Tinkturen: Tröpfchen für Tröpfchen Wirkung erzeugen
Tinkturen haben eine lange Tradition in der Pharmazie und laufen uns immer wieder über den Weg. Wir sagen dir, wie sie hergestellt werden und welche Fertigpräparate im Apothekensortiment zu finden sind.
Tinktur stammt vom lateinischen Wort „tinctura“ ab, was so viel wie „das Färben“ bedeutet.Wenn uns in der Apotheke eine Tinktur begegnet, handelt es sich um eine farbige, meist bräunliche Flüssigkeit, die eigenartig riecht. Doch was hat es damit genau auf sich?
Tinkturen sind Bestandteile von Fertigarzneimitteln, die es als Säfte oder Tropfen auf dem Markt gibt. Sucht man im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur. 10.0), sind die Tinkturen in der Monographie der Extrakte zu finden. Die Definition des Arzneibuchs lautet genau: „Extrakte sind Zubereitungen von flüssiger (Fluidextrakte und Tinkturen), halbfester (zähflüssige Extrakte) oder fester Beschaffenheit (Trockenextrakte), die üblicherweise aus getrocknetem, pflanzlichem oder tierischem Material hergestellt werden."
Wie werden Extrakte hergestellt? Eine Tinktur ist ein aus organischen (tierischen oder pflanzlichen) oder anorganischen Grundstoffen hergestellter, flüssiger Extrakt. In der Regel wird ein Teil Droge mit 5 oder 10 Teilen Extraktionsmittel versetzt. Meist wird eine Ethanol-Wasser-Mischung als Auszugsmittel verwendet. Die Extraktion kann entweder durch Mazeration (lat. macerare auslaugen) oder durch Perkolation (lat. percolare → durchsickern) erfolgen.
Bei der Mazeration wird der Ausgangsstoff im Extraktionsmittel über einen bestimmten Zeitraum eingelegt, bei der Perkolation sickert bzw. läuft das Extraktionsmittel durch die Droge in einem Filter oder Sieb hindurch. Manchmal werden beide Verfahren miteinander kombiniert, aber es ist auch möglich, Trocken- oder Flüssigextrakte einfach in Alkohol zu lösen.
Unterschieden werden in der Fachsprache eine Tinctura simplex, die aus nur einem Grundstoff hergestellt wurde, sowie eine Tinctura composita, die aus mehreren Ausgangsstoffen „zusammengesetzt“ wurde.
Tinkturen in der Apotheke Je nachdem, wie viele Rezepturen und Defekturen in der Apotheke angefertigt werden, haben wir seltener oder öfter mit Tinkturen zu tun. Alle homöopathischen Globuli, Tabletten oder Dilutionen werden aus einer Urtinktur hergestellt, die potenziert und schließlich auf die Trägerarznei aufgebracht wird. Manche Urtinkturen werden auch direkt an den Kunden abgegeben, wie zum Beispiel die Thuja Ø von der DHU (PZN 02119857) die gegen Warzen verwendet wird, oder die verschiedensten Urtinkturen der Firma Ceres Heilmittel AG.
Aber auch in der allopathischen Medizin werden ab und an Tinkturen eingesetzt. Altbekannt ist Myrrhentinktur bei Entzündungen im Mund- und Rachenbereich. Pur angewendet brennt die Tinktur stark, sie wirkt aber gut adstringierend und heilungsfördernd. Ab und zu werden in der Apotheke Myrrhen Tinktur HETTERICH (PZN 03237665), Caelo Myrrhentinktur (PZN 03396145) oder Myrrhentinktur Hoffmann´s (PZN 00691122) verlangt.
Weiterhin gibt es Opiumtinktur, die als Betäubungsmittelmittel gelistet ist. Die eingestellte Tinktur gibt es als Rezepturarzneimittel, beispielsweise von Caelo (PZN 00517306) oder auch als Fertigarzneimittel unter dem Namen Dropizol (PZN 17535219) zu finden. 1 ml der Tinktur aus Papaver somniferum L Trockensaft (Rohopium) entsprechen dabei 10 mg Morphin.
Bei Einschlafproblemen, zur Beruhigung oder auch zur „Beduftung“ von Katzenspielzeug wird Baldriantinktur verwendet. Baldriantinktur HETTERICH (PZN 03180971), Caelo Baldriantinktur (PZN 03023875) oder Baldriantinktur Melival® (PZN 01846325) sind bekannte Zubereitungen.
Nur zur äußerlichen Anwendung kann bei stumpfen Verletzungen, Muskel- und Gelenkschmerzen und Entzündungen Arnikatinktur empfohlen werden. Arnika Tinktur HETTERICH (PZN 03060698), Caelo Arnikatinktur (PZN 11094783), Arnikatinktur Hoffmann´s® (PZN 0069118) oder Salus® Arnikatinktur (PZN 08815055) wirken entzündungshemmend, schmerzlindernd und desinfizierend.
Heute veraltet ist Jodtinktur (z. B. Jod Tinktur HETTERICH (PZN 03237398)), die früher zur Wunddesinfektion verwendet wurde. Da der enthaltene Alkohol sehr stark brannte, wird heute meist Povidon-Jod (enthalten u. a. in Betaisodona®, Braunol®) verwendet, da das Allergiepotential des enthaltenen Jods geringer und die Anwendung schmerzlos ist.
Ein Beispiel für eine heute gängige Tinctura composita ist das Fertigarzneimittel Phytodolor® Tinktur (PZN 07153853) von der Bayer Vital. Die Tinktur wird zur Behandlung schmerzhafter Beschwerden bei degenerativen und entzündlichen rheumatischen Erkrankungen eingesetzt und enthält Eschenrinde, Blätter und Rinde von der Zitterpappel und echtes Goldrutenkraut.
Welche Tinkturen gebt ihr in der Apotheke ab? Schreibt es uns doch in den Kommentaren!