Die Sucht nach rezeptpflichtigen Schlaftabletten – wie gefährlich sind sie?
Jeder weiß, wie eine einzige unruhige Nacht unseren Tagesrhythmus bereits durcheinanderbringt. Doch wie wirkt sich Schlafmangel auf unser Nervensystem aus, wenn wir über mehrere Tage oder Wochen nicht ausreichend schlafen.
Der Schlaf gehört zur wichtigsten Erholungsphase unseres Körpers und unserer Psyche. Schlafentzug vermindert die geistige Leistungsfähigkeit und die Konzentration lässt nach. Falls dieser Zustand über einen längeren Zeitraum anhält, kann es unter anderem zu Persönlichkeitsstörungen und schweren Depressionen mit Suizidgefahr kommen. Körperfunktionen wie Herzschlag, Atmung und Hormone können aus dem Gleichgewicht geraten.
Einsatz von Benzodiazepinen und Z-Substanzen
Anstatt den Ursachen für Schlafstörungen auf den Grund zu gehen, greifen viele Betroffene zu Schlaftabletten. Auch in Deutschland werden sie von Ärzt:innen zu oft und schnell verschrieben – besonders die rezeptpflichtigen mit den sogenannten Z-Substanzen Zolpidem und Zopiclon. Der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zufolge sind etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Personen in Deutschland von Schlaftabletten abhängig. Zwei Drittel davon sind Frauen und gehören hauptsächlich zur Altersgruppe über 65 Jahren.
Bisher bestand die Annahme, dass die genannten Wirkstoffe im Vergleich zu Benzodiazepinen kaum abhängig machen, da in Tierversuchen mit Mäusen keine Entzugserscheinungen bezüglich Zolpidem auftraten. Bei Zopiclon hingegen traten im Vergleich geringere Entzugserscheinungen auf. Inzwischen ist allerdings bekannt, dass die Unterschiede zu Benzodiazepinen gering sind.
Benzodiazepine gleichen in ihrer Wirkung Alkohol – sie lösen Ängste sowie Anspannung und führen in größerer Menge zur Bewusstlosigkeit. Sie machen oft psychisch abhängig und lassen den Betroffenen glauben, dass sie ohne die Einnahme nicht mehr zurechtkommen.
Symptome einer Abhängigkeit und Nebenwirkungen
Die Einnahme von Schlaftabletten wird in der Regel nicht länger als drei bis vier Wochen empfohlen. Abhängige Personen überschreiten diesen Zeitraum häufig, da sie einen starken Wunsch oder Zwang nach Konsum verspüren, körperliche Entzugssymptome haben oder beispielsweise eine Toleranz gegenüber dem Arzneimittel entwickelt haben.
Beim Absetzen gibt es typische Entzugssymptome – dem Gehirn fehlt der Stimulus und es stellt sich das Gefühl ein, dass ein Einschlafen ohne die Einnahme nicht mehr möglich sei. Die Anzahl der Tabletten nimmt ebenfalls zu, da sich die gewünschte Wirkung aufgrund der Gewöhnung nicht mehr einstellt. Daher sollte die Ursache für das Schlafproblem professionell erörtert werden.
Bei Zolpidem und Zopiclon sind mögliche Nebenwirkungen Halluzinationen, Albträume, Schwindel, Panikattacken, Müdigkeit und Muskelschwäche – selten: Erinnerungslücken und schwere Depressionen. Bei Benzodiazepinen kann es im schlimmsten Fall zu Atemstörungen bis hin zu einer Atemdepression kommen.
Psychotherapie ist oftmals die bessere Wahl
Bei einer Insomnie ist die Entscheidung für eine individuelle Psychotherapie eher angeraten: Warum kannst du nicht einschlafen? Leidest du möglicherweise unter zu viel Stress oder einer Depression? Das Führen eines Schlaftagebuches kann bei der Ergründung der Auslöser und für den Therapieerfolg ausschlaggebend sein. Auch Licht-, Aromatherapie oder Entspannungstechniken können weiterhelfen.
Beratung bei rezeptpflichtigen Schlafmitteln
Das pharmazeutische Personal trägt bei der Abgabe von rezeptpflichtigen Schlafmitteln eine besondere Verantwortung, weil zunehmend Verordnungen auf Privatrezept erfolgen und nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. So kommt es häufig vor, dass Patient:innen auch ihren Arzt bzw. ihre Ärztin wechseln, um an diese Rezepte zu gelangen. Patient:innen solltest du darauf hinweisen, sich an die ärztlich angeordnete Therapiedauer und Dosierung zu halten und die verordneten Arzneimittel nicht an Dritte weiterzugeben.