„Haben Sie etwas zum Einschlafen?“ – gut beraten bei Insomnie
Knapp 20 Prozent der europäischen Bevölkerung leiden an einer Schlafstörung – darunter die Insomnie. Somit ist es nicht verwunderlich, dass in der Apotheke häufig nach „etwas zum Einschlafen“ gefragt wird.
Expert:innen unterscheiden bis zu 80 verschiedene Schlafstörungen. Die häufigsten sind zum Beispiel Ein- und Durchschlafstörungen (Insomnien), circadiane Rhythmusstörungen (Jetlag, Schichtarbeit etc.), aber auch schlafbezogene Bewegungsstörungen (z. B. Restless-Legs-Syndrom), verschiedene Formen von Tagesmüdigkeit (Hypersomnien), schlafbezogene Atmungsstörungen (z. B. Schlafapnoe-Syndrom, Schnarchen) oder sogenannte Parasomnien (Schlafwandeln, Albträume etc.) können auftreten. Schlafstörungen können ebenfalls die Nebenwirkung eines Arzneimittels sein.
Das hilft gegen Insomnie
Zwei Drittel aller Insomnien lassen sich mit nichtmedikamentösen Maßnahmen in den Griff kriegen. Allen voran steht eine gute Schlafhygiene. So sollte man so lange wie nötig, zu festen Zeiten und ausschließlich nachts schlafen. Kurze Nickerchen am Mittag sind kontraproduktiv. Abends sollten keine üppigen Mahlzeiten eingenommen werden und auf Alkohol sowie Koffein verzichtet werden. Auch ein kühles, gut gelüftetes Schlafzimmer und eine ruhige Abendgestaltung (kein Ausdauersport oder aufregendes Fernsehprogramm) tragen zu einem erholsamen Schlaf bei. Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training und Yoga sowie ein bewusster Gedankenstopp (bei wiederkehrenden, negativen Gedanken) helfen beim Einschlafen. Falls diese Maßnahmen nicht ausreichen, können kurzfristig schlaffördernde Mittel eingenommen werden.
Das gibt es in der Selbstmedikation
- Pflanzliche ArzneimittelPflanzliche Arzneimittel:
Baldrian, Hopfen, Melisse, Lavendel und Passionsblume sind schlaffördernd wirkende Heilpflanzen. Empfehlenswert ist die Einnahme in extrahierter Form als Tabletten oder Kapseln, da der Wirkstoffgehalt in den Teedrogen zu gering ist und die Wirksamkeit von Tees in Studien nicht ausreichend belegt ist. Dabei sind hoch dosierte Extrakte zu bevorzugen. Zu einem Gewöhnungseffekt kommt es nicht. Die Präparate können ohne Bedenken über längere Zeit eingenommen werden.
Beispiele: Baldriparan Stark für die Nacht (PharmaSGP), Baldrian-Dispert, Pascoflair Night Dragees (Pascoe), Sedacur forte (Schaper & Brümmer)
- Homöopathische Arzneimittel:
Einige Kund:innen möchten bei nervösen Schlafstörungen und Unruhezuständen homöopathische Arzneimitteln. In der Apotheke gibt es Komplexmittel in Form von Tropfen und Tabletten, die nach ärztlicher Rücksprache bereits bei Kindern unter zwölf Jahren angewendet werden können.
Beispiele: Neurexan (Heel), Calmvalera (Hevert)
- HH1H1-AntihistaminikaH1-Antihistaminika:
Die Wirkstoffe Diphenhydramin und Doxylamin haben eine schlaffördernde Wirkung, sie sollten maximal zwei Wochen eingenommen werden. Der Körper kann sich an die Substanzen gewöhnen, sodass sie nicht mehr ausreichend wirksam sind. Bei höherer Dosierung können Nebenwirkungen wie Schwindel, Benommenheit und Verwirrtheit auftreten. Daher sollten ältere Patient:innen auf diese Wirkstoffe – die übrigens auch auf der Priscus-Liste stehen – verzichten. Ebenfalls ist es wichtig, nach der Einnahme ins Bett zu gehen, da das Reaktionsvermögen beeinträchtigt wird und eine erhöhte Sturzgefahr besteht.
Beispiele: Vivinox Sleep Schlafdragees und Vivinox Sleep Schlaftabletten stark (Dr. Gerhard Mann Pharma), Halbmond-Tabletten (Cheplapharm), Betadorm-D (Recordati Pharma), Hoggar Night (Stada), Gittalun Trinktabletten (Hermes), Schlafsterne (Retorta)
- MelatoninMelatonin:
Das körpereigene Hormon Melatonin steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus. Als Gegenspieler des Stresshormons Cortisol signalisiert es dem Körper nach Ausschüttung, dass es Zeit zum Schlafen ist. Daher eignet es sich gut bei Schichtarbeit und Jetlag. Es fördert lediglich das Einschlafen (aber nur wenn ein Mangel an Melatonin ursächlich für die Insomnie ist) und nicht das Durchschlafen, da es innerhalb von einer Stunde wieder abgebaut wird.
In Deutschland gibt es lediglich zwei zugelassene, rezeptpflichtige Arzneimittel: Slenyto (Infectopharm) bei Kindern und Jugendlichen sowie Circadin (Medice) für Personen ab 55 Jahren. In diesen Formulierungen liegt Melatonin retardiert vor. Außerdem findet sich der Wirkstoff in vielen Nahrungsergänzungsmitteln und verschiedenen Darreichungsformen. Da es bisher keine Studien zur Langzeitanwendung gibt, sollten melatoninhaltige Präparate nur kurzfristig angewendet werden.
Beispiele: Wick ZzzQuil Gute Nacht (Wick Pharma), Cefanight Spray (Cefak), Orthomol nemuri Night Direktgranulat oder Heißgetränk (Orthomol), Oyono Nacht (Klosterfrau)