Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Risikofaktoren & Prävention
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In den Industrienationen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigsten Todesursachen. Welche Faktoren sind dafür verantwortlich und wie kann man kardiovaskulären Erkrankungen vorbeugen? Hier findest du eine Übersicht.
Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ebenso die Herzinsuffizienz sind schwere Erkrankungen, deren Behandlung ausschließlich in der Hand des Arztes liegt. Das gilt auch für die Hyperlipoproteinämie und die Hypertonie. Dem Arzt steht für die Therapie ein breites Spektrum hochwirksamer Arzneistoffe zur Verfügung. Eine Selbstmedikation im engeren Sinn ist bei den meisten Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht vertretbar. Allenfalls im Frühstadium können mit pflanzlichen Präparaten wie Weißdorn oder Knoblauch positive Effekte erzielt werden. Manche Präparate können – in Rücksprache mit dem Arzt – eine sinnvolle Ergänzung der Therapie sein. Nur in den seltensten Fällen ist eine Herzinsuffizienz oder KHK eine Erkrankung, die plötzlich auftritt. Meist entwickelt sie sich langsam. Risikofaktoren bestehen über Jahre und Jahrzehnte, bis es schließlich zum Herzversagen kommt. Apotheker und PTA können im Beratungsgespräch wichtige Tipps für eine herzgesunde Lebensführung geben.
Koronare Herzkrankheit
Die KHK beruht auf sklerotischen Veränderungen der Herzkranzgefäße, die zu einer schlechten Sauerstoffversorgung des Myokards führen. Diese ist abhängig vom Gefäßquerschnitt und -tonus der Koronarien, von der Blutviskosität und der Zeitdauer der Diastole. Denn nur wenn der Druck in den Herzkammern abnimmt, fließt das Blut in die Herzkranzgefäße. Das Herzmuskelgewebe kann bei erhöhtem Sauerstoffbedarf nicht wie anderes Muskelgewebe die Sauerstoffaufnahme erhöhen. Denn es extrahiert bereits unter Ruhebedingungen über 70 % des vorhandenen Sauerstoffes aus dem Blut.
Arteriosklerotische Schäden der Arterien führen zur Bildung von Plaques. Dies sind Ablagerungen in der Gefäß- wand, die aus einem von Bindegewebe und Kalk ummantelten Fettkern bestehen. Durch Entzündungsprozesse ausgelöst, können die Plaques aufbrechen und sich entleeren. Die Blutplättchen bilden dann einen Thrombus zur Abdichtung der Rissstelle. Dieser jedoch kann den Verschluss der Koronarie bewirken und damit einen akuten Herzinfarkt verursachen (Abbildung 13.1). Dabei kann es je nach Lokalisation und Ausdehnung innerhalb von Sekunden zum plötzlichen Herztod kommen. Arteriosklerotische Plaques können allerdings auch über Jahre stabil bleiben.
Risikofaktoren für die KHK
Zahlreiche Risikofaktoren können das Entstehen einer KHK fördern. Nicht beeinflussbar sind erbliche Faktoren, das Geschlecht (Männer sind gefährdeter) und das Alter. Als beeinflussbare Risikofaktoren gelten:
- Rauchen
- Bewegungsmangel
- Psychosoziale Belastung, z. B. Stress, Depression
- Bluthochdruck
- Übergewicht
- Hyperlipidämien
- Diabetes mellitus Typ 2 und seine Vorstufen.
Das Gesamtrisiko ist umso höher, je mehr Risikofaktoren bei einer Person vorliegen. Personen mit zwei Risikofaktoren erleiden dreimal, solche mit drei Risikofaktoren bereits zehnmal häufiger einen Myokardinfarkt als z. B. Nichtraucher mit normalen Cholesterinwerten und normalem Blutdruck.
Als zusätzliche Risikofaktoren werden Menopause, hohe Fibrinogenwerte und ein erhöhter Homocysteinspiegel diskutiert.
