Was ist eigentlich … eine Spinalkanalstenose?
Hin und wieder hören wir meist von der älteren Kundschaft, dass sie unter einer Spinalkanalstenose leidet. Was genau ist das? Wie können wir in der Apotheke weiterhelfen? AMIRA hat für dich genauer hingeschaut.
Wenn es immer enger wird ...
Unter einer Spinalkanalstenose versteht man eine Verengung (= Stenose) des Wirbelkanals (= Spinalkanal). Dieser wird von Knochen und Bändern umgeben, die das weiche Rückenmark und die Nervenfasern ähnlich wie ein Rohr schützen. Kommt es zu einer Engstelle, entsteht an dieser ein Druck auf das zentrale Nervensystem und alle darin verlaufenden Nerven.
Meist betrifft die Spinalkanalstenose ältere Menschen, sie ist vor allem eine typische degenerative Erkrankung und kommt bei jedem fünften über 60 Jahre vor. Frauen sind etwa im Verhältnis 3:1 häufiger betroffen als Männer. Je nach Lokalisation werden eine zervikale (im Halswirbelbereich), eine thorakale (im Brustwirbelbereich) und eine lumbale (im Lendenwirbelbereich) Spinalkanalstenose unterschieden.
Welche Symptome treten auf?
Alle Patient:innen mit Spinalkanalstenose haben starke Schmerzen sowie eine Schwäche und Probleme beim Gehen. Je nach Verengungsstelle können noch weitere spezifische Symptome hinzukommen. Beispielsweise haben Patient:innen mit zervikaler Stenose auch ausstrahlende Schmerzen, Lähmungserscheinungen und Sensibilitätsstörungen in den Armen. Zu Atemproblemen, Magen-Darm-Beschwerden, Schmerzen oder Taubheitsgefühlen im Brustbereich sowie Rückenschmerzen kann es bei thorakalen Stenosen kommen. Hingegen treten Rückenschmerzen, Beinschmerzen, Probleme beim Gehen und Stehen sowie eine Schwäche in den Beinen meist bei einer lumbalen Spinalkanalstenose im Lendenwirbelbereich auf.
Wo liegen die Ursachen?
Die sehr seltene primäre Spinalkanalstenose ist angeboren und tritt aufgrund anatomischer Gegebenheiten, wie Fehlbildungen oder Behinderungen auf, bei denen der Spinalkanal verengt ist. Eine erworbene, sekundäre Spinalkanalstenose hat altersbedingte Ursachen wie Verschleiß, körperliche Überlastung, Übergewicht, Bandscheibenvorfälle, chronisch-entzündliche Knochen oder Gelenkerkrankungen sowie Unfälle oder Stürze. Bei verschleißbedingten Veränderungen entstehen Knochenauswüchse an den Wirbelgelenken und Wirbelbögen, die den Wirbelkanal ganz erheblich einengen können.
Sonderfall: Bandscheibenvorfall
Bei einem Bandscheibenvorfall verliert der Bandscheibenkern vor allem bei Älteren deutlich an Dicke und rutscht aus seiner Hülle in den Spinalkanal. Die Wirbelkörper liegen nun näher zusammen und die abgerutschte Hülle wölbt sich vor und engt das Rückenmark ein. Die starke Belastung der Wirbelsäule bewirkt eine zunehmende Verknöcherung und gleichzeitig eine sogenannte ventrale Abstützreaktion. Dabei baut der Wirbelkörper seitlich zum Rückenmarkskanal zusätzlich Knochen an, um den erhöhten Druck auszugleichen. Dies führt zu einer Stenose im Spinalkanal, wodurch auch die umliegenden Nerven eingeengt werden (Nervenkompressionssyndrom). So kann ein Bandscheibenvorfall in eine Spinalkanalstenose münden.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Wurde eine Spinalkanalstenose mittels MRT (Kernspinthomographie) diagnostiziert, werden zunächst konservative Therapien, wie eine gezielte Physiotherapie sowie eine medikamentöse Schmerztherapie eingesetzt. So kann zwar eine voranschreitende, knöcherne Verengung nicht rückgängig gemacht werden, aber die meist verkümmerte Rücken- und Bauchmuskulatur wird trainiert, um den Rücken und speziell die Lendenwirbelsäule zu entlasten. Wird die Hohlkreuzposition der Wirbelsäule minimiert, weitet sich der Spinalkanal, wodurch die Nerven weniger eingeengt und der Schmerz reduziert werden.
Besonders wichtig ist die Stimulation der Tiefenmuskulatur. Die winzigen, sogenannten Musculi multifidii
verleihen der Wirbelsäule Stabilität und halten Knochen, Bandscheiben und Nerven an ihrer richtigen Position. Im Rahmen solcher Therapien sprechen Balance- und Vibrationstraining die Tiefenmuskulatur am besten an. Meist werden die Patient:innen dazu angeleitet, verschiedenste Übungen auch täglich zuhause durchzuführen, denn nur kontinuierliches Training stärkt die Muskulatur nachhaltig.
In der medikamentösen Therapie werden vor allem entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclofenac, Coxibe oder Metamizol eingesetzt. Aber auch Medikamente gegen Nervenschmerzen (Pregabalin, Gabapentin, etc.) und Muskelrelaxantien (z. B. Methocarbamol, Pridinol) werden häufig verordnet. Sind die Schmerzen nicht in den Griff zu bekommen, werden auch Opioide eingesetzt. Diese werden einzeln oder in Kombination nach dem WHO-Stufenschema verordnet.
Häufig wird auch eine Kombination aus Schmerzmittel und Kortikoiden direkt an die betroffene Nervenwurzel oder in den Rückenmarkskanal gespritzt. Die einzige ursächliche Therapie bietet nur eine Operation, bei der entweder eine Druckentlastung (Dekompression) und/oder eine Versteifung (Spondylodese) durchgeführt wird. Dies ist mit Risiken verbunden, allerdings konnten wissenschaftliche Studien zeigen, dass operierte Patient:innen über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren länger profitieren als konservativ Behandelte.
Was können wir in der Apotheke tun?
Rezeptfrei gibt es nicht viel, um derart starke Schmerzen zu lindern. Aber es ist unsere Aufgabe, zu den rezeptpflichtigen Arzneimitteln kompetent zu beraten. Vielen tut es gut, wenn Ihnen jemand einfach nur zuhört und ihre Sorgen, Ängste und Bedenken bezüglich der Erkrankung, Therapie oder eventuell auftretender Nebenwirkungen ernst nimmt. Manches davon kann im Beratungsgespräch ganz einfach geklärt werden. Auch mit einem offenen Ohr können wir unseren Kund:innen weiterhelfen. Das gilt vor allem dann, wenn Menschen mit dauerhaften Beschwerden an den genannten Wirbelsäulenabschnitten vorstellig werden und nach Hilfe suchen. Dann sollte ruhig die Empfehlung fallen, den Orthopäden bzw. die Orthopädin aufzusuchen und ausschließen zu lassen, dass es sich um eine Spinalkanalstenose handelt.
AMRIA fragt: Wie ist das bei euch in der Offizin: Gebt ihr viele Medikamente gegen dieses Krankheitsbild ab? Sind viele eurer Kund:innen betroffen oder kommt das Problem nicht so häufig vor?