Warum wir unbedingt dankbarer sein sollten

Dankbarkeit droht auszusterben, findet die Apothekenspitzel:in. Sie spricht sich dafür aus, im Alltag etwas genauer hinzusehen und achtsamer zu sein.

Von leckeren Äpfeln während der Chemo


Der Apothekenalltag zeigt mir immer wieder, wie sehr ich vieles für selbstverständlich halte. Das größte Glück und Gut ist unsere Gesundheit, wie wir alle wissen, aber auch das geht im Alltagstrott mal unter. Doch mein Gesundheitsberuf erinnert mich regelmäßig daran. So wie das Beispiel einer Onkologie-Patientin, die letztens wieder in die Apotheke kam. An unser Gespräch erinnere ich mich häufig zurück – vor allem, wenn ich Äpfel sehe.

Nun, die sichtbar geschwächte ältere Frau erzählte mir, dass sie das Obst derzeit nicht essen könne, auch wenn sie es sich das sehr wünsche. „Ich würde gerne, aber ich kann nicht“, sagte sie. Bei dem Satz musste ich an manche Äpfel bei uns zu Hause denken, die in der Küche hin und wieder verschimmeln. Hintergrund war wohl die im Obst enthaltene Säure, die ihr während der Chemotherapie nicht guttut.

Des einen Freud, des anderen Leid

Eltern werden es nachvollziehen können: Wenn unser (gesundes) Kind uns fordert, Blödsinn macht oder eben sonstige unliebsame Dinge tut, sind wir auch mal wütend, gestresst und energielos. Inzwischen schätze ich das mehr als vorher … Klar stehe ich als Mutter auch unter Dauer-Strom, doch ich versuche meinen Ärger zu bändigen. Denn ich weiß: Manch eine(r) würde davon träumen!  
 
Ich habe eine Freundin, sie ist Apothekerin und kann aber ihren Job nicht mehr ausüben. Hat jemand mal darüber nachgedacht, wie es ist, nicht mehr seinem Traumjob nachgehen zu können? Es hat aber weniger mit ihr zu tun, sondern eher mit ihrem Kind. Seit der Geburt hat es nämlich eine unheilbare Krankheit und immer, wenn ich mal gestresst vom Mama-Alltag bin, muss ich an unser Gespräch denken. Vor allem wenn ich mal meckere, wie denn die Wohnung gerade aussieht, weil ich doch eben erst aufgeräumt habe. So als Beispiel.  
 
„Ich wünschte mir so sehr, dass mein Sohn die Deko vom Sideboard herunterwirft“ – so einen Wunsch hatte ich vorher noch nie in dieser Form gehört. Ihr Sohn kann nämlich nicht laufen und ist rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen. „Mein Kind ist jetzt meine Berufung“, sagte sie. Zu Tränen gerührt vertraute sie mir an, dass sie wohl nie wieder als Apothekerin arbeiten könne.

Wenn man sich selbst über unangenehme Gerüche freut

Kürzlich litt ich an einer Influenza, wodurch ich fast zwei Wochen lang nichts riechen und schmecken konnte. Abgesehen von dem schweren Krankheitsgefühl und den bekannten Symptomen habe ich zum ersten Mal darüber nachgedacht, wie wichtig denn Riech- und Geschmacksinn sind. Man isst nur, wenn man Hunger hat, hat keinen Spaß dabei und kann nichts genießen. Aber es geht auch ein wichtiges Alarmsystem damit verloren. Rauch, verdorbener Fisch oder verdorbene Milch – all das und mehr kannst du nicht riechen und dich nicht mehr auf deine Sinne verlassen. Der Alltag ist dadurch sehr negativ geprägt. 
 
Dass es dann Richtung Genesung ging, habe ich gemerkt, als ich mein Kind in den Arm genommen habe und von plötzlich aufsteigenden 💩-Dämpfen umgeben war. Wisst ihr, wie toll das war?! Ich war so froh darüber, dass es endlich bergauf ging und ich wieder riechen konnte! Im Alltagstrott hätte ich vorher nie gedacht, dass ich mich mal über solche Düfte freue.

Für mehr Dankbarkeit im Alltag

Dankbarkeit bringt zahlreiche Vorteile für unser Leben und Wohlbefinden mit sich. Sie hilft, den Fokus auf positive Aspekte des Lebens zu richten, was nachweislich das allgemeine Glücksgefühl und die Zufriedenheit steigert, aber auch soziale Bindungen stärkt, da Menschen sich geschätzt und anerkannt fühlen. Dies kann zu tieferen und erfüllenderen Beziehungen führen.

Wenn wir dankbarer sind, verbessert sich auch unsere psychische Gesundheit. Warum? Weil Dankbarkeit negative Emotionen wie Neid und Ärger reduziert und positive Emotionen wie Freude und Gelassenheit fördert. Dies kann auch stressreduzierend wirken. Wenn wir dankbarer leben, neigen wir auch dazu gesünder zu leben, sich besser zu ernähren und regelmäßiger Sport zu treiben. Dies kann zu einer besseren allgemeinen Gesundheit führen.  
 
Nicht zuletzt beobachtet man bei dankbaren Menschen eine erhöhte Resilienz, verbesserte Schlafqualität durch weniger negative Gedanken vor dem Schlafengehen und auch eine erhöhte Produktivität. Denn Dankbarkeit kann die Motivation und das Engagement steigern, was zu einer höheren Produktivität und besseren Leistung führt. Wir sehen, dass Dankbarkeit eine einfache, aber wirkungsvolle Praxis ist, die das Leben in vielerlei Hinsicht bereichern kann.