Rosacea: Neue S2k-Leitlinie
Du kennst Rosacea als schubweise verlaufende Erkrankung der Gesichtshaut. Weniger bekannt sind ihre okulären Manifestationen, unter denen 20-50% der Patienten leiden. Die neue S2k- Leitlinie greift diese auf.
Neue Leitlinie S2K kategorisiert nach Phänotypen und wird so individualisierter
Medizinische Leitlinien sollen Ärzte und Angehörige anderer Gesundheitsberufe – wie beispielsweise Apotheker:innen und PTA – bei ihren Entscheidungen über die angemessene Gesundheitsversorgung ihrer Patienten anleiten und unterstützen. Dabei sind sie im Gegensatz zu Richtlinien aber nicht bindend und recht allgemein gehalten. Sie enthalten in der Regel keine Wertung was das erreichbare Behandlungsergebnis betrifft. Sie werden nach dem System der AWMF in vier Entwicklungsstufen von S1 bis S3 entwickelt und klassifiziert, aufsteigend von S1 über S2k, S2e und S3, die die höchste Qualitätsstufe der Entwicklungsmethodik darstellt. Die Rosacea-Leitlinie befindet sich nun auf der zweiten Stufe, sie ist eine S2k-Leitlinie.
Hier wurde eine neue Einteilung nach Phänotypen aufgenommen, welche die vormals übliche Einteilung nach Subtypen ablöst. Nun wird die Schwere der Erkrankung anhand der Symptomatik festgelegt, und in diagnostische, Major- und Minor-Symptome, also Haupt- und Nebensymptome unterteilt. Diese Einteilung kann deutlich besser individualisiert, und modular auf einen bestimmten Patienten zugeschnitten werden.
Diagnostische Symptome:
- phymatöse Veränderungen
- persistierendes Erythem, welches sich durch Trigger verschlechtert
Major-Symptome:
- Flushing/transientes Erythem
- Papeln und Pusteln
- Teleangiektasien
Minor-Symptome:
- Brennen
- Stechen
- Trockenheitsgefühl der Haut
- Ödem/Schwellung
Die Minor-Symptome werden anschließend noch anhand ihrer Frequenz, der Dauer, Intensität und Ausmaß beurteilt und helfen, die Schwere der Symptomatik zu beschreiben.
Neu in der Leitlinie: Ein Kapitel über die Augenbeteiligung bei Rosacea
Neu hinzugekommen ist ein Kapitel über eine Augenbeteiligung bei der Diagnose Rosacea, denn eine okuläre Rosacea wird in etwa 40% der von Rosacea betroffenen Patienten beobachtet. Sie tritt am häufigsten bei Erwachsenen mittleren Alters auf, betrifft beide Geschlechter gleichermaßen und führt zu deutlichen Einschränkungen der Lebensqualität. Die Dichte der Meibom- Drüsen ist dabei verringert, und zusätzlich liegt bei ihnen ebenfalls eine Funktionsstörung vor. Die Meibom-Drüsen sind Talgdrüsen, die sich am Rand der Augenlider befinden. Sie produzieren die Lipidschicht, also die Fettphase des Tränenfilms, die dafür sorgt, dass die Tränenflüssigkeit stabilisiert wird, und nicht zu schnell verdunstet. Ist ihre Funktion beeinträchtigt, dann kann das Störungen des Tränenfilms und dadurch trockene Augen, Entzündungen, okuläre Reizungen, eine chronische Konjunktivitis und Erkrankungen der Augenoberfläche nach sich ziehen. Dass diese Beschwerden eine Folge der Rosacea sein könnten, bemerkt man daran, dass sie bereits morgens früh nach dem Aufstehen vorhanden sind und sich nicht erst – wie sonst bei Patienten mit trockenem Auge – im Laufe des Tages verschlechtern. Neben einem Fremdkörpergefühl und Rötungen der Lidränder können Sehstörungen mit Verschwommensehen und erhöhter Lichtempfindlichkeit auftreten.
Therapie-Möglichkeiten und Hygiene
Wichtig für die Ärzte ist dabei, erst einmal die Diagnose zu stellen und dann eine Behandlung mit Ciclosporin, Azithromycin, topischem oder systemischem Ivermectin, Metronidazol (als Hautcreme auf die Lider appliziert), systemischem Doxycyclin, Azithromycin und anderen Makroliden einzuleiten. Wichtig für die Apotheke ist die Empfehlung einer passenden Lidrandhygiene und Omega-3-Fettsäuren.
