Was tun bei Blasenschwäche?
Ein Tabuthema, zu dem wir häufig befragt werden, ist die Blasenschwäche. Was kann man tun, wenn die nächste Toilette nicht mehr rechtzeitig erreicht werden kann? Können Medikamente helfen? Welche Hilfsmittel gibt es? Was können wir raten?
Was genau ist eine Blasenschwäche und welches sind die Ursachen?
Unter einer Blasenschwäche oder Harninkontinenz versteht man den unfreiwilligen Verlust von Harn bzw. Urin. Betroffene können wenig bis gar nicht mehr steuern. Aber auch häufiger Harndrang tagsüber oder auch nachts wird durch eine „schwache Blase“ bedingt.
Eine irreführende Bezeichnung, denn nicht die Blase an sich ist zu schwach, es sind die Blasenmuskulatur oder der Blasenschließmuskel. Weitere Ursachen können eine geschädigte Harnröhre oder ein zu schwacher Beckenboden sein. Auch Nervenschäden, Infektionen, anatomische Veränderungen im Becken, Hormonmangel oder Stoffwechselerkrankungen können zu einer Blasenschwäche führen.
Ebenso vielfältig wie die Ursachen sind die Symptome für eine Blasenschwäche. Daher ist es wichtig, die Symptome möglichst frühzeitig von einem Facharzt abklären zu lassen.
Wer ist betroffen?
Grundsätzlich kann eine Harninkontinenz jeden (be-)treffen. Frauen, Kinder und Männer jeder Altersstufe können von heute auf morgen eine Blasenschwäche entwickeln. Mit zunehmendem Alter nimmt die Inzidenz stark zu. Aufgrund ihrer Anatomie und der von Natur aus schwächeren Beckenbodenmuskulatur sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Auch die Belastung durch Geburtsprozesse und der niedrigere Östrogenspiegel nach den Wechseljahren begünstigen eine Blasenschwäche.
Laut der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) sind circa 40 Prozent der über 70-Jährigen in Deutschland von einer Inkontinenz betroffen. Grund dafür ist meist eine nachlassende Elastizität von Gewebe und Beckenboden, so dass die Organe des Bauchraumes (vor allem die Blase) nicht mehr optimal unterstützt werden. Aber auch bestimmte Erkrankungen (z. B. Erkrankung der Prostata bei Männern), altersbedingte Mobilitätseinschränkungen oder die Einnahme verschiedener Medikamente können für die Problematik verantwortlich sein.
Die häufigsten Gründe für eine Harninkontinenz im Kindesalter sind Gendefekte, angeborene Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen.
Formen und Schweregrade von Harninkontinenz
Je nachdem wie viel Urin ungewollt austritt, werden vier Schweregrade (leicht, mittel, schwer und sehr schwer) unterschieden. Von einer leichten Inkontinenz spricht man bereits, wenn eine betroffene Person zwischen den Toilettengängen den Urin nicht halten kann und nur ein paar Tröpfchen verliert, von einer sehr schweren Inkontinenz, wenn mehrmals am Tag ganze Blasenfüllungen unkontrolliert abgehen.
Es werden verschiedene Harninkontinenzformen unterschieden, denen auch unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen. Im Kindesalter werden die Kindliche Harninkontinenz und das nächtliche Bettnässen, die sog. Enuresis unterschieden. Bei einer sehr seltenen etraurethralen Inkontinenz tritt der Urin durch fehlgelegte oder fehlgebildete Gänge aus. Die häufigste Form bei Frauen ist eine Stress- oder Belastungsinkontinenz. Diese wird nicht durch psychischen Stress verursacht, sondern der Harnverlust wird durch körperliche Belastung ausgelöst, beispielsweise durch Niesen, Lachen, durch Sport oder durch Heben schwerer Gegenstände. Meist ist der Blasenschließmuskel zu schwach, um den Urin auch bei erhöhtem Druck im Bauchraum zuverlässig zurückzuhalten. Übergewicht kann ebenfalls zu einer Belastungsinkontinenz führen.
