ASS, Diclofenac und Naproxen – OTC-Analgetika im Vergleich

Der Rücken zwickt, der Nacken beißt, die Knie knacken - in solchen Fällen kommen ASS, Diclofenac und Naproxen zum Einsatz. Wir rufen noch einmal in Erinnerung, wodurch die einzelnen Wirkstoffe sich auszeichnen – in Teil II unserer OTC-Schmerzmittel-Serie.

ASS

Hinter dem wohl weltweit bekanntesten Arzneimittel Aspirin® verbirgt sich die Acetylsalicylsäure (ASS), die im Labor des damaligen Farbenherstellers Bayer erstmals 1897 in größerer Menge und chemischer Reinheit synthetisiert wurde. Als „Entdecker“ gilt nach wie vor der Bayer-Chemiker Felix Hoffmann. Der Wirkstoff war schon vorher für seine fiebersenkenden Eigenschaften bekannt, konnte im 19. Jahrhundert jedoch nur schwer und in geringer Menge hergestellt werden. Insofern war der von Hoffmann gefundene Syntheseweg der Startschuss für die weltweite Verbreitung des Wirkstoffs, der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1977 als unentbehrliches Arzneimittel gelistet wird. ASS gehört zu den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und unterdrückt die Prostaglandinsynthese, indem es die Cyclooxygenasen (COX) 1 und 2 irreversibel hemmt. Durch Hemmung der COX-1 kommt es zu einer thrombozytenaggregationshemmenden Wirkung in niedriger Dosierung (30 bis 50 mg). In höherer Dosierung (0,5 bis 2 g) wirkt ASS durch Hemmung von COX-1 und 2 schmerzstillend, antirheumatisch, antipyretisch und schließlich auch entzündungshemmend. Da Prostaglandine die Magenschleimproduktion und die Schleimhaut- und Nierendurchblutung positiv beeinflussen, kann es durch längere und hochdosierte Einnahme zu Magenbeschwerden und sogar Blutungen sowie zu Nierenschäden kommen. Durch eine rektale oder intravenöse Applikation kann diese Nebenwirkung nicht verhindert werden.

ASS gibt es in vielen verschiedenen Arzneiformen (Tabletten, Brausetabletten, Direktgranulat, Kautabletten, Filmtabletten, Retardtabletten, Infusionslösungen, Suppositorien) und kann ab einem Alter von zwölf Jahren bei Kopf-, Glieder-, Regel- und Zahnschmerzen gegeben werden. Da es auch fiebersenkend wirkt, ist es alleine oder als Kombipräparat (z. B. mit Ascorbinsäure, Pseudoephedrin, etc.) bei Erkältungsbeschwerden geeignet.

Zur Vorbeugung durch arterielle Thromben ausgelöster kardiovaskulärer Ereignisse wird es niedrig dosiert (meist 100 mg/Tag) eingesetzt. Nicht angewendet werden darf ASS aufgrund seiner gerinnungshemmenden Wirkung zur Unterdrückung des Wundschmerzes nach Operationen oder vor geplanten Eingriffen sowie in Kombination mit anderen Gerinnungshemmern.

Kontraindiziert ist der Wirkstoff bei bestehenden Magen-Darm-Geschwüren, Herz-, Leber- und/oder Niereninsuffizienz, Asthma sowie bei Überempfindlichkeit gegen ASS. Bei Kindern unter zwölf Jahren sowie im letzten Schwangerschaftsdrittel darf es unter keinen Umständen gegeben werden. Des Weiteren sollte ASS nicht mit anderen Schmerzmitteln aus der Gruppe der NSAR eingenommen werden, da sich das Risiko für Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt erhöht. Durch gleichzeitige Einnahme von Ibuprofen wird die kardioprotektive Wirkung von ASS aufgehoben. Hier lohnt sich definitiv immer der Wechselwirkungscheck.

Diclofenac

Ebenfalls zur Gruppe der NSAR gehörend hemmt Diclofenac die Prostaglandinsynthese und wirkt somit schmerzlindernd, entzündungshemmend und fiebersenkend. Der Arzneistoff reichert sich im Gewebe mit akuter Entzündungsreaktion an und wirkt daher langanhaltend bei Schmerzen und Entzündungen des Bewegungsapparates (Muskel-, Sehnen- und Gelenkschmerzen), aber auch bei Migräne oder Regelschmerzen.

