Wochenrückblick: Entlastung für Apotheken, Ex-Lunapharm-Chefin muss in den Knast, Humaninsuline womöglich in Gefahr

Der neue ABDA-Chef nimmt die Politik vor der anstehenden Wahl in die Pflicht. Das Urteil im Lunapharm-Skandal steht fest. Der Krankenstand ist seit längerer Zeit mal wieder rückläufig. Mehr in unserem News-Rückblick.

ABDA fordert schnelle finanzielle Entlastung der Apotheken

Bei einer gesundheitspolitischen Podiumsdiskussion über die Zukunft der Apotheken im Berliner Apothekerhaus hat der neue ABDA-Präsident Thomas Preis am Donnerstag eine schnelle finanzielle Entlastung der Apotheken nach der Bundestagswahl gefordert. Apotheken erbrächten erhebliche Einsparungen für die Krankenkassen, während ihr Honorar seit 13 Jahren unverändert geblieben sei, so Preis. Er verlangte eine Soforthilfe durch ein Vorschaltgesetz. Die anwesenden Bundestagsabgeordneten reagierten unterschiedlich: Tino Sorge (CDU) sprach sich für eine schnelle Anpassung des Apothekenhonorars aus, Matthias Mieves (SPD) plädierte für eine dynamische Anpassung ähnlich der Ärztevergütung, während Andrew Ullmann (FDP) auf die Finanzierungsfrage hinwies. Einigkeit herrschte in der Kritik am Versandhandel. Mieves betonte die Überlegenheit stationärer Apotheken, während Sorge für gleiche Wettbewerbsbedingungen plädierte. Preis kritisierte unfaire Vorteile für Versandhändler, etwa mangelnde Temperaturkontrollen.

AMIRA fragt: Denkt ihr, dass sich die Situation der Apotheken nach der Wahl verbessern wird?

Drei Jahre Haft im Brandenburger Pharma-Skandal

Das Landgericht Potsdam hat die ehemalige Geschäftsführerin des Pharmaunternehmens Lunapharm wegen illegalen Handels mit Krebsmedikamenten zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen hat.

Nach Überzeugung des Gerichts importierte die Geschäftsführerin zwischen 2015 und 2018 Medikamente von einer griechischen Apotheke ohne Großhandelserlaubnis. Auch nach einem Verbot durch das Landesgesundheitsamt im Mai 2017 habe sie den Handel fortgesetzt. Die weiteren Lieferungen seien dabei über einen zypriotischen Großhändler verschleiert worden. Die Verurteilte hatte die Vorwürfe während des gesamten Verfahrens zurückgewiesen.

Neue Leitlinie zu Blutdruckzielwerten

Die neue ESC-Leitlinie senkt die systolischen Blutdruckzielwerte zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse. Der Blutdruck wird in drei Kategorien unterteilt, eine Therapieempfehlung erfolgt nach Risikobewertung. Zudem werden verstärkt Lebensstiländerungen wie Sport und höhere Kaliumzufuhr empfohlen. Die renale Denervation gilt nun als Option bei resistenter Hypertonie. Die Leitlinie nähert sich damit US-Standards an, was zur Verringerung von Verwirrungen und zur Schaffung eines globalen Konsenses beitragen soll.

Rheinland-Pfalz warnt vor Missbrauch von medizinischem Cannabis

Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) forderte jüngst eine Verschärfung der Regelungen für medizinisches Cannabis. Seit der Teillegalisierung im April 2024 und der Herausnahme aus dem Betäubungsmittelgesetz habe der Missbrauch über Internet-Plattformen deutlich zugenommen, erklärte der Minister. Hoch fordert daher, medizinisches Cannabis wieder dem Betäubungsmittelgesetz zu unterstellen, um der Bundesopiumstelle eine wirksame Kontrolle zu ermöglichen. Bekanntlich wird Cannabis seit der Gesetzesänderung zu medizinischen Zwecken per E-Rezept statt Betäubungsmittelrezept verordnet und unterliegt dem neuen Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG). Gesetzlich Versicherte haben bei schweren Erkrankungen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Cannabis-Versorgung.

Humaninsuline in Gefahr?

Die DEGAM warnt davor, dass Humaninsuline bald vom Markt verschwinden könnten, da sich Hersteller zurückzögen. Dadurch verliere die Diabetes-Therapie eine wichtige Option, da Insulinanaloga teurer seien und nicht für alle Patienten besser wirkten. Es könnte zudem ungeklärte Risiken geben. Die Politik müsse daher regulierend eingreifen, etwa durch Abnahmegarantien. Auch wenn wirtschaftliche Interessen dominierten, sei es wünschenswert, medizinethische Aspekte stärker zu berücksichtigen.

