diese Jahreszeit ist das ein außergewöhnlich hoher Wert. Die Statistiken für die erste Novemberwoche zeigen etwa 7.200 Erkrankte je 100.000 Einwohner. Diese Zahl liegt etwas über dem Wert der Vorwoche, als etwa 6.800 Fälle pro 100.000 Einwohner verzeichnet wurden. Der aktuelle Bericht weist darauf hin, dass dieser Anstieg vor allem auf die Altersgruppe der Kinder bis 14 Jahre zurückzuführen ist, während die Zahlen bei Personen ab 15 Jahren weitgehend konstant blieben.
Bezüglich der Corona-Situation schätzt das RKI die Inzidenz auf etwa 600 Erkrankungen je 100.000 Einwohner. In den Laboren wurden bisher ungefähr 8.650 Corona-Fälle bestätigt, was einen leichten Rückgang gegenüber der Vorwoche darstellt, als circa 8.960 Fälle gemeldet wurden. Bei Patienten, die aufgrund schwerer Atemwegsinfektionen stationär behandelt werden mussten, wurde in 18 Prozent der Fälle eine Corona-Infektion nachgewiesen.
AMIRA möchte wissen: Spielt Corona in eurer täglichen Beratung eigentlich eine große Rolle? Wie äußert sich eure Kundschaft zum Thema Covid19 – besorgt, befreit, beflissen? Teilt uns eure Einschätzung in den Kommentaren mit!