Eine KHK kann lange symptomlos bleiben, sodass sie vom Patienten nicht erkannt wird. Klagen jedoch Männer im mittleren Lebensalter oder jüngere Raucherinnen mit hormoneller Kontrazeption über gelegentliche Schmerzattacken, die an Angina pectoris denken lassen, oder nächtliche Dyspnoe, so sollten sie dringend an einen Arzt verwiesen werden.
Menschen mit stabiler Angina pectoris sollen als Notfallmedikament immer ein Nitroglycerin-Präparat mit sich führen (Rp!).
Präventionsmaßnahmen
An erster Stelle der Prävention steht die Veränderung des Lebensstils, um bestehende kardiovaskuläre Risikofaktoren einzudämmen. Damit ist vor allem gemeint: Normalisierung des Körpergewichts, eine »herzgesunde« Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und Nichtrauchen. Hypertonie, erhöhte Blutfettwerte und Diabetes mellitus Typ 2 müssen adäquat behandelt werden, wenn nicht bereits durch die Umstellung des Lebensstils eine ausreichende Besserung erreicht wurde.
Acetylsalicylsäure (ASS) verhindert in den Blutplättchen die Bildung von Thromboxan A2, das die Aggregation der Thrombozyten induziert. Im Gefäßendothel unterbindet ASS die Prostazyklin-Synthese, die die Plättchenaggregation inhibiert. Für die Primär- und Sekundär-Prophylaxe hat sich ASS in vielen großen Studien bewährt. Bei stabiler KHK werden in der Regel 100 mg ASS pro Tag empfohlen. Sie sind ausreichend wirksam bei relativ geringer Neben- wirkungsrate (Magen-Darm-Blutungen). Für die Dauerprophylaxe besser geeignet sind ASS-Retardpräparate oder magensaftresistent überzogene ASS-Tabletten. Bei Kontraindikation sollten die Patienten Clopidogrel erhalten.
Herzgesunde Ernährung
Die Ernährung spielt eine zentrale Rolle in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Früher wurde grundsätzlich empfohlen, sich fettarm zu ernähren. Heute weiß man, dass nicht die Fettmenge allein, sondern vor allem die Art der Fettsäuren für den Gesundheitswert der Kost entscheidend ist (Abbildung 13.2). Denn die verschiedenen Fettsäuren beeinflussen die Blutfettwerte unterschiedlich. Gesättigte Fettsäuren erhöhen das schädliche LDL-Cholesterin. Deswegen sollte ihr Anteil in der Ernährung möglichst gering sein. International übereinstimmend wird heute empfohlen, die Aufnahme an gesättigten Fettsäuren, die derzeit in Deutschland bei etwa 15 % der Gesamtenergie liegt, auf weniger als 10 % zu reduzieren.
Die Zufuhr an Transfettsäuren sollte möglichst gering sein, denn diese haben nachteilige Wirkungen auf die Serumlipide. Sie führen zu einem Anstieg des Gesamt- und LDL-Cholesterins sowie zu einer Senkung des HDL-Cholesterins. Transfettsäuren kommen in der Ernährung überwiegend in Produkten vor, die mit gehärteten Fetten hergestellt werden, beispielsweise Gebäck, Kartoffelknabberprodukte, frittierte Erzeugnisse und Fertiggerichte. Durch veränderte Produktionsverfahren enthält Margarine dagegen heute kaum noch Transfettsäuren.
Monoensäuren (wichtigster Vertreter: Ölsäure, C18:1) senken das Gesamt- und LDL-Cholesterin signifikant. Aufgrund weiterer günstiger Wirkungen sollen Monoensäuren den Hauptanteil der Gesamtfettzufuhr ausmachen und bis zu 15 % der Energie liefern. Gute Quellen sind Raps- und Olivenöl.
