Wochenrückblick: Warken will Zuzahlungen anheben
Die Bundesapothekerkammer will Apotheken stärker in die Früherkennung einbinden, die Gesundheitsministerin plant eine pauschale Erhöhung der Zuzahlungen für Medikamente. Mehr liest du in unserer wöchentlichen Rückblende.
Apotheken als Präventionspartner: Bundesapothekerkammer fordert neue Aufgaben
Die Bundesapothekerkammer will Apotheken stärker in Prävention und Früherkennung einbinden – insbesondere bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ziel ist ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen, die selten ärztliche Praxen aufsuchen. Vorgeschlagen wird eine jährliche Messung von Risikofaktoren ab 18 Jahren sowie erweiterte Beratungen mit Blutwertanalysen ab 25, 40 und 50 Jahren. Auch Prävention tabakassoziierter Erkrankungen soll jährlich erfolgen. Diagnosen bleiben ärztliche Aufgabe, bei auffälligen Werten erfolgt eine Weiterleitung. Voraussetzung für die Umsetzung ist eine angemessene Honorierung.
Zuzahlung bei Medikamenten: Gesundheitsministerium sucht Sparmaßnahmen
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) erwägt eine pauschale Erhöhung der Zuzahlungen für Medikamente und Krankenhausaufenthalte um 50 %. Versicherte müssten künftig 15 % des Arzneimittelpreises zahlen, mindestens 7,50 Euro, maximal 15 Euro. Auch Klinikaufenthalte würden teurer: 15 Euro pro Tag statt bisher 10 Euro. Ziel ist es, Beitragssteigerungen zu vermeiden und das Defizit der GKV zu verringern, das 2024 bei 6,2 Mrd. Euro lag. Die Regelungen stammen aus 2004 und wurden seither nicht angepasst. Krankenkassen und SPD kritisieren die Pläne und fordern stattdessen echte Strukturreformen zur nachhaltigen Stabilisierung des Gesundheitssystems. „Frau Warken solle nicht den vermeintlich einfachen Weg über Leistungskürzungen, Privatisierungen und Belastung der Versicherten gehen“, so die SPD-Politikerin Dagmar Schmidt.
Hausärzt:innen für Dispensierrecht und Schutz vor Regressen
Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Westfalen-Lippe fordert das Recht zur Abgabe von Arzneimitteln in Notfällen, bei Hausbesuchen und akuten Erkrankungen. Auf der Delegiertenversammlung in Unna sprachen sich die Mitglieder zudem für eine Ausweitung des Dispensierrechts auf klar definierte Indikationen aus. Hintergrund ist die oft schwierige Versorgung in ländlichen Regionen. Gleichzeitig kritisiert der Verband die zunehmenden Regressforderungen der Krankenkassen und fordert eine Strafzahlung für unbegründete Fälle. Weitere Forderungen betreffen die Vergütung fachärztlich veranlasster Leistungen in Hausarztpraxen, die Abschaffung des Hausarztvermittlungsfalls sowie die Stärkung eines hausärztlich ausgerichteten Primärarztsystems.
„Der Mutschler“ bleibt – Pharmazie verliert prägende Stimme
Die Bundesapothekerkammer trauert um Professor Dr. Dr. Ernst Mutschler, der am 27. September verstorben ist. Der renommierte Pharmakologe prägte Generationen von Pharmaziestudierenden – nicht zuletzt durch das nach ihm benannte Standardwerk „Der Mutschler“. Nach Professuren in Mainz und Frankfurt leitete er bis 1997 das Pharmakologische Institut für Naturwissenschaftler an der Goethe-Universität. Mutschler war über 30 Jahre im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesapothekerkammer aktiv und gestaltete die pharmacon-Kongresse maßgeblich mit. Seine Doppelqualifikation als Apotheker und Arzt machte ihn zu einem herausragenden pharmazeutischen Generalisten. Die Apothekerschaft verliert mit ihm eine prägende Persönlichkeit.
Apotheken starten Impf-Aktionen in mehreren Bundesländern
Zum Start der Impfsaison 2025 initiieren Apotheken in acht Bundesländern (Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Hessen) seit dem 8. Oktober Impfaktionen gegen Grippe und Covid-19 – teils außerhalb regulärer Öffnungszeiten. Ziel ist es, Impflücken zu schließen und die Immunisierung zu verbessern. Im Vorjahr wurden über 200.000 Impfungen in Apotheken durchgeführt – ein Rekord. Laut forsa-Umfrage im Auftrag der ABDA zeigen 46 % der Befragten Impfbereitschaft in Apotheken, bei den unter 30-Jährigen sogar 59 %. Ein Drittel wünscht ein erweitertes Impfangebot. Die Aktionen sollen die niederschwellige Versorgung stärken und die Rolle der Apotheken im öffentlichen Gesundheitswesen weiter festigen.