Bei einer Dranginkontinenz kommt es zum ungewollten Urinabgang infolge einer Speicherungsstörung der Blase. Betroffene spüren plötzlich einen unkontrollierbaren, überfallartigen Harndrang, obwohl die Blase nicht maximal gefüllt ist. Häufig wird die nächste Toilette nicht rechtzeitig erreicht. Betroffene müssen sehr häufig auf die Toilette, auch nachts. Die sogenannte Giggle- oder Lachinkontinenz ist eine Sonderform der Dranginkontinenz. Ausgelassenes Lachen führt zu einer nicht steuerbaren kompletten Blasenentleerung, obwohl vorher keinerlei Harndrang verspürt wurde. Diese ist selten und kommt hauptsächlich bei Kindern vor. Bei der überaktiven Blase (kurz ÜAB) oder auch Reizblase genannt, müssen Betroffene ihre Blase häufig entleeren, setzen aber nur kleine Mengen Urin ab.
Sowohl ein ausgeprägter Harndrang, als auch der ungewollte Urinverlust bei körperlicher Belastung tritt bei einer sogenannten Mischinkontinenz auf.
Bei der sogenannten Reflexinkontinenz oder neurogenen Blase werden die Hirnsignale (Nervenimpulse) auf ihrem Weg zur Blasenmuskulatur gestört oder unterbrochen, sodass die betroffene Person ihre Muskulatur nicht wie gewollt steuern kann. Die Blase entleert sich nicht gewollt, sondern durch Reflexe. Meist liegt eine Grunderkrankung wie zum Beispiel eine Rückenmarksverletzung, MS, ein Schlaganfall oder eine Demenz vor.
Liegt eine sogenannte Überlaufinkontinenz vor, kann trotz voller Blase nur tropfenweise Urin abgegeben werden. Dadurch bleiben große Mengen an Restharn in der Blase, sodass die Blase irgendwann überläuft. Ein kontinuierliches Harntröpfeln ist das Hauptsymptom.
Der nächtliche Harndrang bei Erwachsenen, die sog. Nykturie, kommt häufig im Alter vor. Betroffene müssen aufgrund eines starken Harndrangs mehrmals ihren Schlaf unterbrechen. Häufige Auslöser sind Erkrankungen wie Herzschwäche oder Diabetes sowie die Einnahme bestimmter Medikamente.
Behandlungsmöglichkeiten der Harninkontinenz
Wichtig ist eine ärztliche Abklärung der Symptome. Sowohl Hausarzt als auch Urologen, Gynäkologen oder Neurologen können helfen, in speziellen Kontinenz- oder Beckenbodenzentren sind alle Fachrichtungen miteinander vernetzt.
Primär ist natürlich die Grunderkrankung zu behandeln. Reicht das alleine nicht aus, kann vom Arzt eine multifaktorielle Therapie aus Physiotherapie mit Blasen- und Beckenbodentraining, Arzneitherapie, Verhaltenstherapie und/oder auch operativer Therapie begonnen werden.
In der Arzneitherapie gibt es wenig Evidenz für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Kürbiskernextrakte (z. B. Granufink® femina, Prosta oder Blase von Perrigo) können die Blasenfunktion bei Blasenschwäche stärken. Sie sollten über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.
Ärztlich verordnet werden je nach zugrundeliegender Ursache Arzneimittel zur Entspannung der verkrampften Beckenbodenmuskulatur, zur Erleichterung der Blasenentleerung, zur Behandlung einer Blasenentzündung oder zur Dämpfung einer überaktiven Blase.
Um den Betroffenen das Leben zu erleichtern und die Lebensqualität zu verbessern, gibt es verschiedenste Hilfsmittel, zum Beispiel aufsaugende (Inkontinenzvorlagen- und Slips), ableitende (Katheter, Urinalkondome), funktionell-anatomische (Pessare) und Toilettenhilfen (Haltegriffe, Sitzerhöhungen).
Es ist wichtig, den Betroffenen und/oder den Angehörigen alle Möglichkeiten (verschiedene Hilfsmittel und Hilfsmöglichkeiten) vorzustellen, um eine bestmögliche Versorgung und Therapie für die Betroffenen zu erzielen. Oft sind wir in der Apotheke die ersten Ansprechpartner.