Wochenrückblick: Riesenschneckenalarm, Demonstration in Dortmund und das Kondom auf dem Vormarsch

Demo in Dortmund, mehr Sterbefälle in 2022 als in den Jahren zuvor und das Kondom schubst die Pille von der Spitze, wenn es um Verhütung geht. Wenn da nicht eine Riesenschnecke wäre, gäbe es nichts zu lachen in dieser Woche…

Zahl der Todesfälle in Deutschland gestiegen

Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Todesfälle in Deutschland um 4,2 Prozent. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch der Woche mit. In absoluten Zahlen starben 2022 rund 1,07 Millionen Menschengegenüber 1,02 Millionen im Jahr zuvor. Häufigste Todesursache waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die mit 33,6 Prozent ein Drittel der Todesfälle ausmachten. Eine Krebserkrankung war bei einem Fünftel der Gestorbenen, nämlich bei 21,7 Prozent, die Todesursache.  Die Zahl der Corona-Toten ging auf 52.357 zurück (4,9%), im Vergleich zu 2021, als noch 71.331 an Corona Verstorbene gezählt wurden (6,9%). Auffällig war ein Anstieg um 18 Prozent bei Todesfällen aufgrund von Atemwegserkrankungen, insbesondere Grippe und Lungenentzündung. Covid-19 zählte das Bundesamt nicht zu den Atemwegserkrankungen, da es als Pandemie-Ursache gesondert betrachtet wurde. Auch psychische Leiden führten zu einem Anstieg um 14,7 Prozent, wobei Demenzerkrankungen über drei Viertel ausmachten. Nicht-natürliche Todesursachen stiegen um 11 Prozent, mit einem besonderen Anstieg bei Stürzen. Suizide stiegen um 9,8 Prozent auf 10.119 Tote, wobei Männer etwa 74 Prozent ausmachten.

Politik befasst sich zunehmend ausführlicher mit den Sorgen der Branche

Vor gut einer Woche fand die „Berufspolitische Informationsveranstaltung“ im Berliner Apothekerhaus statt, an der rund 40 junge Apothekerinnen und Apotheker teilnahmen. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening begrüßte die Teilnehmenden, darunter auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Heike Engelhardt, die mit den Apothekern über die aktuelle Gesundheitspolitik diskutierte.

Laut der ABDA äußerte sich Engelhardt kritisch zu Versandapotheken und versprach, sich gegen sie zu positionieren. Ein Apotheker habe die fehlende Honorarerhöhung beklagt, woraufhin Engelhardt betont habe, dass Apotheker gleich behandelt werden sollten wie andere Berufsgruppen. Overwiening habe zum wiederholten Mal Gesundheitsminister Karl Lauterbach für die fehlende Honorarerhöhung nach der Pandemie kritisiert. Die ABDA sei auch nicht in die Planung des BMG-Eckpunktepapiers zur Vermeidung von Lieferengpässen einbezogen worden. ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold habe außerdem auf die weltweite Bedeutung der Apothekerinnen und Apotheker hingewiesen. Die Anwesenden, die von den Landesapothekerkammern eingeladen wurden, erhielten bei der Veranstaltung Einblicke in die ABDA-Rolle und nahmen darüber hinaus an politischen Interessenvertretungs-Workshops teil.

Anhaltende Probleme in der laufenden Erkältungssaison: Grünen-Bundestagsabgeordnete besucht Apotheke vor Ort

In der vergangenen Erkältungssaison kam es zu erheblichen Lieferengpässen bei Kinderarzneimitteln, darunter bei Fiebersäften und Nasensprays. Laut dem Apothekerverband Westfalen-Lippe e.V. informierte die Apothekerin Manuela Schier am Montag die Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir von den Grünen über die anhaltenden Probleme in ihrer Mindener Apotheke.

Schier kritisierte demnach die Unwirksamkeit der von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen, die Produktionsengpässe zu beheben und die Arzneimittellieferungen zurück nach Europa zu verlagern. Sie habe auch die fehlende Unterstützung und Handlungsfreiheit für Apotheken bei Lieferengpässen bemängelt. Die Apothekerin habe vor den geplanten Reformen des Bundesgesundheitsministeriums gewarnt, die die Apotheken weiter einschränken könnten.

Da die Zahl der Apotheken in Deutschland stetig abnehme und davon insbesondere der ländliche Raum betroffen sei, müsse man in den nächsten Jahren mit einer Verschlechterung der Versorgung rechnen. Auch ohne Reform drohe ein Rückgang der Apotheken aufgrund unzureichender staatlicher Honorierung. Die Grünen-Politikerin Gambir habe die Bedeutung von Apotheken als niedrigschwellige Anlaufstellen, besonders im ländlichen Raum, betont und versprochen, sich für eine Sicherung und Stärkung der Versorgung dort einzusetzen.

