Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere und Stillende
Wenn keine Grunderkrankungen vorliegen, sieht man junge Frauen eher selten in der Apotheke. Erst dann, wenn eine Schwangerschaft eintritt, kommen sie häufiger, um sich zu Vitamin- und Mineralstoffpräparaten beraten zu lassen.
Auch wenn sich die Kundin grundsätzlich gesund ernährt: Während der Zeit, in der sie ein Kind mitversorgen muss, hat sie einen deutlichen Mehrbedarf an Vitaminen und Mineralstoffen, der nur sehr schwer über die normale Essenszufuhr gedeckt werden kann. Hier kommen die wichtigsten Nährstoffe, auf die sie achten sollte:
1. Langkettige Fettsäuren wie Docosahexaensäure (DHA) – eine Omega-3-Fettsäure – und Arachidonsäure (AA) – eine Omega-6-Fettsäure – sind wichtig für die Entwicklung des Gehirns, des Zentralen Nervensystems und der Augen des ungeborenen Kindes. DHA findet sich vor allem in fettem Seefisch, der nur bei den wenigsten regelmäßig auf dem Essensplan steht, aber eigentlich mindestens einmal in der Woche verzehrt werden sollte. Die Stiftung Kindergesundheit und die Europäische Kommission empfehlen in einem Consensus-Papier die tägliche Aufnahme von 200 mg DHA mit dem Beginn der Schwangerschaft. Diese Menge findet sich auch in verschiedenen Kombipräparaten für Schwangere und Stillende (z.B. MensSana Multi für Schwangere + DHA von MensSana AG).
2. Folsäure ist während der Schwangerschaft besonders wichtig, denn wenn weniger als 600 Mikrogramm täglich aufgenommen werden, erhöht sich die Gefahr von fetalen Anomalien wie Spina bifida (offener Rücken), angeborene Herzfehler oder einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Um dieses Risiko noch weiter zu minimieren, sollten auch Frauen mit Kinderwunsch bereits mit der Einnahme von Folsäure beginnen. Auch Stillende haben hier einen deutlichen Mehrbedarf und können die Supplementierung, die während der Schwangerschaft begonnen hat, einfach fortführen. Sinnvoll ist es, in der Kinderwunschphase bis zur 12. Schwangerschaftswoche ein Präparat mit 800 Mikrogramm Folsäure zu wählen (z.B. Folio forte Kinderwunsch und Schwangerschaft – Phase1 u.a. mit zusätzlich 150 Mikrogramm Jod) und ab der 13. Schwangerschaftswoche bis zum Ende der Stillphase 400 Milligramm zu sich zu nehmen (z.B. Folio® Schwangerschaft und Stillzeit Phase 2 von SteriPharm Pharmazeutische Produkte GmbH & Co. KG mit 150 Mikrogramm Jod). Das B-Vitamin findet sich zwar auch beispielsweise in Salaten, Spinat und Vollkornprodukten, ist aber hochempfindlich gegenüber Licht und Wärme, so dass meist zu wenig davon aufgenommen wird.
3. Der Calcium Bedarf ist während der Schwangerschaft nur mäßig erhöht, eine Zufuhr wird aber während der Stillzeit empfohlen. Nur wenn die werdende Mutter eine Abneigung gegen Milch und Milchprodukte empfindet und auch nicht genügend calciumangereichertes Wasser trinkt, kann es sinnvoll sein, Calcium als Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Grundsätzlich sollten täglich mindestens 800 bis 1000 mg aufgenommen werden (z.B. Calcium 1000 mg von HEXAL AG). Ein zu niedriger Calciumspiegel erhöht die Gefahr einer Eklampsie. Eingenommen werden sollte es am besten gleich morgens früh zum Frühstück.
4. Jod ist wichtig für die Entwicklung des Gehirns, des Nervensystems, das Wachstum und die Knochen. Studien haben gezeigt, dass eine zu geringe Aufnahme von Job zu einem geringeren IQ der Kinder als bei den Kindern, deren Mütter optimal versorgt waren, führt. Sobald die kindliche Schilddrüse zwischen der 10. und 12 Schwangerschaftswoche ihre Arbeit aufnimmt, benötigt sie Jod. Das Spurenelement findet sich vor allem in Seefisch, Milch und Milchprodukten oder in jodangereichertem Speisesalz. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät hier schwangeren Frauen zur zusätzlichen Aufnahme von 100 bis 150 Mikrogramm Jod am Tag. Es ist sinnvoll für jede Schwangere, sowohl Jod als auch Folsäure einzunehmen, daher haben wir bei Punkt 2 auch direkt ein Kombipräparat vorgeschlagen.
5. Eisen wird aus Fleisch deutlich besser aufgenommen als aus pflanzlichen Lebensmitteln. Daher ist es besonders bei Vegetarierinnen wichtig, dass der Eisenspiegel regelmäßig überwacht wird. Schwangere und Stillende benötigen zwischen 20 und 30 Milligramm Eisen am Tag. Ein Mangel macht sich vor allem durch Müdigkeit und Abgeschlagenheit bemerkbar. Werden Supplemente benötigt, ist es sinnvoll, diese morgens etwa eine halbe Stunde vor dem Frühstück mit einem Schluck Orangensaft einzunehmen. Vitamin C hilft dabei, dass der Körper Eisen besser aufnehmen kann, während die Gerbstoffe in Kaffee, Tee und Milch die Aufnahme stören. Wer die Einnahme von Eisenpräparaten schlecht verträgt, sollte auf ein Supplement umsteigen, das erst im Zwölffingerdarm freigesetzt wird (z.B. ferro sanol duodenal von UCB Pharma GmbH).
6. Magnesium wird nur zur zusätzlichen Einnahme empfohlen, wenn Wadenkrämpfe auftreten oder eine verfrühte Wehentätigkeit beobachtet wird. Hier rät der Frauenarzt dann zu einer zusätzlichen Einnahme. Die nötige Einnahmemenge legt er dann auch fest – je nach dem kann man dann ein passendes Präparat heraussuchen.
7. Vitamin B12 wird über die ganz normale Ernährung üblicherweise ausreichend aufgenommen. Nur Schwangere und Stillende, die sich vegan ernähren, sollten hier eine entsprechende Supplementierung vornehmen, da das Vitamin vorwiegend in Tierprodukten wie Eiern, Fleisch und Milch enthalten ist. Schwangere und Stillende haben hier laut DGE einen erhöhten Bedarf von 4,5 bzw. 5,5 µg/Tag. Wird nicht ausreichend Vitamin B12 aufgenommen kann der Mangel zu einer verlangsamten Entwicklung des Neugeborenen oder sogar zu Neuralrohrdefekten führen.
Wie man sieht, ist die Beratung hier sehr heikel und es kann nicht immer jeder Schwangeren zum selben Produkt geraten werden. Ein Hauptaugenmerk liegt daher immer auf der Frage nach der allgemeinen Ernährung und darauf, ob der Arzt bereits ein Blutbild angefertigt hat, durch das man einen möglichen Mangel erkennen kann. Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente sollten so sparsam wie möglich und nur bei tatsächlicher Notwendigkeit eingesetzt werden. So kannst du sowohl Schwangere als auch Stillende umfassend zu Nahrungsergänzungsmitteln beraten.