Rauchstopp und Alkoholentzug – so kann die Apotheke helfen
Auch Probleme wie Alkohol- und Zigarettenabhängigkeit sind in der Apotheke ein Thema. Wir haben Tipps gesammelt, wie du deine Kundschaft sinnvoll auf dem Weg zu einem gesünderen Lebensstil unterstützen und begleiten kannst.
Das Rauchen ist mit Abstand der größte Risikofaktor für eine ernsthafte Erkrankung und kann das Leben um circa zehn Jahre verkürzen. Jährlich sterben bis zu 140.000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Rauchens und über 3.000 Nichtraucher an den Folgen des Passivrauchens. Zudem haben Raucherinnen und Raucher ein doppelt so hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle.
Auch bei Alkoholabhängigen sind die Zahlen besorgniserregend: In Deutschland sterben täglich mehr als 200 Menschen an den Folgen ihres Alkoholkonsums, was einem voll besetzten Flugzeug entspricht. 1,6 Millionen Bürger in Deutschland sind alkoholabhängig, was neben der Suchtproblematik auch weitere Folgeerkrankungen begünstigt, wie Krebserkrankungen, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz, Lungen- und Gefäßerkrankungen und/oder Diabetes. Auch für die Angehörigen ist die Suchterkrankung eines geliebten Menschen sehr belastend und schwer zu ertragen. Die Entscheidung, mit diesem oder jenem Laster abzuschwören, ist aus gesundheitlicher Sicht der erste Schritt in die richtige Richtung und sollte immer von allen Seiten unterstützt werden – auch von uns in der Apotheke.
Tipps und Hilfsmittel für den Rauchstopp
Wäre Suchtverhalten rational, müssten ein paar gute Gründe (Verbesserung der Gesundheit, finanzielle Ersparnis, Entlastung für die Familie, etc.) genügen, um einfach aufzuhören. Viele Raucher haben aber regelrechte Angst vor dem Entzug und finden immer mehr Gründe, warum sie jetzt gerade doch nicht aufhören können. Es ist durchaus normal, dass es nicht beim ersten Versuch klappt. Wichtig ist es, am Ball zu bleiben, denn die körperlichen Entzugssymptome sind beim Rauchstopp bereits nach vier bis sechs Wochen vorbei, die schlimmsten Symptome sogar schon nach ein paar Tagen. Wichtig ist der feste, eigene Wille, mit dem Rauchen aufzuhören.
Mit Nikotinersatzprodukten lassen sich die Erfolgschancen verdoppeln, da Entzugssymptome wie Rauchverlangen, Heißhunger, innere Unruhe, Reizbarkeit und Konzentrationsprobleme wirksam gelindert werden können. In der Apotheke gibt es viele Präparate von verschiedenen Herstellern in unterschiedlichen Darreichungsformen und Stärken. So ist eine individuelle, bedarfsgerechte Dosierung möglich, die sich immer nach der Zahl der täglich gerauchten Zigaretten richtet.
TTS-Pflaster geben kontinuierlich entweder über 16 Stunden (nicorette® TX Pflaster von Johnson & Johnson) oder über 24 Stunden (Nicotinell® 24-h-Pflaster von GlaxoSmithKline, nikofrenon® 24 h Pflaster von Heumann) Nicotin ab und stehen meist in drei Wirkstärken zur Verfügung. Klassische Nikotin-Kaugummis oder Lutschtabletten gibt es ebenfalls von mehreren Anbietern (nicorette®, Nicotinell®, Nicotin beta® von betapharm) in unterschiedlichen Stärken und auch Geschmacksrichtungen (meist Minze oder Fruchtgeschmack). Bei Rauchverlangen werden sie gelutscht oder gekaut, die dabei freigesetzte Nikotindosis wird über die Mundschleimhaut resorbiert. Nach dem gleichen Prinzip wirken die relativ neuen Mundsprays (Nicotin AL 1mg Spray von Aliud, nicorette® fruit & mint Spray) oder ein zigarettenähnlicher Inhaler (nicorette® Inhaler), mit dem zusätzlich die Hand-zum-Mund Bewegung imitiert wird.
Grundsätzlich sollte immer nur ein Nikotinersatzprodukt verwendet werden. Allerdings ist es auch möglich, Nikotinpflaster und schwach dosierte Kaugummis oder Lutschtabletten zu kombinieren. Dies ist eine Option für starke Raucherinnen und Raucher oder wenn die Monotherapie nicht zum Erfolg geführt hat. Damit lässt sich die Zufuhr langsam und schrittweise reduzieren.
Das verschreibungspflichtige Champix® von Pfizer mit dem Wirkstoff Vareniclin wurde wegen Verunreinigungen 2021 vom Markt genommen. Alternativ kann das Antidepressivum und Anorektikum Bupropion zur Unterstützung einer Rauchentwöhnung ärztlich verordnet werden.
Beim Alkoholentzug ist fester Wille eine unerlässliche Voraussetzung.
Foto: istock/Viktoriia Hnatiuk
Keine OTC-Präparate: Wie gelingt der Alkoholentzug?
Von der Alkoholsucht loszukommen, ist wesentlich schwieriger und der Weg länger und mühsamer, denn oft geht mit der Erkrankung eine Zerrüttung von sozialen Bindungen und materiellen Lebensverhältnissen einher. Es ist hohe Willenskraft erforderlich und „Alkoholersatzprodukte“ wie beim Nicotin gibt es nicht. Bei der Therapie von Alkoholabhängigen ist es wichtig, sie in einer Behandlung zu halten, ihre Motivation zur Veränderung zu erhöhen und ihnen und ihren Angehörigen mehr Lebensqualität zu geben. Da nur wenige Alkoholikerinnen und Alkoholiker wirklich bereit sind, dauerhaft auf Alkohol zu verzichten, wird zumindest eine Verringerung des Konsums angestrebt. Zwar ist Alkohol auch in geringer Menge ein Gift, aber die Organe halten länger durch, wenn die Menge reduziert wird.
Bei vielen Betroffenen entstehen erst nach und nach der Wunsch und die Entschlossenheit, die völlige Abstinenz zu erreichen. Der Alkoholentzug sollte stationär und idealerweise in einer Suchtklinik stattfinden, da es ohne ärztliche und medikamentöse Hilfe zu einer schweren, mitunter auch lebensbedrohlichen Entzugssymptomatik (Delir, Krampfanfälle, etc.) kommen kann. Der körperliche Entzug dauert drei bis vier Wochen, parallel dazu sollte eine intensive psychotherapeutische Behandlung ablaufen. Auf diese Weise gelingt es, auch an die Wurzeln der Suchterkrankung zu kommen und die Abstinenz möglichst dauerhaft zu stabilisieren.
Ergänzend werden Medikamente eingesetzt, die das Verlangen nach Alkohol mindern, indem die belohnende Wirkung von Alkohol im Gehirn blockiert wird. In Deutschland sind die Wirkstoffe Acamprosat (Campral® von Merck und Importe), Naltrexon (Adepend® von AOP Orphan Pharmaceuticals und Importe) und Nalmefen (Selincro® von Lundbeck und Importe) zugelassen. Diese ersetzen jedoch keinesfalls eine suchttherapeutische Therapie und/oder Beratung.