Pflegeversicherung verzeichnet Milliardendefizit – Experten warnen vor Finanzkrise

Die gesetzliche Pflegeversicherung in Deutschland steht vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Nach Angaben des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen beläuft sich das Defizit für 2024 voraussichtlich auf 1,55 Milliarden Euro. Trotz einer geplanten Beitragserhöhung um 0,2 Prozentpunkte zum 1. Januar 2025 wird die finanzielle Situation weiterhin als kritisch eingeschätzt. Verbandschefin Doris Pfeiffer bezeichnete die Lage als „sehr ernst“. Die beschlossene Beitragserhöhung werde lediglich ausreichen, um die Ausgabensteigerungen im laufenden Jahr zu decken. Für 2026 sei diese Maßnahme jedoch unzureichend. Besonders alarmierend: Erstmals könnten im Februar einzelne Pflegekassen Liquiditätshilfe aus einem Ausgleichsfonds benötigen. Für 2025 wird ein nahezu ausgeglichenes Ergebnis mit einem leichten Minus von 300 Millionen Euro prognostiziert. Der Verband fordert eine schnelle finanzielle Stabilisierung nach der kommenden Bundestagswahl. Ein endgültiger Finanzbericht für 2024 wird Mitte Februar erwartet.

Krankenstand in Deutschland wieder leicht rückläufig

Der Krankenstand bei deutschen Arbeitnehmern ist 2024 erstmals seit Jahren leicht gesunken. Nach Daten der Techniker Krankenkasse (TK) waren Beschäftigte durchschnittlich 19,1 Tage krankgeschrieben – ein Rückgang gegenüber dem Rekordwert von 19,4 Tagen im Vorjahr. Auch die DAK-Gesundheit verzeichnete einen Rückgang von 20 auf 19,7 Fehltage. Hauptursache für Krankschreibungen bleiben Atemwegserkrankungen wie grippale Infekte und Corona-Infektionen, wobei hier die Fehlzeiten deutlich zurückgingen. Bei psychischen Erkrankungen wurde hingegen ein leichter Anstieg verzeichnet. TK-Chef Jens Baas fordert, den Fokus auf Langzeiterkrankte zu richten, statt über kurzfristige Fehlzeiten zu diskutieren. DAK-Chef Andreas Storm warnt vor einer Misstrauensdebatte gegenüber kranken Mitarbeitern und bezeichnet den Rückgang als „erstes positives Signal“. Die jüngst aufgeflammte Diskussion um die Einführung von Karenztagen beim Krankenstand wurde von den Kassenvertretern kritisch gesehen. Stattdessen empfehlen sie verstärkte Präventionsmaßnahmen und betriebliches Gesundheitsmanagement. Der zuvor beobachtete sprunghafte Anstieg der Krankschreibungen seit 2021 wird teilweise auf die Einführung des elektronischen Meldeverfahrens zurückgeführt, das nun auch zuvor nicht erfasste Krankschreibungen registriert.

Krebstherapie: Deutlich bessere Heilungschancen für jüngere Menschen

Die Überlebenschancen bei Krebserkrankungen haben sich in den vergangenen 20 Jahren erheblich verbessert, besonders für jüngere Patienten. Wie das Statistische Bundesamt zum Weltkrebstag am 4. Februar schon in dieser Woche berichtete, sank die Zahl der Krebstoten bei unter 40-Jährigen um 32 Prozent, bei 40- bis 59-Jährigen um 26 Prozent. Insgesamt stieg die Zahl der krebsbedingten Todesfälle zwar auf 230.300 im Jahr 2023 – ein Plus von zehn Prozent gegenüber 2003. Dies sei jedoch hauptsächlich auf die alternde Bevölkerung zurückzuführen. Zu den Fortschritten haben laut Deutschem Krebsforschungszentrum verbesserte Früherkennung sowie neue Therapieformen wie zielgerichtete Medikamente und Immuntherapie beigetragen. Auch präventive Impfungen gegen HPV und Hepatitis B zeigen Wirkung. Krebs bleibt mit 22 Prozent aller Todesfälle die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Die häufigste krebsbedingte Todesursache war 2023 Lungen- und Bronchialkrebs mit 44.900 Fällen, die stark mit dem Tabakrauchen assoziiert ist.

Männer wachsen doppelt so stark wie Frauen

Wie ihr schon gemerkt habt, richten wir den Blick zuweilen auch mal über den Rand der Petrischale hinaus. Hier ist so eine Meldung: Eine internationale Forschergruppe hat herausgefunden, dass Männer im vergangenen Jahrhundert deutlich stärker an Größe und Gewicht zugelegt haben als Frauen. Laut der im Fachjournal „Biology Letters“ veröffentlichten Studie besteht ein klarer Zusammenhang zwischen steigendem Lebensstandard und Körpermaßen. Das Team um David Giofrè von der Universität Genua wertete WHO-Daten aus 69 Ländern sowie weitere Statistiken aus. Mit jedem Anstieg des Wohlstandsindikators HDI um 0,2 Punkte wuchsen Frauen im Durchschnitt um 1,7 Zentimeter und nahmen 2,7 Kilogramm zu. Männer legten hingegen 4 Zentimeter und 6,5 Kilogramm zu. Besonders deutlich zeigte sich der Unterschied in Großbritannien: Dort wuchsen Männer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast dreimal so stark wie Frauen. Als mögliche Erklärung vermuten die Wissenschaftler die weibliche Vorliebe für größere Männer.

AMIRA ist neugierig: Decken sich die Ergebnisse der Studie mit euren Beobachtungen bzw. Vorlieben? 😊