Kinderkrankheiten: Was zu tun ist bei Windpocken und Masern

Mumps, Masern, Windpocken, Röteln – einige Krankheiten sind als typische Kinderkrankheiten bekannt. Wir stellen dir die wichtigsten davon in den kommenden Wochen vor. Weißt du schon alles über Impfung, Therapie und Co.?

Masern: Keine reine Kinderkrankheit

Masern und Windpocken ähneln sich in ihrer Symptomatik, verlaufen jedoch mit unterschiedlicher Schwere, werden durch unterschiedliche Viren ausgelöst und bergen verschieden hohe Erkrankungsrisiken. Bei Masern (lat. Morbilli) handelt es sich um eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die längst keine reine Kinderkrankheit mehr ist. Neben Säuglingen und Kleinkindern erkranken auch immer mehr Jugendliche und Erwachsene – bei circa 10 bis 20% der Betroffenen treten Begleiterscheinungen oder Komplikationen auf.

Durch Impfungen sind die Fallzahlen in Deutschland stark zurückgegangen (um fast 80 %). Während Anfang der 90er Jahre noch 50.000 Fälle in Deutschland gemeldet wurden, waren es 2020 nur noch 76. Dennoch kommt es immer wieder zu Krankheitsausbrüchen bei ungeimpften bzw. ungeschützten Personen. In Deutschland gilt seit dem 1. März 2020 das Masernschutzgesetz. Alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr, alle Lehrer, Erzieher oder Betreuer sowie medizinisches Personal müssen bei Eintritt oder Beschäftigung in Schulen oder Betreuungseinrichtungen die von der STIKO empfohlenen zwei Masernimpfungen nachweisen.

Infektion mit Masern

Das Masernvirus gehört zur Familie der Paramyxoviren, kommt nur im Menschen vor und ist weltweit endemisch. Die Übertragung erfolgt über direkten Kontakt von Mensch zu Mensch oder über Tröpfcheninfektion (beim Husten, Niesen oder Sprechen). Aufgrund seiner hohen Infektiosität führt nahezu jeder Kontakt zwischen einer erkrankten und einer ungeschützten Person zu einer Ansteckung, selbst aus einigen Metern Entfernung. Drei bis fünf Tage vor dem Auftreten des Hautausschlages und bis zu vier Tage danach besteht akute Ansteckungsgefahr.

Masern: Symptome der Infektion

Eine Masernerkrankung geht mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes einher. Nach einer Inkubationszeit von acht bis zehn Tagen kommt es zu den ersten Krankheitszeichen. Beginnend mit einem grippeähnlichen Vorstadium mit Fieber, Husten, Schnupfen und Entzündungen im Nasen-Rachen-Raum sowie der Bindehäute geht die Erkrankung nach einigen Tagen in die Exanthemphase über. Auf der Mundschleimhaut treten die charakteristischen „Koplik-Flecken“ auf der Wangeninnenseite auf. Sie sehen aus wie weiße Kalkspritzer auf gerötetem Untergrund.

Nach einem weiteren, typischen Fieberanstieg und deutlich beeinträchtigtem Allgemeinbefinden beginnt hinter den Ohren ein hochroter, makulopapulöser Ausschlag, der sich über das Gesicht auf den gesamten Körper (bis auf Handflächen und Fußsohlen) ausbreitet. Nach dem Abklingen kommt es oft zu einer kleieartigen Schuppung der Haut. Masern können nur symptomatisch (hauptsächlich Fieber- und Schmerzmittel) behandelt werden, da es keine ursächliche Therapie gibt.

