Wochenrückblick: Ozempic und kein Ende

Gefälsche Ozempic-Pens sorgen in Österreich für einiges Unheil, Rauschgifte tun dasselbe hierzulande, und zwar stärker als in den Vorjahren, denn es gibt mehr Drogentote. Und soll die Klimakrise Anlass sein, den Gesundheitsnotstand auszurufen? Wissenschaftler fordern das.

WHO soll Gesundheitsnotstand ausrufen

Mehr als 200 wissenschaftliche Fachjournale forderten in dieser Woche, dass die WHO Klima- und Naturkrisen als Gesundheitsnotstand erklären sollte. Es sei ein Fehler, diese Krisen separat zu betrachten, so der Aufruf. Klimawandel trägt zur Verbreitung von Krankheiten bei, während Umweltverschmutzung Trinkwasser schädigt und der Artenrückgang die Nahrungsmittelproduktion beeinträchtigt, heißt es im Aufruf. Durch die Ausdehnung von Siedlungen und Landwirtschaftsbetrieben nehmen die Kontakte zwischen Menschen und gefährdeten Arten zu, was das Risiko des Übergangs von Krankheiten auf den Menschen erhöht.

Ein Gesundheitsnotstand ist die höchste Alarmstufe der WHO und wurde bereits bei der Corona-Pandemie ausgerufen. Dies motiviert Länder zum Informationsaustausch und zur Bewältigung des Problems. Die WHO kann jedoch keine Maßnahmen vorschreiben, da dies in der Zuständigkeit der Länder liegt. Der Aufruf betont die Notwendigkeit, dass Politiker die Gesundheitsbedrohung durch Klima- und Naturkrisen erkennen und die Bedeutung ihrer Bewältigung für die öffentliche Gesundheit verstehen sollten.

AMIRA fragt: Wie seht ihr die Sache – soll wegen des Zustands von Klima und Natur der Gesundheitsnotstand erklärt werden? Oder ist das eurer Meinung nach übertrieben?

Mehr Drogentote in 2022

Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist im Jahr 2022 erneut gestiegen. Das gab das Bundeskriminalamt (BKA) in dieser Woche bekannt. Im vergangenen Jahr verloren 1990 Menschen ihr Leben aufgrund von Suchterkrankungen, was einem Anstieg um neun Prozent im Vergleich zu 2021 entspricht. Der Trend steigender Todesfälle im Zusammenhang mit Drogenmissbrauch, der seit 2017 anhält, setzt sich somit fort. Die Hauptursachen für diese Todesfälle seien laut BKA der Konsum von Opiaten, Heroin und Opiat-Ersatzstoffen. Im Jahr 2022 entfielen 83 Prozent der Drogentoten auf Männer, und das durchschnittliche Alter betrug 40,6 Jahre.

Die Polizei verzeichnete im Jahr 2022 rund 340.000 Fälle von Drogenkriminalität, was einem Rückgang um 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dennoch gehen die Polizeibehörden davon aus, dass Betäubungsmittel weiterhin leicht verfügbar sind und die Nachfrage groß bleibt.

Die Experten weisen auf bedeutende Beschlagnahmungen großer Drogenmengen und gesteigerte Ernteerträge in den Herkunftsregionen klassischer Drogenarten hin. Gleichzeitig steigen die Produktionskapazitäten in illegalen Laboren zur Herstellung synthetischer Drogen, die nach wie vor eine wichtige Rolle spielen. So werde der Markt für Amphetamine und Ecstasy durch die erheblichen Produktionskapazitäten in den Niederlanden versorgt.

Seit 2018 hat auch der Kokainhandel kontinuierlich zugenommen, wobei die Gruppen, die Kokain von Südamerika nach Europa schmuggeln, zunehmend gewalttätiger vorgehen. Holger Münch, Präsident des BKA, betont, dass die organisierte Kriminalität die großen Häfen infiltriert und Gewalt anwendet, um ihre Vorherrschaft zu sichern. Damit bleibe der internationale Drogenhandel ein Hauptbetätigungsfeld der organisierten Kriminalität in Europa.

Schon mehrere geschädigte Patienten durch falsche Ozempic-Pens in Österreich

Die Anwendung gefälschter Diabetes-Medikamente hat in Österreich zu mehreren gefährlichen Zwischenfällen geführt. Mehrere Patienten mussten im Krankenhaus behandelt werden. Die gefälschten Medikamente enthalten wahrscheinlich Insulin anstelle des Wirkstoffs Semaglutid. Die Vorfälle – so die Einschätzung des Bundeskriminalamts Wien – hätten ohne sofortige ärztliche Behandlung potenziell tödlich enden können.

Bisher war nur ein Einzelfall bekannt, bei dem eine 31-jährige Frau aus Salzburg nach der Einnahme einer vermuteten Fälschung des Medikaments „Ozempic“ schwerwiegende Nebenwirkungen erlitt und ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Nach Angaben ihrer Anwälte hatte sie das Medikament als Abnehmhilfe drei Mal von einem Schönheitschirurgen in Salzburg bezogen. Beim vierten Mal wurde ihr offenbar eine gefälschte Version verkauft. Die Juristen erwägen rechtliche Schritte, sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche, gegen den Arzt und seinen Lieferanten.

