Kosmetik aus der Apotheke – Hui oder Pfui?

Ist Kosmetik aus der Apotheke eigentlich dasselbe wie das Angebot im Drogeriemarkt, nur teurer? Darüber gehen die Meinungen auseinander. In einer kleinen Serie wollen wir die Vorteile der Apotheken-Kosmetik eingehend beleuchten.

Oft kommen Kundinnen und Kunden mit Hautproblemen zu uns in die Apotheke, die eine dauerhafte Spezialpflege benötigen. Diese Menschen sind gut aufgehoben bei uns, denn in unserer Ausbildung haben wir etliche Stunden auch im Fach Galenik verbracht. Wir wurden geschult in der Herstellung von Arzneimitteln, speziell in der Produktion von Salben und Cremes, und kennen uns deshalb aus mit Inhaltsstoffen, Wirkungsweisen und Unverträglichkeiten. Das gilt auch dann, wenn diese Inhaltsstoffe nicht in selbst gefertigten Präparaten stecken, sondern in der sogenannten Apothekenkosmetik. Von diesen Kosmetika führen viele Apotheken inzwischen ein größeres Sortiment.

Was macht Apothekenkosmetik aus?

Oft werden diese Hautpflegeprodukte auch als „Dermokosmetik“ bezeichnet. Dieser Begriff umschreibt Produkte zur Reinigung, zum Schutz und zur Pflege der Haut, die den reinen kosmetischen Effekt übersteigen, da zusätzlich pharmazeutische und dermatologische Ansprüche an sie gestellt werden. 
Die Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) gibt in ihren Leitlinien den aktuellen Wissensstand der Forschung wieder und reklamiert für sich, Wirkstoffe und Grundlagen zur Behandlung von verschiedensten Hautproblemen evidenzbasiert zu empfehlen. Die von den Herstellern aufgrund dieser Leitlinien entwickelten Produkte sind meist sogar für bestimmte Hautbedürfnisse oder Erkrankungen gedacht. Bei Neurodermitis zum Beispiel kann eine gute regelmäßige Basispflege den nächsten Schub verhindern und den Betroffenen quälenden Juckreiz, Schmerzen und den Gang zum Arzt ersparen, der dann andere Geschütze auffahren muss. Auch bei Akne kann durch eine adäquate Pflege das Hautbild enorm verbessert und häufig eine stärkere, nebenwirkungsreichere Therapie vermieden werden. 

Unterschiede zu Kosmetik aus dem Drogeriemarkt

Dem Verbraucher fallen zunächst einmal die Preisunterschiede bei Kosmetik aus dem Drogeriemarkt oder der Apotheke ins Auge. Es lohnt sich, genauer hinzusehen, denn die Unterschiede lassen sich erklären.
Alle Kosmetikprodukte (ob aus Apotheke, Drogeriemarkt…) unterliegen beim Inverkehrbringen hauptsächlich der europäischen Kosmetik-Verordnung und auch der Deutschen Kosmetik-Verordnung, die noch weitere ergänzende Vorschriften enthält. Darin werden geeignete Inhaltsstoffe gelistet aber auch Themen wie Testungen, Tierversuche, Kennzeichnung der Produkte und Beschaffenheit der Verpackung behandelt. Diese Verordnungen werden ständig angepasst und verändert, gerade was die verschiedenen Inhaltsstoffe betrifft. Was heute noch als völlig unbedenklich gilt, kann – überspitzt formuliert – morgen schon als höchst gefährlich erachtet werden.

Dermokosmetik geht in ihren Qualitätsanforderungen sogar noch einen Schritt weiter. Auch Inhaltsstoffe, die „nur“ kritisch gesehen werden, aber noch erlaubt sind, werden größtenteils vermieden und die Formulierung immer wieder aufs Neue angepasst und verändert. Kritische Inhaltsstoffe, deren Wirkung unbelegt oder umstritten ist, werden durch richtige „Wirkstoffe“ ersetzt. Hersteller von Dermokosmetik müssen einen hohen Anspruch an Qualität und Verträglichkeit erfüllen, investieren viel Geld und Zeit in Forschung und Studien und entwickeln sich ständig weiter. Trotz dieser Versprechen mussten sich einige Anbieter noch 2013 von Stiftung Warentest kritisieren lassen, da ihnen die Beimengung von problematischen Stoffen, darunter Parabene und Mikroplastik, nachgewiesen werden konnte. Aber, und das lässt sich leicht errechnen: Das ist zehn Jahre her.

