Reform-Versprechen: Warken plant PTA-Vertretung
Parallel zur expoharm findet derzeit der Deutsche Apothekertag statt. Der ABDA-Präsident nutzte die Bühne, um die Politik mit Nachdruck zu adressieren. Die Botschaften der Gesundheitsministerin kamen größtenteils gut an.
Gestern wurde der Deutsche Apothekertag (DAT) in Düsseldorf feierlich eröffnet – ein besonderer Anlass, denn die ABDA, die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. Nach einem Kurzfilm zu Beginn, der die Geschichte des Apothekenwesens in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg skizzierte, würdigte ABDA-Präsident Thomas Preis in seinem Lagebericht die historische Bedeutung des Verbandes als tragende Säule der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Vier ehemalige Präsidentinnen und Präsidenten waren anwesend, um das Jubiläum zu begehen und die aktuellen Herausforderungen zu diskutieren.
Preis betonte, dass 75 Jahre ABDA auch 75 Jahre Verantwortung für die Arzneimittelversorgung bedeuten. Doch die Stimmung in der Branche sei trotz leichter Verbesserung laut dem aktuellen Apothekenklima-Index weiterhin alarmierend. Die Zahl der Apotheken ist im ersten Halbjahr 2025 auf nur noch 16.803 gesunken – ein historischer Tiefstand. Die Folgen sind spürbar: Immer mehr Menschen müssen längere Wege zur nächsten Apotheke in Kauf nehmen, und über zehn Prozent der Bevölkerung berichten bereits von konkreten Versorgungslücken.
Preis schießt gegen Versandhandel: „Grundübel ist, dass er überhaupt erst zugelassen wurde“
Preis kritisierte die seit zwei Jahrzehnten unzureichende Honorierung und forderte zum wiederholten Male und mit Nachdruck eine nachhaltige wirtschaftliche Stärkung der Apotheken. Die Apothekerschaft sei bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen – etwa durch (weitere) pharmazeutische Dienstleistungen zur Entlastung der Arztpraxen. Doch Lieferengpässe und die Unzuverlässigkeit des E-Rezepts verursachten wöchentlich über 20 Stunden unbezahlte Mehrarbeit pro Apotheke.
Preis forderte von Gesundheitsministerin Nina Warken, die es sich nicht hatte nehmen lassen, persönlich auf dem DAT zu erscheinen (Anm. d. Red.: Vergangenes Jahr hatte sich Karl Lauterbach nur digital zugeschaltet), konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und zur Eindämmung des Versandhandels mit Arzneimitteln, der zunehmend gesetzeswidrig agiere und die Versorgung gefährde. Nach Möglichkeit solle er ganz verboten werden: „Das Grundübel ist, dass der Versandhandel überhaupt erst zugelassen wurde vor 20 Jahren. In den allermeisten europäischen Ländern gibt es keinen Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten.“
Ministerin Warken, die ebenfalls zum Auftakt sprach, bekannte sich klar zur Apotheke vor Ort als Garant für eine flächendeckende Versorgung. Sie versprach, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Reformen umzusetzen, darunter die Erhöhung des Packungsfixums auf 9,50 Euro, mit einem Korridor bis zu 11 Euro für Landapotheken. Allerdings seien aktuell keine Mittel vorhanden, um dies zeitnah umsetzen. Sie sprach davon, das Thema Anfang des Jahres als „Wiedervorlage“ zu legen. Weitere geplante Maßnahmen seien die Wiedereinführung handelsüblicher Skonti, die Flexibilisierung der Öffnungszeiten, die Abschaffung der Nullretaxation bei Formfehlern und die Erweiterung der Austauschmöglichkeiten bei Lieferengpässen.
Warken: „Werde mit Ihnen persönlich und nicht über die Medien sprechen“
Warken sprach sich zudem für eine Weiterentwicklung des Berufsbildes der Apotheker:innen aus. Sie sollen künftig stärker in die Früherkennung eingebunden werden und einfache diagnostische Tests durchführen dürfen. Auch die Weiterqualifizierung von PTA wurde angesprochen: Eine zweijährige berufsbegleitende Ausbildung soll es ermöglichen, Apotheken vertretungsweise zu leiten – ein Vorschlag, den Preis kritisch kommentierte. Er betonte, dass die Verantwortung für eine Apotheke nicht delegierbar sei und vergleichte dies mit der Qualifikation den Ärztinnen und Ärztinnen, die bei Durchführung von ärztlichen Tätigkeiten durch Assistentinnen ebenfalls vor Ort in ihrer Praxis sein müssten.
Trotz unterschiedlicher Positionen in Detailfragen war die Veranstaltung von einem konstruktiven Dialog geprägt. Preis lobte die Gesprächsbereitschaft der Ministerin und zeigte sich zuversichtlich, dass die angekündigten Reformen nun zügig umgesetzt werden. Die Apothekerschaft erwartet klare politische Signale – nicht nur zur wirtschaftlichen Stabilisierung, sondern auch zur Sicherung der Versorgungsqualität für die Bevölkerung.
Der größte Applaus unter den Anwesenden brandete auf, als die Ministerin erklärte, dass es ihr ein wichtiges Anliegen sei, „persönlich und nicht über Dritte oder die Medien“ mit der Apothekerschaft zu kommunizieren – ein klarer Seitenhieb gegen ihren Vorgänger Karl Lauterbach, der in seiner Amtszeit genau das mehrmals gemacht und damit für verärgerte Reaktionen gesorgt hatte.
AMIRA fragt: Wie findest du die Reformversprechen von der Bundesgesundheitsministerin? Was hältst du von einer Möglichkeit der zeitweisen Vertretung durch qualifizierte PTA? Schreibe deine Meinung in die Kommentare!