Gefürchtete Komplikationen

Während ungefähr zwei Drittel der Erkrankungen unkompliziert verlaufen, treten bei 10 bis 20 % der Infektionsfälle Begleiterscheinungen wie Durchfall, Mittelohr- oder Lungenentzündungen auf. Auch eine vorübergehende Immunschwäche, die über Jahre bestehen kann, wurde bereits beobachtet. Schlimmstenfalls kommt es einige Tage nach der Infektion zu einer lebensbedrohlichen Enzephalitis (bei 0,1 % der Erkrankten), die zu bleibenden Gehirnschäden oder zum Tod führen kann. Die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist eine schwere Gehirnentzündung, die erst durchschnittlich sechs bis acht Jahre nach der eigentlichen Masernerkrankung auftritt, zu einer fortschreitenden Entzündung des Nervensystems und damit zu psychischen wie physischen Auffälligkeiten führt und immer tödlich endet. Besonders häufig betroffen sind Kinder, die vor dem fünften, besonders aber im ersten Lebensjahr erkrankt waren. Ungefähr 0,004 bis 0,011 Prozent der an Masern Erkrankten entwickeln eine SSPE.

Therapie bei Masern

Es gibt keine Medikamente, die das Virus bekämpfen. Antibiotika kommen nur zum Einsatz, wenn es zur zusätzlichen Infektion mit Bakterien kommt und daraus beispielsweise Lungen- oder Mittelohrentzündungen entstehen. Die Einnahme von NSAR wie Ibuprofen und Acetylsalicylsäure (ASS) steht in Verdacht, das Risiko für schwerwiegende Komplikationen erhöhen zu können. Zur Behandlung von Fieber als begleitendes Symptom von Masern sollte Paracetamol bevorzugt verabreicht werden. Um die Symptome zu lindern sind weiterhin Bettruhe, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und bei krankheitsbedingter Lichtempfindlichkeit der Augen das Abdunkeln des Zimmers zu empfehlen.

Wie kann man sich schützen?

Die effektivste Methode, um sich vor Masern zu schützen, bietet eine zweimalige Impfung mit einem MMR (=Masern-Mumps-Röteln) Lebendimpfstoff. In Deutschland sind hierfür Priorix® von GlaxoSmithKline und M-M-RvaxPro® von Sanofi-Pasteur MSD zugelassen, sowie Priorix Tetra® (GSK) und ProQuad® (MSD) mit zusätzlicher Varizellen-Komponente. Die STIKO empfiehlt für Kinder die erste Impfung im Alter von 11 bis 14 Monaten und die zweite von 14 bis 23 Monaten. Für alle Erwachsenen, die nach 1970 geboren sind oder dessen Impfstatus unklar ist, wird eine einmalige Impfung empfohlen.

Für eine vollständige Ausrottung der Masern müsste eine Durchimpfungsrate von mindestens 95 % erzielt werden. Nur dann können durch eine Herdenimmunität auch Säuglinge, Kleinkinder oder chronisch Kranke geschützt werden, die nicht geimpft werden können.

Windpocken: Gefährlicher für Erwachsene

Bei Windpocken – auch Varizellen, Wasserpocken, Spitzblattern oder Schafblattern genannt – handelt es sich um eine weltweit endemische, hoch ansteckende Kinderkrankheit, für die das Varizella-Zoster-Virus verantwortlich ist. Meist erkranken ungeimpfte Kinder bis zehn Jahre, aber auch Jugendliche und Erwachsene können sich erstmalig infizieren. So gut wie jeder, der nicht geimpft ist, erkrankt im Laufe seines Lebens an Windpocken. Mit zunehmendem Alter steigt jedoch die Komplikationsrate.

Wie äußern sich die Windpocken?

Nach einer circa zweiwöchigen Inkubationszeit kommt es zu einem allgemeinen Krankheitsgefühl mit Abgeschlagenheit und leichtem Fieber. Am dritten bis fünften Krankheitstag tritt der charakteristische Hautausschlag auf. Im Gesicht und am Körperstamm bilden sich kleine rote Flecken, die sich innerhalb von Stunden zu flüssigkeitsgefüllten, stark juckenden Bläschen entwickeln. Oft steigt das Fieber bis zu 39 °C an. Im weiteren Verlauf breitet sich der Ausschlag innerhalb von drei bis fünf Tagen auf Arme, Beine, Kopfhaut, Mundschleimhaut und Genitalien aus, so dass nach und nach bis zu 500 Bläschen entstehen können. Nach circa ein bis zwei Tagen platzen diese auf und verkrusten schließlich. Meist haben ältere Erkrankte mehr Bläschen als Jüngere, die Krankheit dauert länger und auch das Krankheitsgefühl ist meist schlimmer. Erst wenn die letzte Windpocke verkrustet ist, besteht keine Ansteckungsgefahr mehr.

