PCR – so funktioniert die Polymerase-Ketten-Reaktion als Test auf Corona
Vor Kurzem berichteten wir über unser AMIRA-Partnerprogramm und die damit verbundene Möglichkeit, ein komplettes PCR-Testlabor für eure Apotheke zu erhalten, mit dem ihr am Point-of-care PCR-Coronatests anbieten könnt.
Der Clou dieses Angebots ist: Das Labor hat einen Marktwert von rund 24.000 Euro, wird eurer Apotheke aber kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Das Labor, mit dem sich nicht nur Covid19-Infektionen, sondern auch solche Virusvarianten wie HIV, Affenpocken oder Influenza A und B nachweisen lassen, ist eine Chance, die Ertragskraft eurer Apotheke zu steigern und deren Existenz im Wettbewerb mit zum Beispiel Versandapotheken zu sichern. Zumal das PCR-Labor wenig Platz benötigt und der Umgang mit Hardware und Test-Verbrauchsmaterialien in einer gut halbtägigen Schulung intensiv gelehrt wird. Auch dieser Service ist kostenlos. Kaufen muss eure Apotheke lediglich die Test-Kits. Was zu unserem Angebot dazugehört, welche Voraussetzungen eure Apotheke erfüllen sollte und wie die notwendige Medizinprodukte-Beratung verläuft, erfahrt ihr detailliert in diesem Beitrag in unserer AMIRA-Welt. Angesichts der enormen Inzidenz-Steigerung, die im Zuge des beendeten Oktoberfests in München zu verzeichnen war, sollte eure Apotheke ruhig einmal über die Anschaffung des PCR-Labors nachdenken: Die Erkältungssaison beginnt gerade, und ein sicherer Nachweis von Corona-Infektionen ist wichtig für das Eindämmen des Infektionsgeschehens. Der Bedarf an aussagekräftigen PCR-Tests dürfte deshalb kräftig steigen.
Aber wie funktioniert der Infektionsnachweis per „Polymerase-Chain-Reaction“, abgekürzt PCR, eigentlich genau? Wir haben Professor Dr. Jörn Bullerdiek, Direktor des Instituts für medizinische Genetik an der Universität Rostock, um Aufklärung gebeten. Hier lest ihr seine Erklärung: Sie ist gut verständlich und ebenso kurz wie detailliert. Viel Spaß beim Lesen.
Foto: Professor Dr. rer. nat. Jörn Bullerdiek
PCR – ein Blick in den Werkzeugkasten
Die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR = Polymerase Chain Reaction) ist eine etablierte molekulargenetische Methode zum empfindlichen Nachweis und der Quantifizierung von Nukleinsäuren (DNA, RNA). Ihre hohe Empfindlichkeit beruht auf dem Prinzip der zyklischen Vervielfachung (Amplifikation) von Ziel-Nukleinsäuren. Wie funktioniert das genau? Im Reaktionsansatz wird, sofern vorhanden, die Ziel-Nukleinsäure „erkannt“. Durch eine zyklische Abfolge von Temperaturerhöhung und Temperaturabsenkung wird diese Nukleinsäure sodann vervielfacht (siehe Schema Infokasten.) Die ursprüngliche Anzahl der Ziel-Moleküle wird dabei im ersten Zyklus verdoppelt, im zweiten Zyklus vervierfacht, im dritten Zyklus verachtfacht und so weiter. Eine übliche Anzahl von PCR-Zyklen ist zum Beispiel die 30. Das bedeutet, dass die Zahl der ursprünglich vorhandenen Moleküle 30-mal hintereinander verdoppelt wurde. Daraus erklärt sich auch das zunächst etwas paradox erscheinende Prinzip, dass ein hoher Ct-Wert (cycle threshold) einer geringen Molekülzahl in der Anfangskonzentration entspricht, ein geringer Ct-Wert jedoch einer hohen Molekülmenge. Aber warum eignet sich die PCR besonders gut zum Nachweis von Nukleinsäuren?
Nobelpreis für PCR-Erfinder Kary Mullis
Nukleinsäuren bestehen aus einem Zucker- (Ribose bei RNA oder Desoxyribose bei DNA)Phosphat-Gerüst, an dem die so genannten Basen „hängen“. Im Wesentlichen sind das Adenin (A), Thymin (T), Guanin (G) und Cytosin (C) in der DNA. In der RNA ist das Thymin durch Uracil (U) ersetzt. Ein Bestandteil der PCR-Reaktion, der so genannte Primer, kann nun die DNA, die nachgewiesen oder analysiert werden soll, spezifisch erkennen. Damit läuft die PCR-Reaktion ab oder nicht ab, je nachdem ob eine entsprechende Sequenz vorhanden ist.
Die besondere Bedeutung der PCR als molekulargenetisches Verfahren wurde auch durch die Vergabe des Nobelpreises 1992 an Kary Mullis gewürdigt.
