Apotheke 2035? Schon heute in Dänemark!
Eine Tätigkeit als Apotheker:in in Dänemark ist eine innovative Reise in die Apothekenlandschaft von Deutschland in vermutlich 10 Jahren. Für PTA gibt es allerdings erst Perspektiven nach einer Umschulung.
In unserer kleinen Auslandsserie werfen wir einen Blick über den Tellerrand und stellen vor, wie Kolleginnen und Kollegen im Ausland arbeiten. Den Anfang haben die Schweiz und Österreich gemacht. Heute kommt Teil III – diesmal berichten wir über Dänemark. Dazu haben wir mit der zugewanderten Apothekerin Franziska Wolther* aus Deutschland gesprochen, die in Dänemark eine Apotheke leitet. Sie gibt uns spannende Einblicke und berichtet von Unterschieden zum deutschen System.
Vorreiter in Digitalisierung und Gesundheitsversorgung
In Dänemark geht es im Vergleich zu vielen Ländern Europas vergleichweise innovativ und sozial zu. Das Land gilt in Europa als Vorreiter in Sachen Digitalisierung und Sozialleistungen. Im Apothekenbereich liegt Dänemark laut Experten rund zehn Jahre vor Deutschland. So ist hier seit 2005 das E-Rezept bereits etabliert, das vom Arzt bzw. von der Ärztin elektronisch in die Datenbank FMK „Fælles Medicinkort“ gestellt wird. Die Apotheken rufen das Rezept ab und Patient:innen können ihre Rezepte online über das Portal Sundhed.dk einsehen. Papierrezepte für Patient:innen sind daher in Dänemark eher die Ausnahme als die Regel.
Für Apothekenmitarbeitende aus Deutschland heißt dies, mit einem Gesundheitssystem konfrontiert zu werden, das höchste Qualität bietet. Nicht nur beim E-Rezept gilt Dänemark als pharmazeutisch in der EU fortschrittlichstes Land.
Auch hinsichtlich Sozialleistungen und Familienleistungen kann Dänemark als Vorzeigeland gelten, in dem Eltern von Kindergärten sogar Mittagsmahlzeiten-to-go vorbereitet bekommen und auch in den Ferien selbstverständlich ist, dass ihre Kinder bis abends betreut werden.
Beratung statt Rezeptur – Dänemarks Apotheken setzen andere Schwerpunkte
In Deutschland ist die Beratung zwar für das pahrmazeutische Personal Pflicht, sie wird in der Realität aber teilweise variabel gelebt: „In Dänemark ist die Beratungsrolle von Apotheker:innen und Farmakonomen (dänische Apothekenassistent:innen) gesetzlich sehr stark verankert. Hier wird selten variiert, sondern stets das Geforderte umgesetzt“, verdeutlicht die Apothekenleiterin Franziska Wolther. Dänische Apotheker:innen sind intensiv in die Beratung und Gesundheitsförderung eingebunden. Die Farmakonomen hingegen bringen vor allem ihre kaufmännische Expertise ein.
Noch ein Unterschied fällt der Apothekerin ins Auge. „In Deutschland ist die Rezepturherstellung fester Bestandteil von Apotheken, in Dänemark hingegen gibt es wohl unter fünf Apotheken, die noch Rezepturen herstellen – das enttäuscht manche Kolleg:innen aus Deutschland leider oft“, gibt Wolther zu bedenken. Die Herstellung übernimmt in der Regel eine der beiden großen Rezepturapotheken in Dänemark.
Ausbildung von Apotheker:innen etwas patientenorientierter
Grundsätzlich werden Apotheken in Dänemark privat geführt, sind aber streng staatlich reguliert, was weit über die deutsche Apothekenbetriebsordnung hinausgehen kann. Dänische „Farmaceuten“ geben ähnlich wie deutsche Apotheker:innen verschreibungspflichtige und rezeptfreie Präparate ab. Sie übernehmen dabei eine sehr umfängliche Beratung. Eine hohe Bedeutung kommt in Dänemark der Patientensicherheit und Qualitätssicherung nach. Als „Farmaceuten“ übernehmen die Apotheker:innen im Nachbarland oft Medikationsdurchsichten, Impfungen – wie gegen die Grippe – und Inhalationstrainings. Zudem ist es üblich, dass „Farmaceuten“ bei Gesundheitskampagnen mithelfen, etwa zur Raucherentwöhnung.
