Kinderkrankheiten: Die perfekte Beratung bei Scharlach und Mumps

Gegen Scharlach kann, im Gegensatz zu anderen sogenannten Kinderkrankheiten wie beispielsweise Mumps, nicht geimpft werden. Weißt du, woran dies liegt und wie du deine Kund:innen trotzdem optimal beraten kannst?

Scharlach: Keine einmalige Sache

Die Erkrankung entsteht dann, wenn infektiöse A-Streptokokken sogenannte Scharlachtoxine bilden. Dies kann als Folge eines Befalls mit lysogenen Bakteriophagen – also mit Viren passieren. Derartige Viren haben sich darauf spezialisiert, Bakterien zu infizieren. Die Streptokokken haben das virale Genom zunächst integriert, es kommt dabei nicht zu einer unmittelbaren Lyse der Bakterienzelle selbst. Das führt dann zu einer sogenannten Konversion. Die infizierten Bakterienzellen erhalten durch das Virengenom neue Eigenschaften und werden dadurch pathogen. Erst nach dieser “lysogenen Konversion” können sie das Scharlachtoxin bilden, das die Krankheit auslöst. Diese Toxine lösen im Menschen eine massive T-Zellantwort aus. Die infizierten Bakterienzellen erhalten durch das Virusgenom neue Eigenschaften und werden so pathogen.

Die Familie der Streptokokken ist sehr artenreich und umfasst viele verschiedene Spezies (alleine von den A-Streptokokken existieren über 80 verschiedene Serotypen), die teilweise auch in der physiologischen Darm-, Mund-, Vaginal-, und Rachenflora vorkommen. Sie sind – zumindest bei immunkompetenten Patienten – normalerweise unbedenklich. Streptococcus lactis wird sogar in der milchverarbeitenden Industrie zur Reifung von Käse eingesetzt. Das erklärt zweierlei: Einmal, warum ein Nachweis von Streptokokken durch einen Abstrich nichts darüber aussagt, ob man an Scharlach leidet – denn Streptokokken alleine lösen kein Scharlach aus, sondern nur, wenn sie selbst von Bakteriophagen befallen sind. Zweitens: Warum es so schwierig ist dagegen eine Impfung zu entwickeln, denn man müsste gegen sehr viele verschiedene Virenspezies, beziehungsweise deren Serotypen, immunisieren.

Wie oft kann man sich mit Scharlach anstecken?

Nach einer Erkrankung besteht tatsächlich eine Immunität – allerdings nur gegen das jeweilige Toxin, das die Erkrankung ausgelöst hat. Da es mehrere unterschiedliche  Toxine gibt (die wichtigsten sind dabei SPE-A, -B und -C) kann man also dennoch mehrfach an Scharlach erkranken, und nicht nur ein einziges Mal, wie man es von vielen anderen Kinderkrankheiten her kennt. Zudem ist noch nicht vollständig erforscht, wie lange eine solche Immunität anhält. Die Erreger sind weltweit verbreitet, viele Menschen sind Träger der Scharlacherreger, ohne aber selbst daran erkrankt zu sein. So können sie die Erreger an andere Personen weitergeben. Auch kommt es so auf natürlichem Wege durch Interaktion mit infizierten Personen zu einem Booster-Effekt, der das Immunsystem bei der Bekämpfung der Viren unterstützt.

Infektion und Symptomatik

Durch eine Tröpfcheninfektion gelangen die Erreger in den Rachenraum. Sie haben eine Inkubationszeit von zwei bis fünf Tagen. Dann beginnen die ersten Symptome (Prodromalphase) mit teilweise hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und einer eitrigen Mandel- und Rachenentzündung (Seitenstrangangina). Manche Patienten klagen auch über Magenschmerzen oder Übelkeit. Erst 24 bis 48 Stunden später zeigt sich ein knotig-fleckiger Hautausschlag mit dicht beieinanderstehenden, tiefroten, etwa stecknadelkopfgroßen und leicht tastbaren Quaddeln. Diese beginnen üblicherweise im Hals- und Nackenbereich und dem oberen Rücken und breiten sich dann auf den Rumpf, die Arme, Beine und das Gesicht aus. Besonders ausgeprägt finden sie sich an den Achseln und in der Leistengegend, wobei das Mund-Kinn-Dreieck freibleibt – die sogenannte periorale Blässe. Auch die Handflächen und Fußsohlen bleiben vom Ausschlag unberührt. Wenn der Ausschlag nach dem Abklingen der Erkrankung verschwindet, schält sich die Haut an diesen Stellen oft. Auch die Schleimhäute – insbesondere die Mundschleimhaut – sind häufig von einem Ausschlag betroffen und dunkelrot. Dadurch leidet der Patient zusätzlich unter Schluckbeschwerden. 

