Diabetes Typ I bei Kindern und Jugendlichen – ein (fast) normales Leben

Schon Kinder können an Diabetes erkranken, in der Regel an Typ I-Diabetes, dem Mangel an oder dem völligen Fehlen von körpereigenem Insulin. Wie sich heute der Blutzuckerspiegel kontrollieren und Insulin zuführen lässt, erfährst du in diesem Artikel.

Am 14. November war der diesjährige Weltdiabetestag, über den wir an dieser Stelle berichteten. In Deutschland sind etwa 341.000 Menschen von der Autoimmunkrankheit Diabetes Typ I (Betroffene haben zu wenig oder gar kein eigenes Insulin mehr) betroffen, circa 32.000 davon sind Kinder. Die Diagnose bedeutet einen massiven Eingriff in das Leben eines Kindes und in den Familienalltag. Aber auch wenn die Krankheit erst einmal viel verändert, können die jungen Patienten ein fast normales Leben führen. Fast, denn: Erkrankte müssen auf ihre Ernährung achten, den Blutzucker mehrmals täglich messen und regelmäßig Insulin spritzen – das alles jederzeit und überall. Ausnahmen gibt es nicht.

Daher ist es umso wichtiger, dass alle Betroffenen (Kind, Eltern, aber auch Betreuungspersonen wie Lehrer oder Erzieher) unmittelbar nach der Diagnose im Umgang mit der Erkrankung geschult bzw. darüber informiert werden. Dies geschieht in erster Linie durch die Eltern, aber in etlichen Bundesländern werden auch spezielle Schulungsprogramme für Erziehungs- und Lehrkräfte von Diabetikern angeboten. Sie sollen Anzeichen von Hypo- sowie Hyperglykämien erkennen und gegensteuern, also das Kind zum jederzeitigen Essen und Trinken, Blutzucker messen und zur Insulingabe anhalten können. Außerdem sollen sie das Kind bei der Interpretation von Messwerten unterstützen. Betroffene Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit als Gesunde. Je kleiner das Kind ist, desto wichtiger sind Unterstützung und Hilfe von Dritten.

Die Hilfsmittel zum Diabetesmanagement werden kontinuierlich moderner und besser! Gerade für Kinder besteht die Möglichkeit, eine Insulinpumpe sowie elektronische Systeme für CGM oder FGM (siehe weiter unten) zu nutzen, um so das lästige Piksen bei der Blutzuckerkontrolle auf ein Minimum zu reduzieren.

Insulinpumpe – Alternative zum regelmäßigen Spritzen

Insulinpumpen sind kleine Geräte (kleiner als eine Zigarettenschachtel), die am Hosenbund getragen oder auf den Bauch geklebt werden und den Diabetiker genauso wie eine Bauchspeicheldrüse kontinuierlich und rund um die Uhr mit Insulin versorgen. Über eine kleine Teflon- oder Stahlkanüle, die unter der Haut liegt und alle paar Tage erneuert werden muss (sonst muss mehrmals täglich gestochen werden!), wird der Basalbedarf an Insulin ins Unterhautfettgewebe injiziert. Per Knopfdruck können entweder direkt an der Pumpe oder mittels Fernbedienung zusätzliche Bolusgaben bei Mahlzeiten oder Mehrbedarf erfolgen.

Auch die geringen Insulinmengen für Kleinkinder können mittels Pumpe genauer dosiert werden als mit einem herkömmlichen Insulin-Pen. Beim Duschen, Baden oder beim Sport ist es möglich, die Pumpe für zwei Stunden abzulegen.

Es gibt viele verschiedene Insulinpumpen von diversen Herstellern, z. B. MiniMed® 640G von Medtronic GmbH, mylife YpsoPump® von Ypsomed GmbH, Dana Diabecare von IME-DC GmbH. Eltern müssen diese bei der Krankenkasse beantragen. Der behandelnde Diabetologe sollte ein Gutachten erstellen und kann dann nach Genehmigung eine passende Pumpe für das betroffene Kind auswählen. In den Apotheken wird manchmal das Pumpenzubehör (Schläuche, Akkus, Batterien) und häufig das passende Insulin abgegeben.

CGM- oder FGM Systeme zur Blutzuckerkontrolle

Eine modernere Alternative zum herkömmlichen Blutzuckermessgerät mit Stechhilfe sind die Continuos Glucose Monitoring (CGM) oder Flash Glucose Monitoring (FGM) Systeme. Beim CGM misst ein an Bauch, Hüfte oder Oberarm eingestochener, wenige Millimeter langer dünner Sensorfaden ständig den Zuckergehalt im Unterhautfettgewebe. Dieser muss je nach System alle sechs bis zehn Tage erneuert werden. Ein aufgesteckter Transmitter funkt die Werte an ein Empfangsgerät (z. B. Smartphone). Bei Unterzuckerung oder wenn individuelle Trendwerte unter- und überschritten werden, wird ein Alarmton ausgelöst. Für den Arzt können auch Zuckerkurven über einen Zeitraum erstellt werden. Die FGM Systeme funktionieren auf ähnliche Weise, nur dass ein Lesegerät (Scanner oder Smartphone) an den Sensor gehalten werden muss, um die aktuellen Zuckerdaten zu sehen.

Für einige CGM Geräte ist eine mindestens zweimal tägliche Kalibrierung mittels Blutzuckermessung erforderlich.

FreeStyle® Libre, Libre2, Navigator II von Abbott GmbH & Co. KG, Guardian® Connect von Medtronic GmbH, Eversense XL CGM System von Roche Diabetes Care Deutschland GmbH und DexCom G5 Mobile von Dexcom Deutschland GmbH sind bekannte Anbieter.

Hybrid-Closed-Loop – halbautomatische Insulinpumpen

Hier tragen Patienten eine Insulinpumpe und einen Sensor, der fortlaufend den Zucker im Unterhautfettgewebe misst. Ein Sender schickt die Werte an die Pumpe, die dann mithilfe eines Algorithmus alle fünf Minuten automatisch die Insulinabgabe steigert, drosselt oder unterbricht. Die Pumpe lernt ein paar Tage im manuellen Modus, wann die Person wie viel Insulin benötigt, danach kann sie in den Automodus geschaltet werden. Dieses System wird auch als Vorläufer einer künstlichen Bauchspeicheldrüse bezeichnet und ist ab einem Patientenalter von sieben Jahren zugelassen. Das Minimed 770G® Insulinpumpensystem von Medtronic gibt es hierzulande seit Februar 2021. Es ermöglicht gerade Jugendlichen ein altersgemäßes Leben und Erleben, weil es ständige Blutzuckerkontrolle und Insulinzufuhr weitgehend selbst übernimmt.

Wünschenswert für die Zukunft wäre die Entwicklung eines „Vollautomaten“, der das Eingreifen des Menschen völlig überflüssig macht. Aber die moderne Technik bietet aber auch jetzt schon einige Erleichterungen für Betroffene, speziell auch für Kinder und Jugendliche.

Extrahiert:

  • Moderne Diabetes-Management-Systeme ermöglichen Betroffenen ein viel komfortableres und „normaleres“ Leben als in früheren Jahren.
  • Jugendliche profitieren besonders, weil sie nicht ständig an ihr „Kranksein“ erinnert werden und ihre Jugend unbeschwerter durchleben können.
  • Apotheken kommen bei der Abgabe von Pumpenzubehör und dem passenden Insulin ins Spiel.