Des Weiteren wird eine erhöhte Aufnahme an Omega-3-Fettsäuren empfohlen. Dazu gehören a-Linolensäure (C18:3; ALA), Eicosapentaensäure (C20:5; EPA) und Docosahexaensäure (C22:6; DHA). Für EPA und DHA ist nachgewiesen, dass sie bei Hypertriglyzeridämie die Serumtriglyzeride senken. Des Weiteren entfalten sie spezielle Wirkungen im Stoffwechsel der Eicosanoide (Thromboxane, Prostaglandine, Leukotriene). In erster Linie hemmen die aus Omega-3-Fettsäuren gebildeten Eicosanoide entzündliche Pro- zesse, beeinflussen die Blutgerinnung durch eine Verminderung der Plättchenadhäsion und -aggregation und wirken vasodilatatorisch. Die Folgen sind eine verringerte Thromboseneigung, eine Verlängerung der Blutungszeit und eine Blutdrucksenkung.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren kann unser Organismus nicht selbst herstellen, er muss sie wie Vitamine mit der Nahrung zuführen, sie sind »essenziell«. Eine gute Quelle für Omega-3-Fettsäuren ist fetter Seefisch wie Lachs und Hering.
Neben den Omega-3-Fettsäuren spielen die Omega-6-Fettsäuren in unserer Nahrung eine Rolle. Nachteilig für den Lipidstoffwechsel ist, dass es zu einer gesteigerten Lipidperoxidation kommen kann, wenn zu viele dieser mehrfach ungesättigten Fettsäuren über die Nahrung auf- genommen werden. Deswegen wird heute empfohlen, dass nicht mehr als 7–8 % der Energie mit Polyensäuren zugeführt werden sollten. Das wünschenswerte Verhältnis von n-6 zu n-3 wird mit ca. 5:1 angegeben.
Somit geht es in der Ernährungsberatung heute nicht mehr um eine pauschale Reduzierung der Fettzufuhr, sondern vielmehr um eine gezielte Modifizierung der Zusammensetzung.
In der Pathogenese der Arteriosklerose spielt die Oxidation von Membranlipiden und Lipoproteinen eine Rolle. Sie führt zu Veränderungen der Oberflächenstruktur, zu funktionellen Störungen und morphologischen Veränderungen und trägt auf diese Weise u. a. zur endothelialen Dysfunktion bei. Eine ausreichende Zufuhr von Antioxidanzien ist daher von großer Bedeutung. Epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Ernährung, die reich an Vitamin C, E und b-Carotin ist, mit einer deutlich geringeren Häufigkeit von Herzinfarkten einhergeht.
Die Bedeutung der Folsäure in der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen scheint durch ihren Einfluss auf den Homocysteinspiegel begründet zu sein. Homocystein entsteht im Organismus aus Methionin und wird normalerweise rasch wieder zu diesem remethyliert oder zu Cystein abgebaut. Für diese Stoffwechselvorgänge werden die Vitamine Folsäure, Pyridoxin (B6) und Cobalamin (B12) benötigt. Eine unzureichende Versorgung mit diesen Vitaminen, allen voran Folsäure, führt zum Anstieg des Homocysteinblutspiegels. Erhöhte Homocysteinspiegel aber gehen mit einem erhöhten KHK-Risiko einher. Als mögliche atherogene Effekte des Homocysteins werden u. a. eine Endothelschädigung, eine Förderung der LDL-Oxidation und eine verstärkte Thromboseneigung diskutiert.
Ein reichlicher Verzehr von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten kann auch unter diesen Gesichtspunkten nur dringend empfohlen werden. Er sorgt nicht nur für die Zufuhr einer Vielzahl von Antioxidantien und Ballaststoffen, sondern auch von Folsäure.
Senkung erhöhter Blutfettwerte
Erhöhte LDL- und erniedrigte HDL-Cholesterinkonzentrationen im Blut sind bedeutende Risikofaktoren für eine KHK. Krankhaft erhöhte Blutcholesterinspiegel beruhen größtenteils auf einem genetischen Defekt.