Charakteristisch sind die Veränderungen der Zunge im Laufe der Erkrankung. So sieht man zu Beginn erst einen weißlichen Belag, der später im Verlauf verschwindet. Die Zunge wirkt dann etwas geschwollen und färbt sich intensiv rot. Man nennt dieses für Scharlach typische Phänomen auch “Himbeerzunge”. Scharlach gehört in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Paragraf 34 des Infektionsschutzgesetzes besagt, dass sich Personen, die an Scharlach erkrankt sind oder bei denen ein Verdacht auf Scharlach besteht, nicht in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten, Kindergärten, Schulen, Kantinen oder im Hort aufhalten dürfen. 

Scharlach: Therapie

Wird die Diagnose Scharlach vom Arzt oder der Ärztin gestellt, dann wird ein Antibiotikum verordnet. Hier können Penicillin, Amoxicillin, Ampicillin, Cephalosporine oder Erythromycin je nach Verträglichkeit durch das Kind in Frage kommen. Primär wird Penicillin zur Therapie verwendet und oral oder parenteral verabreicht. Aufgrund der häufig vorkommenden Schluckbeschwerden und dem meist geringen Alter des Kindes steht meistens außerdem ein Trockensaft auf dem Rezept. Hier solltest du den Eltern bei der Abgabe in der Apotheke entweder ganz genau beschreiben, wie dieser herzustellen ist, oder ihn direkt selbst anfertigen. Die Fehlerquote ist  sehr hoch, wenn er von Laien zubereitet wird. Du hilfst den Eltern auch, indem du die Einnahmespritze an der Stelle markierst, bis zu der sie gefüllt werden muss. Weise sie dann noch einmal direkt darauf hin, dass es sich um eine Suspension handelt, die vor jeder Einnahme kräftig geschüttelt werden muss. Das Schütteln sorgt dafür, dass die festen Partikel im Saft optimal verteilt sind und es weder zu Über- noch zu Unterdosierungen kommt. 

Mögliche Komplikationen

Wird ein Antibiotikum eingenommen, dann ist der Patient normalerweise bereits 24 Stunden später nicht mehr ansteckend, und Komplikationen und Folgeerkrankungen treten durch die Einnahme deutlich seltener auf. Ganz ohne Antibiotikaeinnahme kann es zwei bis drei Wochen dauern, bis Scharlach überstanden ist, und genauso lange ist der Betreffende dann auch ansteckend. Bis das Kind wieder in den Kindergarten oder in die Schule geht, sollte es sich aber so lange zuhause regenerieren können, bis es völlig symptomlos ist, was ein paar Tage dauert. Komplikationen können sein:

  • eine Mittelohrentzündung (Otitis media)
  • eine Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis)
  • eine Lungenentzündung (Pneumonie) 
  • ein Abszess der Gaumenmandeln (Peritonsillarabszess)
  • ein Streptokokken-Toxic-Shock-Syndrom (STSS) 

Folgeerkrankungen, die aus einer Scharlach Infektion entstehen können, sind:

  • ein akutes rheumatisches Fieber (ARF)
  • eine akute Nierenentzündung (Glomerulonephritis) 
  • Entzündungen des Herzmuskels, der Herzklappen oder des Herzbeutels
  • Chorea minor
  • Tourette-Syndrom

Wenn akutes rheumatisches Fieber auftritt empfiehlt sich eine Langzeit-Einnahme von Penicillin zur Rezidivprophylaxe. Diese sollte über mindestens fünf Jahre durchgeführt werden.

Weitere Beratungstipps

Zusätzlich kannst du bezüglich des Abmilderns der häufig unangenehmen Begleitsymptome beraten. Die Halsschmerzen machen den Kindern oft am meisten zu schaffen. Lokalanästhetika in Form von Lutschtabletten oder Sprays bieten sich hier an, wenn das Kind schon alt genug ist. Hier gibt es die Wahl zwischen dem Wirkstoff Ambroxol, der schleimlösend wirkt (zum Beispiel Mucosolvan® Lutschpastillen von Sanofi-Aventis Deutschland GmbH oder Ambroxol ratiopharm® 30mg Hustenlöser von ratiopharm GmbH) oder Lidocain (zum Beispiel Lemocin® von STADA). Ist das Kind noch zu klein zum Lutschen, kann man homöopathische Präparate in Niederpotenzen anbieten, die in Tropfenform gegeben werden können (zum Beispiel Tonsipret® Tropfen von Bionorica). Die Einnahme ist bereits ab dem ersten Lebensjahr möglich.

Wenn zusätzlich auch Fieber mit im Spiel ist und die Körpertemperatur des Kindes über 38,5 °Celsius angestiegen ist, kommen die Wirkstoffe Paracetamol oder Ibuprofen als Saft, Tabletten, Schmelztabletten oder Zäpfchen zum Einsatz, je nach Alter des Kindes. Beispiele: Nurofen® Junior Fieber und Schmerzsaft oder Nurofen® Schmelztabletten von Reckitt Benckiser Deutschland GmbH mit dem Wirkstoff Ibuprofen, oder BEN-U-RON® Tabletten oder BEN-U-RON® Zäpfchen in den Stärken 75 mg, 125 mg, 250 mg und 500 mg von bene-Arzneimittel GmbH. Man kann auch beide Wirkstoffe im Wechsel miteinander geben, um Überdosierungen zu vermeiden.