Cannabis-Gesetz kommt später

Die geplante Cannabis-Legalisierung wird nicht, wie ursprünglich geplant, zum Jahreswechsel in Kraft treten. Das bestätigte jetzt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Der Grund sei allerdings nicht eine erneute inhaltliche Debatte, diese sei abgeschlossen, so der Minister. Vielmehr hakt es daran, dass der Bundesrat das Gesetz vor den Weihnachtsfeiertagen nicht mehr beraten könne.

Der Gesetzesbeschluss ist für die letzte Sitzungswoche des Bundestages vom 13. bis 15. Dezember geplant, doch der Bundesrat ist danach an der Reihe. Obwohl die Pläne im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sind, erfordern sie Beratung. Die nächste Bundesratssitzung findet am 2. Februar 2024 statt, was bedeutet, dass das Inkrafttreten erst danach möglich wäre. Der Gesetzentwurf sieht vor, Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz zu streichen und den Besitz von 25 Gramm für Volljährige ab 18 Jahren zu erlauben. Privater Anbau von bis zu drei Pflanzen wird gestattet, und in Cannabis-Clubs sollen Mitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und austauschen dürfen.

Protestmonat: Demo in Dortmund

Der November war zum Protestmonat ausgerufen worden. Am Mittwoch machten die Apothekenteams in Dortmund Demo-Halt. Apotheken in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland blieben aus Protest gegen die Gesundheitspolitik von Bundesgesundheitsminister Lauterbach geschlossen. Über 6000 Menschen aus Apotheken und ärztlichen Praxen demonstrierten in Dortmund gegen unzumutbare Zustände in der Arzneimittelversorgung, darunter massive Lieferengpässe, überbordende Bürokratie, steigende Anforderungen der Krankenkassen, einen eskalierenden Fachkräftemangel und vor allem gegen die mangelnde Honorierung ihrer Leistungen.

AMIRA war ebenfalls vor Ort und hat für euch Stimmung und Impressionen eingefangen. Den entsprechenden Artikel findet ihr hier.

Ozempic: Hersteller stellt erste Untersuchungsergebnisse vor

Wie berichtet, hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor gefälschten Ozempic-Arzneimitteln gewarnt. Der Hersteller Novo Nordisk hat nun erste Ergebnisse der Untersuchungen veröffentlicht.

Demnach enthielten die gefälschten Ozempic-Produkte statt Semaglutid das Hormon Insulin und wurden in umetikettierte Insulinpens gefüllt. Dies stelle ein erhebliches Risiko dar, da die Anwendung von Insulin anstelle von Semaglutid zu schwerwiegenden medizinischen Komplikationen führen kann. Apotheken werden daher nach wie vor aufgefordert, vor der Abgabe die Echtheit von Ozempic-Verpackungen zu überprüfen. Unterschiede in der Dosisanzeige und dem Dosiseinstellring könnten auf Fälschungen hinweisen. Die Untersuchungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen.

Wie vor rund drei Wochen bekannt wurde, haben in Österreich bereits Patienten gefälschte Produkte erhalten, während es in Deutschland bisher noch keine Berichte darüber gibt.

Pille auf dem Rückzug, Kondom auf dem Vormarsch

Die Pille verliert bei Frauen in Deutschland an Beliebtheit, während das Kondom nun als führendes Verhütungsmittel gilt, so eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. 53 Prozent der Befragten verwenden Kondome, im Vergleich zu 38 Prozent, die die Pille favorisieren. Im Jahr 2007 war dieses Verhältnis umgekehrt. Andere Verhütungsmethoden spielen eine geringere Rolle. Die Studie zeigt auch, dass die Skepsis gegenüber hormoneller Verhütung zunimmt. 61 Prozent stimmen zu, dass sie „negative Auswirkungen auf Körper und Seele“ hat. Wichtige Kriterien bei der Wahl des Verhütungsmittels sind Zuverlässigkeit, einfache Anwendung und gute Verträglichkeit. 70 Prozent der Befragten geben an, beim Sex zu verhüten, wobei Frauen hauptsächlich auf gynäkologische Beratung (73 Prozent) und Männer auf das Internet (49 Prozent) zurückgreifen. Kondome gelten als kostengünstig und bieten im Gegensatz zur hormonellen Verhütung Schutz vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, heißt es von Seiten der Bundeszentrale.

