In-Ears: Nützlich, doch nicht ohne Tücken
In-Ear-Kopfhörer können Infektionen und andere Ohrprobleme auslösen – das wird oft unterschätzt. Was du in der Apotheke Betroffenen raten solltest, liest du hier.
Ohrbeschwerden durch In-Ear-Kopfhörer
In-Ear-Kopfhörer sind aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Sie bieten Musikgenuss, Telefonkomfort und Diskretion. Doch was viele nicht wissen: Der längere oder unsachgemäße Gebrauch kann zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen im Ohr führen. In der Apotheke seid ihr oft die erste Anlaufstelle bei Beschwerden wie Juckreiz, Ohrenschmerzen oder auch einer Otitis externa. Ein guter Grund also, sich mit dem Thema genauer zu befassen.
Infektionen durch In-Ear-Kopfhörer
Eine der häufigsten Komplikationen im Zusammenhang mit In-Ear-Kopfhörern ist die Entzündung des äußeren Gehörgangs (Otitis externa). Studien zeigen, dass regelmäßige Nutzer deutlich häufiger davon betroffen sind als Personen, die keine In-Ears verwenden. Besonders auffällig ist die häufige Besiedlung mit Staphylococcus aureus (bei 45 % der Nutzer vs. 8,3 % der Nicht-Nutzer) und Pseudomonas aeruginosa (28,3 % vs. 4,2 %). Auch Mehrfachbesiedlungen mit verschiedenen Keimen wurden fast ausschließlich bei Kopfhörernutzern beobachtet.
Diese Keime gelangen meist über die Oberfläche der Kopfhörer in den Gehörgang, insbesondere wenn sie selten gereinigt oder – schlimmer noch – mit anderen Personen geteilt werden. Die Bildung von Biofilmen auf den Kopfhörern erschwert zudem die Reinigung und begünstigt ein dauerhaftes Bakterienreservoir. Ein Biofilm ist eine schleimige Schicht aus Bakterien, die sich an Oberflächen anheftet und dort besonders schwer zu entfernen ist.
Weitere Beschwerden und Risikofaktoren
Neben Infektionen treten auch andere Beschwerden wie Juckreiz, Druckgefühl, Schmerzen oder Hörminderungen bei In-Ear-Nutzern häufiger auf. In seltenen Fällen kann es sogar zu Knorpelschäden wie beispielsweise einer Chondrodermatitis nodularis kommen. Dabei handelt es sich um eine schmerzhafte, entzündliche Knötchenbildung an der Ohrmuschel, die meist durch chronischen Druck oder Reibung verursacht wird. Besonders betroffen sind laut Studien männliche Personen, jüngere Nutzer, Menschen mit längerer Anwendungsdauer über Jahre hinweg oder mit täglicher Tragedauer von mehr als zwei Stunden.
Ein weiteres Problem stellt der Cerumen-Stau dar: Die Kopfhörer drücken das Ohrenschmalz tiefer in den Gehörgang, was zu einem Pfropf, Hörverlust oder gar Tinnitus führen kann. Auch allergische Reaktionen auf Materialien wie Silikon sind nicht auszuschließen.
Beratungsansätze für euch in der Apotheke
Du kannst wertvolle Hinweise zur Prävention geben, vor allem, wenn Kunden wiederholt mit diffusen Ohrbeschwerden erscheinen. Frag sie einfach einmal, ob sie In-Ears nutzen, falls ja wie lange die Tragedauer ist, und vor allem, ob sie sie alleine verwenden. Wichtige Empfehlungen an deine Kundschaft sind in diesem Zusammenhang:
- Regelmäßige Reinigung der Kopfhörer mit einem geeigneten Desinfektionstuch oder -spray.
Verzicht auf das Teilen von Kopfhörern mit anderen Personen. - Tragepausen einlegen: Täglich mehrere Stunden ohne Kopfhörer lassen den Gehörgang auslüften und verhindern Feuchtigkeitsstau.
- Bei ersten Anzeichen wie Jucken, Rötung oder Schmerzen sollte der Gebrauch sofort reduziert oder eingestellt und bei stärkeren oder länger andauernden Beschwerden ggf. ein HNO-Arzt aufgesucht werden.
- Bei ständigem Ohrenschmalz-Stau keine Wattestäbchen empfehlen, sondern ein Ohrenspray, das den Pfropf sanft auflöst, oder eine Spülung mit warmem Wasser und geeigneten Hilfsmitteln. Gelöstes Ohrenschmalz sollte dann einfach mit einem weichen fusselfreien Tuch vorsichtig abgewischt werden, wenn es aus dem Gehörgang läuft.
Wann sollte ärztlicher Rat empfohlen werden?
In folgenden Fällen solltest du eine ärztliche Abklärung empfehlen:
- Verdacht auf akute Otitis externa mit Schmerzen, Ausfluss oder Fieber
- wiederholte Infektionen trotz Hygienemaßnahmen
- Verdacht auf allergische Reaktionen oder persistierende Hörminderung
Zusammenfassend können In-Ear-Kopfhörer gesundheitliche Folgen für das Ohr haben, wenn sie zu lange, zu oft oder unhygienisch verwendet werden. Die Apotheke spielt eine wichtige Rolle bei der Aufklärung, Prävention und Früherkennung von Kopfhörer-bedingten Ohrbeschwerden. Ein sensibilisiertes Beratungsteam kann helfen, Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität eurer Kundinnen und Kunden zu erhalten. Wie wäre es beispielsweise, ein entsprechendes Schaufenster kreativ zu gestalten, ganz nach dem Motto: „Leihen Sie uns ihr Ohr!?“