Wenn der Bauch zwickt und zwackt - Hilfe bei Säuglingskoliken
Oft stehen uns völlig erschöpfte Eltern in der Apotheke gegenüber, die von den heftigen Schreiattacken ihres Babys berichten und um Rat bitten. Wie können wir helfen?
Weinen und Schreien sind für Babys die einzige, aber enorm wichtige Strategie, um ihren Eltern zu zeigen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Meist können Mama oder Papa bei Hunger, einer vollen Windel, bei Schwitzen oder Frieren schnell Abhilfe schaffen und ihren Schatz beruhigen. Aber wenn das Kleine langanhaltend und immer wieder oft über Stunden hinweg weint und schreit und sich durch nichts beruhigen lässt, kann das für die ganze Familie sehr belastend sein. Häufig sind Koliken die Ursache.
Wieso schreit das Baby so viel?
Unter einer Kolik versteht man einen krampfartigen Anfall von Schmerzen. Von Säuglingskoliken, Drei-Monats-Koliken oder infantilen Koliken spricht man, wenn das Baby mehr als drei Stunden am Tag, an mindestens drei Tagen pro Woche über mehr als drei Wochen schreit. Das ist die sogenannte Dreier-Regel. Der Zustand beginnt häufig vor der fünften Lebenswoche und endet spätestens im Alter von vier bis fünf Monaten. Von diesem Beschwerdebild sind fünf bis 20 Prozent aller Säuglinge betroffen. Es lässt sich beobachten, dass die Kinder vermehrt in den frühen Abendstunden schreien, die Beinchen angezogen und die Fäuste geballt werden sowie der Bauch aufgebläht wirkt. Abgesehen davon verlaufen Wachstum und Entwicklung des Säuglings völlig normal.
Was verursacht die Schmerzattacken?
Die genauen Ursachen der Schmerzattacken sind noch ungeklärt. Vermutet werden jedoch mehrere Auslöser, vor allem Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen oder Bauchschmerzen. Es ist aber auch unklar, ob diese Kolik-Schmerzen Ursache oder Folge des Schreiens sind. Durch die Attacken schluckt das Baby vermehrt Luft, die zu schmerzhaften Luftansammlungen im Bauch (Blähungen) führt. Aber auch ein unreifes Verdauungssystem, eine Reizüberflutung, Nahrungsallergien oder ein hormonelles Ungleichgewicht könnten die Koliken verursachen. Kinderärzt:innen sprechen daher von einer „Regulationsstörung“.
Wann sollte man zum Arzt gehen? Wie oben bereits erwähnt, sind die Schmerz- und Schreiattacken nicht nur für das Baby belastend, sondern auch für die Eltern und das Umfeld. Daher ist es wichtig, dass sich die Eltern Hilfe holen, wann immer sie nicht mehr weiterwissen. Bei langanhaltenden Beschwerden über mehrere Tage, wenn Fieber oder Durchfall hinzukommen, das Kind Nahrung verweigert und/oder sich der Allgemeinzustand verschlechtert, sollte kinderärztlicher Rat eingeholt werden. Wenn sich die Eltern überfordert fühlen, können sie Hilfe in einer Schreibaby-Ambulanz bekommen. Ganz wichtig: Unter keinen Umständen darf das Kind geschüttelt werden, da es zu schweren – manchmal lebensbedrohlichen – gesundheitlichen Schäden führt.
Wie können wir in der Apotheke helfen?
Ruhe und Geborgenheit sind für ein Baby mit Koliken enorm wichtig, das vermittelt nämlich Urvertrauen. Wenn sich das Kind geborgen fühlt, lässt es sich in vielen Situationen leichter beruhigen. Wohlige Wärme mit einem Traubenkernkissen oder einem Entspannungsbad und viel Hautkontakt, zum Beispiel mit einem Tragetuch, beruhigen das Baby und können Krämpfe im Bauch lösen. Eine sanfte Bauchmassage, eventuell mit einer Windsalbe (z. B. Tamany® Windsalbe® von Herbaria, Bäuchlein-Salbe Babynos® von Dentinox) oder einem Öl (Fenchel-Kümmel Öl für Kinder von der Bahnhofsapotheke, Weleda Baby Bäuchlein Massage Öl von Weleda), die mit warmen Händen im Uhrzeigersinn durchgeführt wird, wirkt blähungstreibend und wohltuend. Indirekt kann man Babys Bauch mit dem sogenannten Fliegergriff (das Baby ruht in Bauchlage auf dem elterlichen Unterarm) oder mittels „Fahrradfahren“ (Unterschenkel des Kindes werden in Rückenlage mehrmals sanft Richtung Bauch gedrückt) massieren. Hilfreich ist es auch, wenn das Baby nicht überreizt wird, zum Beispiel durch ständig laufende Fernseher, Handys, Geräusche, Gerüche. Werden sie abgeschirmt, kann das Kind selber zur Ruhe zu kommen und seinen eigenen Rhythmus finden. Die Ernährung der Mutter spielt laut neuesten Studien nur eine untergeordnete Rolle, vielmehr sollte auf eine korrekte Stillposition, sowie ausreichend Ruhe bei den Mahlzeiten geachtet werden, damit das Baby nicht durch zu hastiges Trinken zusätzlich Luft schluckt.
Vom Platzen der Schaumbläschen bis zum befreienden Pups
Schulmedizinisch werden Blähungen mit dem bewährten Wirkstoff Simeticon (z. B. sabsimplex® von Pfizer, Lefax® Pump Liquid von Bayer, velgastin® von Engelhard) behandelt. Dieser wirkt rein physikalisch, wird also nicht in den Blutkreislauf aufgenommen und lässt die Schaumbläschen im Darm des Kindes zerplatzen. So kann die Luft den Körper wieder verlassen. Die Präparate sind gut verträglich und können von Geburt an vor jeder Mahlzeit gegeben werden. Auch Kümmelzäpfchen (z. B. Carum Carvi Kümmelzäpfchen von infectopharm) dürfen ab Geburt angewendet werden und wirken blähungstreibend und entkrampfend. Die anthroposophischen Säuglingszäpfchen Carum Carvi comp. von Wala enthalten zusätzlich zum Kümmelextrakt noch die Schwarze Tollkirsche (Atropa belladona) und Tabak (Nicotiana tabacum) in homöopathischer Potenz sowie eine Urtinktur der Kamille (Chamomilla e radice). Dieses Mittel ist erst für Babys ab drei Monaten geeignet.
Schluckweise können auch Fenchel-, Kümmel- oder Anistee gegeben werden. Die noch unreife Darmflora lässt sich mit BiGaia® Tropfen von infectopharm unterstützen. Das enthaltene Milchsäurebakterium Lactobacillus reuteri DSM 17938, das auch in Muttermilch vorkommt, kann den Aufbau und das Gleichgewicht der kindlichen Darmflora fördern. Vor allem Kinder, die per Kaiserschnitt geboren wurden und nicht im Geburtskanal mütterliche Lactobazillen aufgenommen haben, können ab Geburt einmal täglich fünf Tropfen erhalten. In BiGaia® plus Vitamin D3 ist zusätzlich Vitamin D3 enthalten.