Wochenrückblick: Cannabis-Legalisierung, UV-Schutz im Frühling, Eu-weite Gesundheitsdaten und Pflaster für Herzen

Kurz vor Redaktionsschluss kam noch die Nachricht der Woche: Das beschlossene Gesetz zur Legalisierung von Cannabis wurde vom Bundestag passieren gelassen. Das bedeutet, dass schon ab dem 1. April Besitz und Anbau unter Vorgaben erlaubt sind. Aber auch andere Nachrichten haben wir für dich parat!

Cannabis-Legalisierung rückt näher

Der Bundesrat hat am Freitag ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren lassen, das eine teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland ermöglicht. Zum 1. April werden demnach der Besitz und Anbau von Cannabis für Volljährige unter bestimmten Vorgaben erlaubt sein. Trotz einiger Kritikpunkte wurde das Gesetz nicht in den Vermittlungsausschuss geschickt, um es vorerst auszubremsen. Die Bundesregierung hat zugesagt, bis zum 1. Juli 2024 einige Regelungen nachträglich zu ändern, um ein Scheitern zu verhindern.

Das Gesetz sieht vor, dass Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum besitzen dürfen. In der eigenen Wohnung sind drei lebende Cannabispflanzen und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt. Das Kiffen im öffentlichen Raum, insbesondere in Schulen und Sportstätten, soll verboten bleiben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wirbt für das Gesetz als Chance, die junge Generation vor unverhältnismäßigem Konsum und Schwarzmarkt zu schützen. Einige Bundesländer warnen jedoch vor einer Legalisierung, weshalb sie auch gegen das Gesetz stimmten. Es erlaubt auch nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“, in denen bis zu 500 Mitglieder gemeinsam Cannabis anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben können. Eine erste Bewertung der Auswirkungen auf den Kinder- und Jugendschutz soll spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes vorgelegt werden.

Deutscher Apothekerverband erreicht Retaxverzicht im Entlassmanagement

Seit dem 1. Januar 2024 gelten neue Regeln bei der Versorgung von Versicherten mit Entlassrezepten. Diese Rezepte erhalten Patient*innen nach einem stationären Aufenthalt vom Krankenhaus zur Einlösung in einer öffentlichen Apotheke. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat in intensiven Verhandlungen mit den Ersatzkassen nun einen Retaxverzicht im Entlassmanagement vereinbart. Demnach entsteht der Vergütungsanspruch der Apotheke trotz nicht ordnungsgemäßer Verordnung im Entlassmanagement auch dann, wenn es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. Die Details, wie zum Beispiel bei einer fehlenden Betriebsstättennummer (BSNR), erfahren die Apotheken bei ihren Landesapothekerverbänden. Die Vertragspartner haben eine Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2024 vereinbart und wollen sich rechtzeitig über eine mögliche Verlängerung verständigen.

UV-Schutz am besten schon im Frühling

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat vor der intensiven UV-Strahlung im Frühling gewarnt und auf die Bedeutung von Schutzmaßnahmen hingewiesen. Bereits im März könnten in Deutschland hohe UV-Index-Werte erreicht werden, was insbesondere bei Kindern und Jugendlichen zu Vorsicht mahne, da sie empfindlicher gegenüber UV-Strahlung seien, so das Bundesamt.

Der UV-Index dient als Maßstab für die Intensität der UV-Strahlung der Sonne am Erdboden und wird auf einer Skala von 1 bis 11+ gemessen. Das BfS empfiehlt Schutzmaßnahmen wie das Verbringen der Mittagsstunden im Schatten, das Tragen schützender Kleidung, Sonnenbrille und Kopfbedeckung sowie die Verwendung von Sonnencreme, sobald der UV-Index einen Wert von 3 bis 7 erreicht. Auf seiner Webseite informiert das BfS über die aktuelle UV-Situation in Deutschland und zeigt UV-Index-Werte für verschiedene Orte an. Zudem plane die Behörde, ab April UV-Prognosen mit erwarteten Höchstwerten per Newsletter zu verschicken.