Entscheidend ist die BERATUNG

Im Vergleich zu einem Drogeriemarkt nehmen die Kund:innen in der Apotheke nicht irgendetwas aus dem Regal, sondern werden von qualifiziertem Personal umfassend und individuell beraten. Der Hautzustand wird beurteilt, und dann ein passendes Pflegekonzept erstellt und umfassend erklärt. Außerdem besteht meistens die Möglichkeit, ein Produkt mittels Probe oder Tester einmal auszuprobieren, um eventuelle Unverträglichkeiten schnell feststellen zu können. Einige Hersteller bieten sogar eine Geld-zurück-Garantie an, die meist über die Vor-Ort-Apotheke abgewickelt wird. Das alles leistet kein Drogerie- oder Supermarkt, und nur in seltensten Fällen eine sündhaft teure Parfümerie. Deshalb können wir berechtigt behaupten: Unsere Kund:innen bekommen in der in der Apotheke einfach mehr für ihr Geld.

Dennoch liegen Apotheken nur auf Platz drei der Einkaufsstellen, in denen Kund:innen ihre Kosmetik erwerben, hat das Portal Statista für 2022 ermittelt. Demnach kaufen 38 Prozent ihre Kosmetik in Drogerien, 23 Prozent in Parfümerien, 19 Prozent in der Apotheke und 12 Prozent über den Versandhandel. An den vermeintlich zu hohen Preisen kann es also nicht liegen, denn Parfümerien sind – auch wegen anderer Sortimente – noch einmal deutlich teurer als Apotheken. Eine Untersuchung der Hochschule Pforzheim aus dem Jahr 2017 zusammen mit einem französischen Hersteller (nuxe) listet Gründe auf, die einem besseren Abverkauf in den Augen der Kund:innen entgegenstehen. So lässt ein übergroßes Sortiment und eine Vielzahl von Linien manche Kundin eher ratlos zurück, sie fühlten sich laut Befragung schlicht überfordert bei der Auswahl. Große, helle und freundliche Verkaufsräume – die sprichwörtliche „Wohlfühlatmosphäre“ förderten offenbar die Kaufneigung, ebenso wie eine gute Beratung. Nur: Wie soll die am besten eingeleitet werden? Die meisten Kundinnen, so die Untersuchung, wollten sich zunächst eine kurze Weile selbst orientieren und dann angesprochen und beraten werden. Personal, das Kosmetik eher als lästiges Beiwerk oder sich selbst als Störfaktor empfindet, vergibt eine Umsatzschance, wenn es darauf verzichtet, Beratung aktiv anzubieten. Letztlich förderte die Untersuchung zutage, dass manche Kundin skeptisch gegenüber verwendeten Inhaltsstoffen war – „Kosmetik aus der Apotheke? Die enthält doch bestimmt starke Wirkstoffe und verursacht auch Nebenwirkungen.“ Auch dieser vielen Apothekenmitarbeitern sicherlich unbekannte Vorbehalt lasse sich durch Information und Beratung auflösen, so die Befragung. Also: Der Kundin eine kurze Zeit zur Orientierung geben, dann aktiv die Beratung anbieten und mögliche Vorurteile entkräften – das ist der Königsweg für Kosmetik-Mehrabsatz. 

Welche Kosmetik-Serien in Apotheken beliebt sind, und welche Schwerpunkte die Hersteller mit ihren Produkten setzen, darüber gibt es demnächst mehr Infos in der AMIRA-Welt. 

AMIRA fragt: Habt ihr ein größeres Sortiment an Kosmetik im Angebot? Wonach fragen Kundinnen verstärkt? Beratet ihr guten Gewissens oder plagt ihr euch manchmal bei der Beratung?