Dänischkenntnisse müssen von Apotheker:innen auf dem hohen Niveau B2-C1 nachgewiesen werden. Besser wäre C1. „Meiner Erfahrung nach genügt es nicht, das Dänische auf die leichte Schulter zu nehmen. Benötigt wird schon eine sehr gute Form des B2-Sprachzertifikats, um mit der Kundschaft auf hohem Niveau sprechen zu können“, sagt die Pharmazeutin einer Apotheke in Kopenhagen. Sie leitet seit Jahren neben hohem Kundenaufkommen noch Kolleginnen und Kollegen an.
Gehalt und Berufsanerkennung
In Dänemark verdienen Apotheker:innen durchschnittlich 5000 bis 6500 Euro, während es in Deutschland eher 4000 bis 4800 Euro Bruttoverdienst sind. Hierbei muss man jedoch einkalkulieren, dass man in einer 1-Zimmer-Wohnung in Dänemark oft mehr als 1200 Euro bezahlt und der Spitzensteuersatz bei 55 Prozent liegt (einkommensabhängige Progression). Doch auf der anderen Seite sparen sich dänische Bürger:innen die privaten Kosten für die Krankenkasse. Sie wird von den Sozialabgaben staatlicherseits organisiert.
Um als Apotheker:in aus Deutschland in Dänemark zu arbeiten gilt die EU-Berufsanerkennung nach RL 2005/36/EG. Insofern dürfte es bei üblichen Standards eines deutschen Pharmaziestudiums mit anschließender Apothekenpraxis keine Schwierigkeit werden, die Fähigkeiten anerkannt zu bekommen. Zuständig für die Berufsanerkennung ist das dänisches Gesundheitsamt („Sundhedsstyrelser “). Danach muss man sich noch als „Farmaceut“ in Dänemark registrieren lassen. Ohne die dänische Registrierung dürfen Apotheker:innen keine Medikamente abgeben.
Außerdem schließen „Farmaceuten“ noch eine Berufshaftpflichtversicherung ab und können hiernach in einer passenden Apotheke anfangen. Oft ist aber ein Nachweis eines Arbeitsvertrags Voraussetzung für staatliche Bewilligungen.
PTA-Pendant: Mehr Verantwortung, mehr Geld
Um in Dänemark als Farmakonom:in zu arbeiten, durchläuft man eine 3-jährige Ausbildung. Diese ist stärker kaufmännisch und beratungsorientiert. Die Berufsgruppe darf eigenständig beraten und Arzneimittel abgeben. Bei der Kundenbetreuung übernehmen Farmakonom:innen daher eine große Verantwortung. Sie dürfen auch viele pharmazeutische Dienstleistungen eigenständig durchführen. Die größeren Befugnisse spiegeln sich auch im Gehalt wider. Während PTA hierzulande als Einstiegsgehalt oft 2500 bis 3000 Euro verdienen, sind es in Dänemark eher 3300 bis 4000 Euro.
Um als PTA in Dänemark zu arbeiten, muss man es schaffen, in den dortigen Vergleichsberuf Farmakonom:in zu kommen. Es gibt aufgrund nicht-konformer Ausbildungswege auch kein Recht, dass die deutsche PTA-Ausbildung anerkannt wird. Daher ist eine Nachqualifizierung nötig. Es lässt sich eine Anpassungsqualifikation absolvieren und so eine individuell ähnliche Berufsreife erlangen. Zumindest eine Teilqualifizierung bisheriger Berufskenntnisse ist wahrscheinlich. Alternativ ist es vielleicht möglich, als Apothekenhelfer ohne volle Beratungskompetenz angestellt zu werden. Auch für „Farmaconomen“ ist mindestens das Sprachniveau B2 nachzuweisen.
*Die Gesprächpartnerin möchte anonym bleiben, daher haben wir den Namen geändert.