Damit sich keine bakterielle Superinfektion auf der vorgeschädigten Schleimhaut entwickelt kann es zudem sinnvoll sein, ein Lokalantiseptikum zur Behandlung einzusetzen. Dieses heftet sich an der Bakterienzellwand an und zerstört sie. Hier wird oft zum Wirkstoff Chlorhexidin geraten (z.B. Chlorhexamed von GlaxoSmithKline), wenn die Kinder schon gurgeln können. Auch Salbeitee mit Honig kann hier als Hausmittel helfen, denn die natürlich enthaltenen Gerbstoffe zerstören ebenfalls die Bakterien, und machen die Schleimhäute durch ihre adstringierenden Effekte weniger angreifbar. So umfassend beraten fühlen sich die Eltern des kleinen Patienten bei dir in der Apotheke sicher gut aufgehoben.

Mumps: Eine reine Kinderkrankheit?

Unter Mumps (lat. Parotitis epidemica) versteht man eine ansteckende Virusinfektion, die vor allem die Speicheldrüsen der Ohren, aber auch andere Organe befällt und schmerzhafte Entzündungen auslöst. Typischerweise entstehen seitlich am Hals und an den Ohren starke Schwellungen, was den Erkrankten ein „tölpelhaftes“ Aussehen verleiht. So erklären sich die umgangssprachlichen Bezeichnungen Ziegenpeter, Bauernwetzel oder Tölpel für die Erkrankung. Seit 2013 besteht in Deutschland Meldepflicht für Mumps, auch schon für Verdachtsfälle. Die jährlich gemeldeten Fallzahlen zeigen, dass Jungen häufiger als Mädchen an Mumps erkranken.

Infektion und Symptomatik

Mumps gehört aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr zu den klassischen Kinderkrankheiten, allerdings hat sich das typische Erkrankungsalter (5 bis 9 Jahre) auf Jugendliche und junge Erwachsene verschoben. Zu verdanken ist dies den flächendeckenden Schutzimpfungen. Das Mumpsvirus aus der Familie der Paramyxoviren ist weltweit endemisch und Infektionen treten ganzjährig auf. Die Ansteckung erfolgt über Tröpfcheninfektion, direkten Kontakt mit Infizierten oder sehr selten über mit Speichel kontaminierte Gegenstände.

Nach einer durchschnittlichen 16- bis 18-tägigen Inkubationszeit kommt es bei etwa 60 % der Erkrankten zu Fieber, allgemeinem Krankheitsgefühl und zur typischen schmerzhaften ein- oder doppelseitigen Schwellung der Ohrspeicheldrüsen mit abstehenden Ohrläppchen und den bei Mumps typischen „Hamsterbacken“. Bei rund 40 % aller Infektionen hingegen verläuft die Krankheit symptomlos.

Gefürchtet sind die Komplikationen einer Mumpsinfektion, wie zum Beispiel eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), eine ein- oder gar beidseitige Innenohrschwerhörigkeit mit Ertaubung, eine Hirnhautentzündung oder bei Jungen die sogenannte Mumpsorchitis. Das ist eine Hodenentzündung, die in 30 % der Fälle auftritt und schlimmstenfalls zur Unfruchtbarkeit führen kann. Seltener treten Entzündungen der Eierstöcke und der weiblichen Brustdrüsen, der Schilddrüse, des Herzmuskels, von Nieren oder großen Gelenken auf.

Je älter die Betroffenen, desto schwerer und komplikationsreicher verläuft die Erkrankung. Kommt es während einer Schwangerschaft zur Infektion, so ist lediglich im ersten Trimenon das Fehlgeburtsrisiko leicht erhöht. Hinweise auf Fehlbildungen des ungeborenen Kindes gibt es nicht.

Wie wird Mumps behandelt?

Da es keine spezifische antivirale Therapie gibt, kann nur symptomatisch behandelt werden mit fiebersenkenden und schmerzlindernden Maßnahmen. Paracetamol und Ibuprofen können altersgerecht verabreicht werden. Wärme- oder Kälteanwendungen können je nach individuellem Empfinden hilfreich sein. Weiche Speisen erleichtern das Kauen und säurearme Speisen und Getränke verhindern einen schmerzhaften Speichelfluss. Bei schweren Verläufen können Corticosteroide ärztlich verordnet werden.

Der beste Schutz liegt hier in der Vorbeugung. Durch eine zweifache Schutzimpfung mit M-M-RvaxPro® von SanofiPasteur MSD oder Priorix® von GlaxoSmithKline entwickeln 99% der Geimpften eine sehr lange, vermutlich lebenslange Immunität gegen Masern, Mumps und Röteln. In ProQuad® von MSD oder Priorix-Tetra® von GSK ist noch eine vierte Komponente gegen Windpocken enthalten. Die Lebendimpfstoffe sind gut verträglich und sollen laut Empfehlung der STIKO in zwei Dosen (zwischen dem 11. und 14. und dem 15. und 23. Lebensmonat) verabreicht werden.