Was erklärt aber nun den besonderen Siegeszug der PCR in der Diagnostik? Wenn die Reaktionsparameter richtig gewählt werden und die Zielsequenz der Nukleinsäure beziehungsweise die zugehörigen Primer richtig ausgefüllt sind, dann ist die PCR sehr spezifisch und, verbunden durch die Applikation der DNA, auch sehr sensitiv. Die PCR ist gleichermaßen zur qualitativen und quantitativen Analyse von Nukleinsäuren geeignet. Ihre besondere Stärke spielt sie immer dann aus, wenn nur kleine Mengen der zu untersuchenden Nukleinsäuren zur Verfügung stehen. Die zu untersuchende Nukleinsäure kann dabei DNA oder RNA sein. Im zweiten Fall muss dabei der eigentlichen PCR eine Umschrift (sog. reverse Transkription) der RNA in DNA vorausgehen. Diese Variante wird als RT-PCR (für Reverse Transcriptase-PCR) bezeichnet. Oft wird die PCR auch in Kombination mit anderen molekulargenetischen Untersuchungsverfahren verwendet, so dass die PCR zur Vermehrung der Nukleinsäuren dient, deren nähere Untersuchung dann mit einer weiteren Methode, z.B. der DNA- Sequenzierung, erfolgt. Allein oder in Kombination sind wichtige Einsatzgebiete der PCR der Erregernachweis wie aktuell des SARS-CoV-2, forensische Anwendungen wie die Untersuchung von Tatortspuren und Vaterschaftsbegutachtung oder Untersuchung auf Genvarianten im Rahmen humangenetischer Diagnostik. Auch eine Quantifizierung der Nukleinsäuren ist mit Varianten der PCR (qPCR = quantitative PCR) möglich. Wir kennen das etwa von der SARS-CoV-2 Diagnostik, bei der der Ct-Wert ein Maß für die Menge an Viruspartikeln in der untersuchten Probe ist. Gemeinsam ist allen Anwendungen, dass die PCR aus den o.g. Gründen mit sehr geringen Mengen der zu untersuchenden „Ausgangsnukleinsäure“ auskommt.
Nutzen der PCR ist kaum zu überschätzen
Diese hohe Sensitivität hat allerdings auch ihren Preis, denn selbst kleinste Mengen von kontaminierender DNA, die versehentlich in den Reaktionsansatz gelangen, können zu einem positiven Signal führen und damit einem falsch positiven Befund. An die „Laborumgebung“, in der die Tests stattfinden, sind daher hinsichtlich Kontaminationsschutz besondere Bedingungen zu stellen. In jüngster Zeit wird versucht, diesen Problemen durch besonderes Containment wie der Verwendung geschlossener Cartridges Rechnung zu tragen, um so vorsichtig den Weg hin zu Point of Care Anwendungen zu öffnen. Kurzum, die PCR ist in der Diagnostik bereits heute eine etablierte und extrem wichtige molekulargenetische Methode, deren Anwendung in vielen medizinischen Bereichen indes noch viel Spielraum nach oben hat. Ein optimistischer Blick in die Zukunft der PCR voller Spannung, was da noch kommt, ist berechtigt.
Der Werkzeugkasten der PCR
Die PCR beruht darauf, dass DNA-Moleküle Doppelstränge ausbilden können. Sofern man (beziehungsweise die Zelle) die Sequenz jeweils eines Stranges kennt, ist auch die Basensequenz des Doppelstranges bekannt, denn die Basen liegen sich in eindeutiger Weise gegenüber. Stets liegt A gegenüber von T, G gegenüber von C bzw. jeweils umgekehrt. Die Zelle verfügt über Werkzeuge, um den gegenüberliegenden Strang zu „rekonstruieren“. Diese Werkzeuge werden als DNA-Polymerase bezeichnet. Sie sind natürlich nicht als Hilfsmittel für die Molekulargenetik entstanden, sondern in Vorbereitung der Zellteilung damit beschäftigt, die DNA der Zelle zu verdoppeln. Voraussetzung sind dabei kurze Stücke von DNA mit bekannter Sequenz, mit denen jeweils die Rekonstruktion startet, die sogenannten Primer. In einem PCR-Zyklus passiert dann das Folgende: der DNA-Doppelstrang wird geöffnet (Denaturierung = Temperaturerhöhung). Danach wird die Temperatur wieder verringert. Sofern die Zielsequenz vorhanden ist, wird sie vom Primer gefunden. Damit ist dann wiederum an der entsprechenden Stelle der Startpunkt für die Rekonstruktion des Doppelmoleküls gegeben. Aus den beiden Einzelsträngen nach Trennung entstehen zwei Doppelstränge. Aus diesen entstehen durch Temperaturerhöhung zu Beginn des nächsten Zyklus vier Einzelstränge. Mit diesen Informationen können wir jetzt den Werkzeugkasten der PCR bestücken: Benötigt wird das PCR Gerät selbst, das die Abfolge von Temperaturerhöhung und -erniedrigung d.h. die eigentlichen Zyklen, sicherstellt. Daneben wird benötigt die DNA-Polymerase zur Neusynthese der neu entstehenden Fragmente und es werden die Primer benötigt als wichtige Startpunkte und Erkennungswerkzeuge der PCR Reaktion. Schließlich bedarf es noch eines Vorrates von DNA-Bausteinen, damit die Synthese entsprechenden Nachschub hat. Damit kann die PCR dann beginnen.
(Anmerkung der AMIRA-Redaktion: All diese benötigten „Werkzeuge“ enthält das PCR-Labor aus dem AMIRA-Partnerprogramm, wie gesagt: kostenlos!)
Abbildung modifiziert aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:PCR.svg?uselang=de