Lidrandhygiene und künstliche Tränenflüssigkeit
Bei der Lidrandhygiene haben sich Posiforlid® Augenspray von Ursapharm in Kombination mit der Posiforlid® Augenmaske von Ursapharm, BlephaCura® Liposomale Suspension zusammen mit der BlephaCura®Wärme Gel Maske von OPTIMA Pharmazeutische GmbH oder auch BLEPHACLEAN®, die mizellenhaltige Lotion BLEPHASOL® und BLEPHAGEL® mit dem Blepha Eyebag® von Théa bewährt. Bei Ablagerungen an Augenlidern und zwischen den Wimpern ist es sinnvoll, die Wärmetherapie gemeinsam mit einer Lidrandmassage bzw. -reinigung zu empfehlen. Das gestaute zähe Sekret der Meibom-Drüsen wird durch die warme Augenmaske verflüssigt und kann anschließend mit einem Wattepad ausmassiert und die Augenpartie gereinigt werden. Die Liposomale Suspension, die mizellenhaltige Lotion oder das Augenspray beruhigen dann die gereizten Augenlider und ermöglichen eine Reinigung und Pflege der Lidränder – möglichst mit fusselfreien Pads. Das Spray wird aus einer Entfernung von etwa 10 cm auf die geschlossenen Augen aufgesprüht.
Tagsüber kann den Kunden zusätzlich künstliche Tränenflüssigkeit (zum Beispiel ARTELAC Complete von Dr. Gerhard Mann oder OPTIVE Fusion Augentropfen von Allergan GmbH), nachts Salben oder Gele (zum Beispiel ARTELAC Nighttime Gel von Dr. Gerhard Mann oder OPTIVE Gel Drops Augengel von Allergan GmbH) empfohlen werden.
Omega-3-Fettsäuren als Support und weitere Therapieansätze
Weniger bekannt ist, dass die Substitution von Omega-3-Fettsäuren bei Meibom-Drüsenentzündung ebenfalls empfohlen werden kann. Diese sollte mit 3 bis 4 g pro Tag starten, und nach einer gewissen Zeit, wenn eine Besserung eintritt, auf 2 g pro Tag herunterreduziert werden. Die Einnahme sollte mindestens sechs Monate lang andauern damit ein Erfolg dauerhaft bestehen bleibt.
Die neue Leitlinie umfasst zudem auch viele Empfehlungen zur spezifischen Hautpflege bei Rosacea im Kapitel zur Dermokosmetik, die wir in unserem allgemeinen Artikel zum Thema Rosacea bereits größtenteils genannt haben:
- die Haut sollte schonend mit lauwarmem Wasser und pH-neutralen Waschsubstanzen (schwach saurer pH- Wert) gereinigt werden
- keine Anwendung von Natriumlaurylsulfat
- kein starkes Reiben, Haut nur trockentupfen
- keine Verwendung von groben Waschlappen und Handtüchern
- keine Peelings
- keine Anwendung von durchblutungsfördernden Stoffen (beispielsweise Alkohol oder ätherische Öle)
- Kosmetika mit aktiven Inhaltsstoffen zur Besserung der Beschwerden werden empfohlen
- ein täglich angewendeter Breitspektrum-Sonnenschutz ist für die Haut extrem wichtig
Dermokosmetische Pflege-Routinen sollten immer morgens und abends erfolgen, in der festen Reihenfolge: Reinigung, Pflege, Sonnenschutz. Sollte der Patient über unangenehme Spannungsgefühle nach der Reinigung klagen, dann kann das daran liegen, dass durch die Anwendung von Wasser zur Reinigung ein wesentlicher Anteil der „natural moisturizing factors“ (NMFs wie Aminosäuren, Salze, Glycerin und Harnstoff) aus der Haut herausgelöst wird. Statt der Rinse-off-Produkt empfiehlt die Leitlinie den Einsatz von Reinigungsfuids oder Mizellenwasser, die ohne zusätzliches Wasser zur Reinigung angewendet werden – so genannte Leave-on-Produkte.