Arzneimittel und Fahrtüchtigkeit: Was ist erlaubt und was nicht?
Viele Medikamente können die Fahrtüchtigkeit erheblich beeinflussen. Schätzungen der Deutschen Verkehrswacht zufolge wird etwa jeder vierte Verkehrsunfall direkt oder indirekt durch die Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln beeinflusst.
Besonders betroffen sind ZNS-wirksame Medikamente wie Benzodiazepine, Antihistaminika der ersten Generation, andere Hypnotika sowie Antipsychotika. Die Kombination solcher Arzneimittel und vor allem die gleichzeitige Einnahme von Alkohol kann die Fahrtüchtigkeit im Straßenverkehr stark beeinträchtigen.
Bei der Beratung in der Apotheke ist es wichtig, über die potenziellen Risiken aufzuklären und zu wissen, bei welchen Medikamentengruppen gesetzliche Bestimmungen gelten. Die bekannteste Substanz mit gesetzlichen Einschränkungen ist Alkohol (Ethanol). Dabei ist zu beachten, dass Ethanol nicht nur in Bier und Wein, sondern auch in Sirupen wie Iberogast oder Wick Hustensirup enthalten ist. In 20 Tropfen Iberogast sind 0,24 Gramm Alkohol enthalten. Für Fahranfänger in der Probezeit (zwei Jahre) und für Fahrer unter 21 Jahren gilt ein striktes Alkoholverbot. Ab einem Blutalkoholgehalt von 0,5 Promille liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, auch ohne auffälliges Fahrverhalten. Die Strafen hierfür sind hoch.
Anfall-Patienten sollten bzw. dürfen nicht fahren
Eine weitere Gruppe von Medikamenten mit gesetzlichen Verboten sind Antikonvulsiva. Die Fahrtauglichkeit bei Menschen mit Epilepsie ist streng geregelt und variiert je nach Art des Anfalls sowie der individuellen Anfallskontrolle. Hierbei wird zwischen zwei Gruppen unterschieden: Gruppe 1 umfasst Fahrer von PKW und Motorrädern, während Gruppe 2 für Fahrer von LKW und Bussen gilt.
Bei einem erstmaligen Anfall ohne Hinweise auf beginnende Epilepsie ist das Autofahren für sechs Monate ausgeschlossen. Handelt es sich hingegen um einen erstmaligen, provozierten Anfall mit einem vermeidbaren Auslöser, gilt für Gruppe 1 ein Fahrverbot von mindestens drei Monaten. Bei diagnostizierter Epilepsie besteht in der Regel keine Fahreignung. Eine Ausnahme kann jedoch gemacht werden, wenn die betroffene Person mindestens ein Jahr anfallsfrei ist, auch unter medikamentöser Therapie. Nach langjähriger Anfallsfreiheit kann die Fahreignung in Gruppe 1 nach sechs Monaten wiedererlangt werden, sofern kein erhöhtes Wiederholungsrisiko besteht. Besondere Regelungen gelten auch beim Absetzen einer antiepileptischen Therapie: Während der Reduzierung des letzten Medikaments sowie in den ersten drei Monaten nach vollständiger Absetzung besteht in Gruppe 1 keine Fahreignung.
Eine weitere Gruppe von Arzneimitteln sind Muskelrelaxantien. Nach der Einnahme von Methocarbamol (Ortoton), dessen Nebenwirkungen Benommenheit und Schwindel umfassen, sollte das Autofahren unterlassen werden. Auch nach einer Vollnarkose wird empfohlen, 24 Stunden lang kein Fahrzeug zu bedienen.
Antihistaminika der ersten Generation machen müde
Dies gilt auch für Psychopharmaka, einschließlich Benzodiazepinen, Hypnotika/Sedativa und verschiedenen Antidepressiva, einschließlich der „modernen“ SSRIs. Besonders Antihistaminika der ersten Generation wie Diphenhydramin (Vivinox) und Doxylamin (Schlafsterne) sowie Dimenhydrinat (Vomex) haben einen sedierenden Effekt. Alle Benzodiazepine, insbesondere langwirkende wie Diazepam und Flurazepam, können Muskelrelaxation und Schlafförderung bewirken und sollten nicht vor dem Autofahren eingenommen werden. Auch Z-Substanzen verursachen Sedierung und verminderte Konzentrationsfähigkeit. Bei unzureichender Schlafdauer erhöht sich das Risiko zusätzlich. Patienten sollten darauf hingewiesen werden, nicht am Straßenverkehr teilzunehmen, bis die Behandlung abgeschlossen ist oder die Reaktionsfähigkeit sichergestellt ist. Wegen möglicher Restwirkungen sollte diese Warnung auch am Morgen nach der Einnahme von Z-Substanzen beachtet werden.
Laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat dürfen akut erkrankte Personen mit Psychosen und Schizophrenien kein Auto fahren. Dies kann erst möglich werden, wenn eine längere Therapie mit gering dosierten und nicht dämpfend wirkenden Substanzen erfolgt ist, eine längere Zeit Beschwerdefreiheit besteht und keine Bewegungsstörungen feststellbar sind. Hierbei ist zu beachten, dass alle Neuroleptika Müdigkeit als Nebenwirkung haben. Die Auswirkungen von Arzneimitteln auf die Fahrtüchtigkeit sind nicht zu unterschätzen, weshalb die Aufklärung in der Apotheke über mögliche Risiken entscheidend ist.