Tabuthema Potenzstörungen: Können Pflanzenstoffe helfen?
Im Internet werden häufig „natürliche“ Potenzmittel angeboten. Ruck zuck geklickt und bestellt, ohne dass man vermeintlich peinliche Gespräche führen muss. Aber sind diese Mittel wirksam oder vielleicht sogar gefährlich?
Potenzstörungen, ein häufiges Problem bei Männern
Unter Potenzstörungen werden allgemein Sexualstörungen des Mannes zusammengefasst, dazu zählen Libidoverlust, Erektionsstörungen, Ejakulationsstörungen und die verminderte Zeugungsfähigkeit (Infertilität). Meistens leiden die Betroffenen unter einer erektilen Dysfunktion, also einer Unfähigkeit, für den Geschlechtsverkehr eine ausreichende Erektion des männlichen Gliedes aufzubauen oder aufrechtzuerhalten. Über 50 Prozent der Männer über 70 Jahre sind von dieser Störung betroffen. Oft wird Rat in der Apotheke gesucht. Die Kunden wollen einen Arztbesuch vermeiden und etwas „ohne Rezept“ haben, das ihr Problem schnell und diskret löst.
Ärztliche Abklärung – ein absolutes Muss
Auch wenn vielen ihre Potenzprobleme peinlich sind, sollte immer zu einem Arztbesuch geraten werden. Eine erektile Dysfunktion kann auf eine beginnende Arteriosklerose sein und damit auch ein wichtiges Frühwarnsymptom für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall, deren Vorboten sonst unentdeckt blieben.
Häufig kann auch eine benigne Prostatahyperplasie ursächlich sein. Auch zu niedrige Testosteronspiegel, die durch Tumore, Verletzungen an den Hoden oder Störungen der Testosteron- oder Spermienproduktion ausgelöst wird, können Potenzstörungen aller Art auslösen.
Die Ursachen können vielfältig sein und variieren von harmlos zu sehr gefährlich. Daher ist eine ärztliche Abklärung unausweichlich und es gehört sicherlich auch zu unseren Aufgaben in der Apotheke, den Kunden gut zuzureden und die Angst vor einem Arztbesuch zu nehmen.
Nach einer umfassenden Diagnosestellung wird der Arzt bzw. die Ärztin notwendige Therapien (z. B. Behandlung von Hypertonie, etc.) beginnen und anschließend auch ein geeignetes Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion verordnen. Meist werden sogenannte PDE-5 Hemmer wie Sildenafil, Vardenafil, Tadalafil oder Avanafil verordnet. Das Enzym PDE-5 (Phosphodiesterase-5) sorgt dafür, dass der Botenstoff cGMP abgebaut wird, der zur Erschlaffung der glatten Muskulatur in den Gefäßen des Penis führt. Wird es gehemmt, kommt es zu einer Durchblutung des Schwellkörpers und damit zu einer Erektion.
Gibt es auch etwas Pflanzliches oder Natürliches?
Es gibt Heilpflanzen, Lebensmittel oder Stoffe natürlichen Ursprungs die als potenzsteigernd gelten.
Die Aminosäure L-Arginin zeigte in einigen kleineren Studien, dass sie die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) fördert, was die Blutgefäße weitet und somit zu einer Erektion beitragen kann. Außerdem verbessert es generell die Funktion der Blutgefäße. Natürlich kommt L-Arginin in Fisch, Hülsenfrüchten und Nüssen vor.
Ginsengwurzel aus Korea gilt allgemein als Stärkungsmittel, das auch die erektile Funktion verbessern soll. Sie gilt als kreislaufanregend und fördert die Durchblutung des Penis. Die Studienlage ist bis jetzt allerdings eher dünn. Diabetiker sollten Ginsengwurzel nur mit äußerster Vorsicht als Potenzmittel einsetzen, da es häufig zu Wechselwirkungen mit den gängigen Antidiabetika kommen kann.
Maca-Wurzel aus den peruanischen Anden wird meist als Pulver angeboten. In Südamerika wird die Knolle als Heilmittel bei Angst, verringerter Konzentration sowie bei Leistungs- und Potenzproblemen eingesetzt. Vor allem Sportler berichten nach der Einnahme von zusätzlicher Energie. Inwieweit Maca auch als natürliches Potenzmittel wirkt, lässt sich mangels fehlender Forschung nicht genau beurteilen.
Bisher am besten untersucht wurde bis jetzt der pflanzliche Wirkstoff Yohimbin, der aus der Rinde und den Blättern des Yohimbenbaumes gewonnen wird. In Afrika trägt der Baum den Namen Potenzholz. Yohimbin wirkt über das zentrale Nervensystem und soll die Leistungsfähigkeit bei sexueller Aktivität verbessern, indem es die Muskelzellen des Schwellkörpers entspannt. Bei vielen Anwendern erhöht sich der Blutdruck und er Herzschlag beschleunigt sich. Yohimbin darf deshalb nicht bei Bluthochdruck sowie bei Behandlung mit Antidepressiva eingenommen werden.
Pulver aus spanischer Fliege ist bereits in geringer Konzentration giftig. Die Einnahme von Erd-Burzeldorn (lat. Tribulus terrestris) kann zu schweren Leber- und Nierenschäden führen. Hier gilt es, sehr vorsichtig zu sein und Produkte zu bevorzugen, die in Deutschland hergestellt wurden und bekannte Inhaltsstoffe enthalten. Arzneimittel mit pflanzlichen Wirkstoffen sind mangels Wirksamkeitsnachweis nicht im Handel.
Wie schon erwähnt, gerade im Internet wird Vieles angeboten und verbreitet. Regelmäßig werden Produkte vom Zoll beschlagnahmt, die als harmlose Power-Riegel o. Ä. „getarnt“, in Wirklichkeit aber gefährliche Cocktails aus Arzneimitteln, Extrakten und Substanzen mit teilweise haarsträubenden Inhaltsstoffen, Dosierungen oder Wirkstoffgehältern, sind. Immerhin hat es einen guten Grund, warum PDE-5-Hemmer verschreibungspflichtig sind.
Sonstige Maßnahmen
Änderungen des Lebensstils können ebenfalls eine Verbesserung von Potenzstörungen bewirken. Regelmäßiger Sport und Bewegung fördern unsere Gesundheit und insbesondere auch die Durchblutung. Übergewicht, Blutdruck und zu hohe Cholesterinwerte werden reguliert. Die Sauerstoffversorgung wird verbessert, auch im Gewebe der Schwellkörper und des Beckenbodens. Bereits 30 Minuten körperliche Aktivität am Tag sind ausreichend. Auch eine gesunde und vitaminreiche Ernährung, die reich an Flavonoiden ist, kann sich positiv auf die Potenz auswirken. Durch den Verzicht auf Alkohol und Rauchen verbessert sich die Durchblutung und die Gesundheit der Blutgefäße ebenfalls. Da Stress eine der Hauptursachen von Erektionsproblemen ist, kann ein gesundes Stressmanagement zu einer Besserung beitragen.
AMIRA fragt: Wie ist es in eurer Offizin – wie häufig werden „pflanzliche“ Mittel bzw. rezeptfreie Mittel gegen erektile Dysfunktion nachgefragt? Und wie heikel ist das Thema in der Beratung für dich? Schreibe deine Erfahrungen in die Kommentare.