Grafik: ABDA, 2025
Marktstudie zeigt: OTC-Potenzial bei E-Rezept bleibt ungenutzt
Eine aktuelle Marktstudie vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und Loge 8, einem Netzwerk an Dienstleistern im Gesundheitsmarkt, zeigt divergierende Einschätzungen zum Einfluss des E-Rezepts auf das OTC-Geschäft. Während 90 % der Apotheken keine Veränderung im Zusatzkaufverhalten sehen, gehen 70 % der OTC-Hersteller von einem Rückgang aus. Konsumenten bestätigen dies: 81 % (stationär) und 86 % (online) kaufen beim E-Rezept selten zusätzlich OTC-Produkte – ein deutlicher Rückgang gegenüber 2024. Apotheken berichten hingegen von häufigen Zusatzkäufen. Die Wahl des Einlösekanals bleibt stabil: 90 % bevorzugen die Vor-Ort-Apotheke, vor allem wegen Beratung und Vertrautheit. Online-Nutzer schätzen die Bequemlichkeit. Die Studie zeigt: OTC-Potenziale sind vorhanden, erfordern aber neue Ansätze in Beratung und Kooperation zwischen Industrie und Apotheken.
Kabinett zieht Konsequenzen: Versand von Medizinalcannabis künftig verboten
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch wie erwartet eine Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) beschlossen: Der Versand von Medizinalcannabis wird künftig verboten. Eine Erstverordnung ist nur nach persönlichem Arztkontakt möglich, Folgeverschreibungen erfordern mindestens einmal pro Jahr einen direkten Arzttermin. Hintergrund sind massive Importe (+400 %) seit 2024, die nicht mit einem Anstieg der GKV-Verordnungen korrelieren. Die Regierung sieht eine „bedenkliche Fehlentwicklung“ durch Online-Plattformen, die Rezepte ohne ärztliche Untersuchung ausstellen. Ziel ist eine klare Trennung zwischen medizinischem und Genusskonsum sowie eine gesicherte Versorgung bei schwerer Erkrankung. Gegen das Verbot laufen allerdings auch schon Petitionen. Die Petition unter dem Titel „Cannabis ist Medizin, stoppt das Verbot, schützt Patient:innen“ hat aktuell knapp 13.300 Unterzeichner. Sobald 50.000 Stimmen erreicht sind, soll sie offiziell beim Deutschen Bundestag eingereicht werden.
Großbrand zerstört PHOENIX-Vertriebszentrum in Freiburg – Versorgung gesichert
Ein verheerender Großbrand, dessen Ursache noch unklar ist, hat in der Vorwoche das PHOENIX Vertriebszentrum in Freiburg-Hochdorf vollständig zerstört. Auch weitere Unternehmen auf dem rund 60.000 Quadratmeter großen Gewerbeareal wurden schwer getroffen. Der Pharmagroßhändler teilte mit, dass durch den Großbrand rund 40.000 Medikamente verbrannt seien. Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Die Geschäftsführung war noch in der Nacht vor Ort, eine interne Taskforce koordinierte umgehend die Notfallmaßnahmen. Dank des engagierten Einsatzes der Mitarbeitenden, der Feuerwehr sowie der Unterstützung durch Kunden und Partner konnte die Arzneimittelversorgung in der Region bereits wieder aufgenommen werden. PHOENIX sprach allen Beteiligten großen Dank aus. Das Feuer wird von Einsatzkräften als eines der größten Brandereignisse in der Geschichte der Stadt bezeichnet. Der Gesamtschaden liegt Schätzungen zufolge bei mindestens 50 Millionen Euro.
Gesundheitsversorgung per Klick: Amazon startet Medikamenten-Kioske in den USA
Amazon erweitert mit den Pharmacy Kiosks sein Gesundheitsangebot: In Arztpraxen wie One Medical in Los Angeles können Patient:innen Medikamente direkt nach dem Arztbesuch am Kiosk abholen – Bestellung und Bezahlung erfolgen per App, die Ausgabe durch pharmazeutisches Personal. Ziel ist es, Versorgungslücken zu schließen und Therapietreue zu verbessern. Ein Drittel der US-Rezepte wird nie eingelöst. Amazon kombiniert Logistik, Technologie und Gesundheitsversorgung, um Diagnose, Rezept und Therapie effizient zu verknüpfen. Mit Amazon Pharmacy, One Medical und weiteren Diensten baut der Konzern ein umfassendes Gesundheitsökosystem auf – mit Potenzial zur Disruption und langfristiger Versorgung.