Weniger Salz = niedrigerer Blutdruck

Eine salzarme Ernährung kann den Blutdruck deutlich senken. Dieser eigentlich bekannte Zusammenhang wurde jetzt noch einmal durch eine US-amerikanische Studie mit 213 Teilnehmern zwischen 50 und 75 Jahren eindrucksvoll belegt. Der Effekt trete auch ein, so die Forscher, wenn Menschen bereits blutdrucksenkende Medikamente einnehmen – das ist eine neue Erkenntnis. Außerdem beobachteten die Forscher von der Northwestern University in Chicago eine Blutdrucksenkung nach Salzdiät unabhängig von Faktoren wie Alter, Geschlecht, ethnischer Gruppe, Body-Mass-Index oder Diabetes. Die WHO empfiehlt, nicht mehr als zwei Gramm Salz täglich zu sich zu nehmen, die meisten Menschen verzehren deutlich mehr, was auch an versteckten Salzen in Fertiglebensmitteln liegt. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer salzreduzierten Ernährung für die Blutdruckkontrolle und weisen darauf hin, dass eine solche Diät für viele Menschen vorteilhaft sein könnte. Der Leiter der im Fachjournal „Jama“ veröffentlichten Studie fasst die Ergebnisse so zusammen: „Wie für die meisten Menschen jede körperliche Aktivität besser ist als keine, ist für die meisten Menschen im Hinblick auf den Blutdruck wahrscheinliche jede Natriumreduzierung gegenüber der üblichen Ernährung besser als keine.“

AMIRA meint: Vielleicht solltet ihr bei der PDL „Blutdruckmessen“ einfach noch einmal auf diesen gut belegten Zusammenhang und auf die Bedeutung einer salzreduzierten Ernährung hinweisen.

Zurückgezogener Corona-Impfstoff schädigt Curevac-Bilanz

Curevac, ein Biotech-Unternehmen in Tübingen, kämpft weiterhin mit den Folgen seines Rückschlags bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs. Ursprünglich als Hoffnungsträger für ein entsprechendes Vakzin betrachtet, zog Curevac seinen ersten Kandidaten aufgrund geringer Wirksamkeit zurück. Deshalb belaufe sich der der operative Verlust in den ersten neun Monaten auf 186,2 Millionen Euro, im Vergleich zu 127,9 Millionen im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz bis September betrug 31,2 Millionen Euro, im Vorjahr waren es 55,7 Millionen Euro. Trotz des Rückschlags plant Curevac, in den nächsten Jahren ein erstes Produkt auf den Markt zu bringen. In Zusammenarbeit mit GlaxoSmithKline entwickelt das Unternehmen nun ein neues Corona-Vakzin der zweiten Generation. Zusätzlich fokussiert sich Curevac auf einen mRNA-basierten Krebsimpfstoff, mit einer Phase-1-Studie im Zeitplan. Erste Ergebnisse werden für die zweite Jahreshälfte 2024 erwartet, das Ziel ist, bis 2028 eine Krebsimpfung auf den Markt zu bringen. Gegenüber Bild hatte Curevac-Chef Alexander Zehnder Anfang November große Hoffnungen geschürt, indem er sagte: „Krebs wird kein Todesurteil mehr sein.“

Riesenschneckenalarm

Und dann war da in dieser Woche noch die Afrikanische Riesenschnecke. Sie gewann einige Bekanntheit durch die Veröffentlichung eines Wissenschaftlerteams der Universität Lausanne (Schweiz) in der Fachzeitschrift „Parasites & Vectors“. Darin stellten die Forscher heraus, dass die Glibberkriecher auch für Menschen gefährlich werden können, etwa, indem sie auf diesen den Ratten-Lungen-Wurm übertragen, der für Kleinkinder potenziell tödlich sein kann. Und der sei nur einer von mehr als 20 Krankheitserregern, mit denen die Riesenschnecken Menschen infizieren könnten.

Nun fragt man sich, wo und wie Menschen – außer in Afrika – hierzulande mit der bis zu 20 Zentimeter großen Schnecke in Berührung kommen. Schlauer wird man – so wie die Forscher es taten – nach einer Durchforstung sozialer Netzwerke. Auf Instagram und Co. seien zig Fotos und Filme zu finden, in und auf denen Menschen die Schnecken in Terrarien halten und ab und an auf sich herumkriechen lassen oder sogar auf ihr Gesicht setzen. Wozu das? Weil der Schleim angeblich gut für die Haut sei. Wegen der Gesundheitsgefahren fordert das Team aus Lausanne die Gesundheitsbehörden nun auf, vor den Risiken zu warnen und den Handel und den Besitz der Tiere besser zu regeln.

AMIRA findet: Irre, welche Ekelgrenzen manche Menschen überwinden, um das Optimum aus ihrer äußeren Erscheinung herauszuholen. Das muss man fast schon anerkennen…