Oft wird Diclofenac langfristig zur Behandlung von Arthrose, Arthritis, Gicht oder Schmerzen nach Operationen und Verletzungen gegeben. Aufgrund der gastrointestinalen Nebenwirkungen (siehe bei ASS) sollte möglichst frühzeitig ein Magenschutzmittel (z.B. Protonenpumpenhemmer) parallel gegeben werden.

Der Arzneistoff wird oft topisch in Form von Gelen, Salben oder Sprays angewendet, da man bei lokalen Schmerzen schnell einen hohen Wirkspiegel an Ort- und Stelle erreichen kann. Je nach Stärke dürfen die Produkte zwei bis viermal täglich angewendet werden, doch maximal für drei Wochen. Aber auch in Form von Trinktabletten, Tabletten, Flüssigkapseln, Zäpfchen oder Augentropfen ist der Arzneistoff im Handel. Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren können Tabletten mit 25 mg bis zu dreimal täglich bei leichten bis mäßig starken Schmerzen einnehmen, allerdings nicht länger als drei Tage hintereinander. Bei chronischen Schmerzen können vom Arzt retardierte Arzneiformen oder wirkstoffhaltige Pflaster verordnet werden um langanhaltende und gleichmäßige Wirkspiegel zu erzielen. Hauptsächlich bei oraler Einnahme kommt es zu gastrointestinalen Nebenwirkungen. Wird das Arzneimittel nach dem Essen eingenommen, ist die Verträglichkeit meist besser. Bei topischen Arzneiformen kommt es selten zu lokalen Hautreizungen.

Kontraindikationen: Grundsätzlich sollte Diclofenac nicht mit anderen NSAR kombiniert werden. Bei bestehenden Magen-Darm-Geschwüren, Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, bei Herz-, Leber- und/oder Niereninsuffizienz, Blutbildungsstörungen und der Schaufensterkrankheit ist der Wirkstoff kontraindiziert. Nach längerer, hochdosierter Diclofenac-Einnahme erhöht sich für Risikopatient:innen (Menschen mit Diabetes, Hypertonie) die Wahrscheinlichkeit einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Bei Asthma, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und in der Schwangerschaft darf es nur nach ärztlicher Rücksprache und strenger Indikationsstellung in Ausnahmefällen angewendet werden. Auch hier sollte ein Wechselwirkungscheck durchgeführt werden, da Diclofenac ein hohes Interaktionspotential mit diversen Arzneistoffen hat.

Naproxen

Auch Naproxen gehört zur Gruppe der NSAR und hemmt COX-1 und 2 (siehe ASS und Diclofenac). Seit 1999 ist es in Deutschland zugelassen. Es ist ein entzündungshemmendes, fiebersenkendes Schmerzmittel, das sich durch seine langanhaltende Wirkdauer von bis zu zwölf Stunden auszeichnet. Diese kommt durch die Anreicherung des Wirkstoffes im entzündeten Gewebe zustande. Es kann bei Entzündungen und Schwellungen jeglicher Art, Gelenkschmerzen, Regelschmerzen, Arthrose, Rheuma, nach Zahnextraktionen oder Operationen sowie bei akutem Gichtanfall eingesetzt werden – im Gegensatz zu Diclofenac auch bei bestehenden Herz-Kreislauf-Risiken.

Chemisch gesehen ist Naproxen dem Ibuprofen sehr ähnlich, allerdings hat es eine sehr lange Plasmahalbwertzeit. Aufgrund dieser Eigenschaft kommt es auch häufiger zu stärkeren Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall sowie Magen- und Darmgeschwüre. Erwachsene und Kinder ab zwölf Jahren nehmen bis zu 750 mg in zwei bis drei Einzelgaben ein. Dies entspricht einer Tablette mit 250 mg Naproxen alle acht bis zwölf Stunden. Für kleinere Kinder oder in höherer Dosierung kann der Wirkstoff ärztlich verordnet werden. Naproxen sollte nach dem Essen eingenommen werden, bei starken Schmerzen erzielt man durch einen Nüchtern-Einnahme eine schnellere Wirkung.

Kontraindikationen: Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, bestehenden Magen-Darm-Blutungen, Blutgerinnungsstörungen, schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen sowie Herzinsuffizienz ist Naproxen kontraindiziert. Mit oralen Antikoagulantien, Digoxin, Phenytoin und Glucocorticoiden kommt es zu Interaktionen. Naproxen hebt ebenfalls die kardioprotektive Wirkung von ASS auf.

 

Auch zu diesen Wirkstoffen fragt AMIRA euch: Habt ihr Lieblinge? Und wenn ja, warum? Teilt uns eure Erfahrungen in den Kommentaren mit!