Gefürchtete Komplikationen

Bei Kindern ist die Erkrankung zwar unangenehm, aber meistens harmlos. Infiziert sich jedoch eine Schwangere erstmalig oder ein Neugeborenes in den ersten Lebenstagen, so können ernsthafte Komplikationen entstehen. Im ersten oder zweiten Trimenon kann im Falle einer Übertragung ein fetales Varizellensyndrom auftreten. Dies führt möglicherweise beim Fötus zu Fehlbildungen an Haut, Augen oder Skelett. Auch das Abortrisiko ist erhöht. Erfolgt eine Ansteckung des Kindes kurz vor oder nach der Geburt, kann die Erkrankung ohne antivirale Therapie absolut lebensgefährlich für das Neugeborene werden.

Auch wenn Erwachsene erkranken, besteht ein höheres Risiko für komplizierte Verläufe. Bakterielle Superinfektionen der geschädigten Haut, Lungenentzündungen, Schädigungen des Nervensystems (wie Koordinationsstörungen, Lähmungen, Epilepsien) oder auch Gehirnentzündungen können in seltenen Fällen auftreten.

Nicht zu vergessen ist das Risiko, in späteren Jahren (meist ab 55 bis 60 Jahren) an Gürtelrose zu erkranken. Nach der Windpockeninfektion wird das Varizellavirus nicht aus dem Körper eliminiert, sondern zieht sich in die Spinalganglien entlang der Wirbelsäule zurück. Ist das Immunsystem geschwächt, können die Viren reaktiviert werden und lösen entlang dieser Nervenbahnen einen typischen gürtelartigen, teilweise sehr schmerzhaften und juckenden Ausschlag aus. Wird hier nicht schnell und richtig behandelt, drohen chronische Neuralgien. Seit Mai 2018 gibt es den Totimpfstoff Shingrix® von GSK zur Vorbeugung von Gürtelrose und postherpetischer Neuralgie. Dieser wird zweimalig im Abstand von zwei bis sechs Monaten verabreicht.

Therapie bei Windpocken

Bei leichten Krankheitsverläufen wird meist nur symptomatisch behandelt. Paracetamol oder Ibuprofen senken zuverlässig das Fieber. Zur Juckreizlinderung helfen kühlende Umschläge, Antihistaminika (Fenistil® Tropfen oder Fenistil® Dragees von GSK), adstringierende Lotionen mit Lokalanaesthetika (Anaesthesulf® von Infectopharm), Zinksalbe oder gerbstoffhaltige Bäder oder Lotionen (Tannolact® von Galderma oder Tannosynt® von Almirall). Um die Bildung von Narben nach Abheilen der Windpocken abzubremsen, kann eine Behandlung mit spezieller Narbenpflege (Bepanthen® Sensiderm von Bayer oder Contractubex® Gel von Merz) sinnvoll sein.

Wie kann man sich schützen?

Durch eine zweimalige Impfung kann man sich zuverlässig vor Windpocken schützen. In der Regel besteht eine lebenslange Immunität. Die STIKO empfiehlt die erste Impfung zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat sowie vier bis sechs Wochen nach der Impfung eine zweite Teilimpfung. Die Lebendimpfstoffe Varivax® von MSD sowie Varilrix® von GSK sind gut verträglich und nebenwirkungsarm. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit einer Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken mit den Imfpstoffen Priorix Tetra® von GSK und ProQuad® von MSD.