Vergangene Woche warnte dann die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) in Amsterdam davor, dass gefälschte „Ozempic“-Diabetes-Pens in der Europäischen Union und Großbritannien aufgetaucht seien. Herkunft: Offenbar waren Großhändler in Österreich und Deutschland im Spiel.

Was die Ermittler betonen: Offenbar war beim Vertrieb der gefälschten Pens keine Apotheke im Spiel. AMIRA seufzt erleichtert auf!

Galenikänderung und neue Haltbarkeit bei Hustensäften

Bei Ambroxol AbZ Hustensaft, 15 mg/5 ml Lösung zum Einnehmen, und Ambroxol-ratiopharm, ebenfalls 15 mg/5 ml Lösung zum Einnehmen, gibt es Änderungen in der Hilfsstoffzusammensetzung. Das teilten die Hersteller, die AbZ-Pharma GmbH und die ratiopharm GmbH, mit. Demnach enthalten die Säfte ab sofort Benzoesäure, einen Konservierungsstoff. Dadurch wurde auch ein neuer Warnhinweis aufgenommen. Außerdem hat sich die Haltbarkeit geändert. Die Säfte sind jetzt nach Anbruch zwölf Monate statt wie bisher nur zwei Wochen haltbar. 

E-Rezept-Faktenblatt aktualisiert 

Die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) hat ihr Informationsblatt zum „Elektronischen Rezept“aktualisiert. In dieser Aktualisierung wurden insbesondere die rechtlichen Bestimmungen angepasst, explizit genannt wird jetzt auch der 1. Januar 2024, an dem die Nutzung des E-Rezepts in medizinischen Einrichtungen wie Arztpraxen und Krankenhäusern verpflichtend wird. Im Abschnitt zur „Umsetzung“ werden aktuelle Zahlen zur Verwendung des E-Rezepts aufgeführt. 

Eine neue Ergänzung im Abschnitt „Vorteile“ hebt zudem hervor, dass das E-Rezept den Weg für weitere digitale Anwendungen ebnet, wie beispielsweise die Erinnerung an die Einnahme von Medikamenten, die Erstellung eines Medikationsplans oder die Überprüfung von Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten. 

Das Ziel dieser Aktualisierung ist es, die Vorteile und den aktuellen Stand der E-Rezept-Einführung in Deutschland transparent darzulegen. Seit dem 1. September 2022 kann das E-Rezept deutschlandweit in allen Apotheken eingelöst werden. Bis zum Stand vom 19. Oktober 2023 wurden bereits mehr als 5 Millionen E-Rezepte in den rund 17.800 deutschen Apotheken eingelöst, und diese Zahl steigt kontinuierlich an.

Das erneuerte Faktenblatt ist auf der Website der ABDA verfügbar.

ABDA wappnet Apotheken für Protestmonat 

Wie schon für den bundesweiten Protesttag im Juni hat die ABDA für die vier regionalen Protesttage im Protestmonat November ein Paket mit Plakatmotiven, Patienteninformationen sowie Tipps für Aktionen und Social-Media-Aktivitäten zum Download auf apothekenkampagne.de bereitgestellt. Apothekenteams können ab sofort folgende Materialien herunterladen, um im Vorfeld über die Protesttage am 8., 15., 22. und 29. November zu informieren:

  • Patienten-Handzettel (auf Deutsch und in Kürze in mehreren Sprachen)
  • Ankündigungs-Plakat
  • Hinweisschild "Heute geschlossen"/"Heute Notdienst"
  • Anzeigenvorlagen
  • Postings
  • Profilbildrahmen für Social Media
  • Druckvorlage Aufkleber "Versorgung" für Schaufenster (Apotheken stärken. Jetzt!)
  • Argumentationshilfe für Apothekenteams
  • Musteranschreiben an Arztpraxen
  • Tipps für lokale Aktionen/Pressearbeit
  • Tipps für Social Media

 

Zusätzlich werden der ABDA zufolge in der Ausgabe der „Pharmazeutischen Zeitung“ vom 2. November ein Ankündigungs-Plakat, ein Hinweisschild „Heute geschlossen“ und ein Schaufenster-Aufkleber an alle Apotheken verteilt. 

NRW: Apotheken und Praxen vor gemeinsamem Streiktag

Apropos Protest: Jetzt wollen Ärzte und Apotheker wohl doch an einem Strang ziehen, wie sich diese Woche herausstellte. Zumindest in Nordrhein-Westfalen: Hier ist für den 15. November ein gemeinsamer Protesttag geplant, an dem sowohl Arztpraxen als auch Apotheken geschlossen bleiben sollen. Die Apotheker haben einen Demonstrationszug durch Dortmund mit Tausenden Teilnehmern geplant, wie der Präsident des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis, erklärte. Auch Kollegen aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland werden an dieser Aktion teilnehmen.

Die Hausärzte in den rund 2500 Praxen des Hausärzteverbandes Nordrhein werden an diesem Tag ab 10 Uhr zu einer gemeinsamen Fortbildung aufgerufen, wie eine Sprecherin des Verbandes mitteilte. Die Arztpraxen werden an diesem Tag geschlossen sein. Die Notversorgung der Patienten von Praxen und Apotheken sei gesichert. Die Gründe für den Protest sind bekannt: Unangemessene Honorierung, Lieferengpässe bei Medikamenten sowie die Forderung der Hausärzte nach einer Abschaffung der Budgetierung.