Die Bedeutung des in der Nahrung enthaltenen Cholesterins für die Blutfettwerte wurde lange Zeit überschätzt. Die Leber produziert selbst täglich 1–2 g dieser lebens- wichtigen Substanz. Etwa 500 mg nehmen wir über die Nahrung auf, von denen etwa 50 % resorbiert werden. Gesunde Menschen verfügen über einen Regelmechanismus, der die körpereigene Produktion an die zugeführte Menge anpasst. Rein rechnerisch erhöhen 100 mg Nahrungscholesterin den Blutcholesterinspiegel im Durchschnitt um etwa 2 mg/dl. Eine strenge cholesterinreduzierte Diät senkt den Cholesterinspiegel auf Dauer nur um etwa 10 %.
Bei Patienten mit ernährungsbedingt erhöhtem Cholesterinspiegel sollte der Fokus weniger darauf gelegt werden, das Nahrungscholesterin zu reduzieren, sondern insgesamt den Fettanteil der Energiezufuhr auf 30 % zu beschränken und auf eine gute Fettqualität (Fettsäuremuster! s. o.) zu achten. Die Fettsäuren können die Blutfettwerte positiv beeinflussen. Empfehlenswert ist auch ein hoher Ballaststoffanteil in der Kost. Ballaststoffe tragen zur Senkung der Blutcholesterinwerte bei, indem sie das Cholesterin im Darm binden und so dem enterohepatischen Kreislauf entziehen.
Fleisch ist grundsätzlich erlaubt, sollte aber von sichtbarem Fett befreit sein. Auf besonders fette Teilstücke wie Lammkotelett, Entenkeule oder Schweinbauch etc. sollte der Patient verzichten, ebenso auf Innereien.
Da fast alle Wurstsorten relativ viel Fett enthalten, sollte man auf Schinken ohne Fettrand, Roastbeef, Bündnerfleisch etc. ausweichen. Bei den Milchprodukten sind solche mit geringerem Fettgehalt zu bevorzugen.
Knoblauch (Allium sativum) wurde in den letzten Jahr- zehnten intensiv untersucht. Dabei konnten eine Hem- mung der Thrombozytenaggregation, eine Steigerung der fibrinolytischen Aktivität und positive Wirkungen auf die Rheologie des Blutes sowie auf den Cholesterin- und Triglyceridspiegel nachgewiesen werden. Dies begründet den Einsatz von Knoblauchzubereitungen zur Prävention arteriosklerotischer Gefäßveränderungen. Voraussetzung ist allerdings, dass mit der Medikation frühzeitig begonnen wird. Bereits eingetretene pathologische Veränderungen der Gefäßstrukturen können nicht mehr behoben werden. Die Knoblauchzubereitungen, die in Apotheken und Dro- geriemärkten vertrieben werden, sind sehr unterschiedlich in ihrer Zusammensetzung.
Stabilisiertes, standardisiertes Knoblauchpulver enthält das noch intakte Enzym Alliinase. Vermutlich wandelt es Alliin (Prodrug) bei der Magen-Darm-Passage in Allicin und weitere Folgeprodukte um (Abbildung 13.3). Dadurch entstehen etwa die gleichen Wirkstoffe wie beim Verzehr von frischen Knoblauchzehen.
Knoblauchöl (Ölmazerat) enthält nur die Fermentations- produkte des Alliins, z. B. Ajoene, 2- und 3-Dithiin, Allylsulfide. Ätherisches Knoblauchöl enthält vor allem die aus Alliin und Allicin durch enzymatischen und Hitzeabbau entstandenen Diallyldi- und -trisulfide.
Weitere nützliche Informationen findest du im medizinisch-pharmazeutischen Leitfaden "Beratung aktiv Selbstmedikation".