Gesundheitsdaten EU-weit nutzbar

Gesundheitsdaten der EU-Bürger sollen künftig grenzüberschreitend genutzt werden können. EU-Staaten und das Europäische Parlament einigten sich jetzt auf ein neues Gesetz, das den Austausch und Zugang zu Gesundheitsdaten erleichtern soll. Dies kommt insbesondere Touristen zugute, die im EU-Ausland medizinische Versorgung benötigen. Derzeit ist der Zugang zu Gesundheitsdaten innerhalb der EU unübersichtlich und variiert stark. Das neue Gesetz ermöglicht es beispielsweise einem spanischen Touristen, ein Rezept in einer deutschen Apotheke abzuholen. Zudem können diese Daten künftig auch für Forschungszwecke im öffentlichen Interesse genutzt werden. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese begrüßt den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS). Dieser ermöglicht es, medizinische Daten wie Vorerkrankungen oder Allergien unkompliziert im Ausland weiterzugeben. Behandelnde Ärzte können dadurch Situationen besser einschätzen und Menschenleben retten. Die Europäische Kommission hatte im Mai 2022 einen Vorschlag zur
Schaffung ebendieses Europäischen Gesundheitsdatenraums gemacht. Die vorläufige Vereinbarung von Rat und Parlament muss nun von beiden abschließend angenommen werden. In den meisten Fällen ist das Formsache.

Darm-Mikrobiom-Tests: Nutzlos und schädlich?

Kommerzielle Darmbakterien-Tests für Verbraucher sind offenbar oft wenig aussagekräftig. US-amerikanische Wissenschaftler mahnen, dass Behauptungen von Unternehmen, sie seien dazu in der Lage, auffällige Mikrobiome zu erkennen, nicht durch die Forschung gestützt werden. Das ista ein wichtiges Ergebnis, denn solche Tests werden auch in Deutschland angeboten. Die Gruppe um Professor Dr. Diane Hoffmann von der University of Maryland in Baltimore betont in der Fachzeitschrift „Science”, dass derzeit keine Einigkeit darüber besteht, wie ein „gesundes“ Mikobiom auszusehen habe. Die Zusammensetzung der Darmbakterien sei zwar wichtig für die Gesundheit eines Menschen, könne jedoch bei verschiedenen Menschen unterschiedlich aussehen.

In den letzten Jahren ist eine Branche entstanden, die Tests und Analysen für Verbraucher anhand von Stuhlproben und ausgefüllten Fragebögen anbietet, ähnlich wie bei Gentests. Bei Mikrobiom-Tests wird in der Probe vorhandenes Erbgut ausgewertet, um Arten und Häufigkeiten von Bakterien und anderen Lebewesen im Darm zu ermitteln. Weltweit fanden die Autoren 31 kommerzielle Anbieter, fast die Hälfte verkauft auch Nahrungsergänzungsmittel, die sie Verbrauchern aufgrund ihrer Testergebnisse empfehlen. Die Gruppe um Hoffmann befürchtet daher eine kommerzielle Ausnutzung von Verbrauchern.

Besonders kritisieren die Autoren in „Science”, dass Unternehmen die analytische und klinische Aussagekraft sowie den klinischen Nutzen ihrer Tests nicht belegen müssen. Die Autoren empfehlen eine stärkere Regulierung des US-Marktes, sagten aber auch, dass Länder, in denen derartige Tests vertrieben werden, sich an ihren Empfehlungen orientieren könnten.

Ein ganz besonders Pflaster

Mediziner von der Universitätsmedizin Göttingen und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Lübeck haben ein neues Medikament zur Behandlung von Herzmuskelschwächen entwickelt. Erste Studienergebnisse deuten auf dessen Wirksamkeit hin. Es handelt sich um ein sogenanntes „Herzpflaster“. Für die Therapie werden Herzmuskelzellen aus Stammzellen, die aus Nabelschnurblutzellen gewonnen werden, hergestellt. Diese kleinen Bauteile aus Herzmuskelgewebe werden zum sogenannten Pflaster zusammengenäht und anschließend auf das geschwächte Herz genäht. Die minimalinvasive Operation ist bereits Standard und soll zukünftig auch an anderen Standorten möglich sein. Ein Patient erhielt eines der weltweit einzigartigen Herzpflaster und berichtete jetzt von seinen Erfahrungen. Seit der Operation habe sich seine Herzleistung von zehn Prozent auf 35 Prozent verbessert, womit auch die Ärzte nicht gerechnet hätten. Die Studie umfasste bisher zwölf Menschen, und in einer zweiten Studienphase sollen weitere 35 Menschen behandelt werden.

AMIRA meint: Ganz sicher wird man diese Art von Pflaster nicht in der Apotheke kaufen können. Wir wünschen trotzdem viel Erfolg bei der Weiterentwicklung.

Organspende-Register in Betrieb genommen

Ab sofort können Erklärungen zur eigenen Organspendebereitschaft auch digital festgehalten werden. Am Montag der Woche ging ein zentrales Online-Register in Betrieb, in dem Personen ab dem Alter von 16 Jahren eintragen können, ob sie nach ihrem Tod Organe spenden möchten oder nicht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte in Berlin die Bedeutung dieses Schritts für mehr Organspenden. Gleichzeitig setzt er sich weiterhin für eine grundlegende Reform ein: Automatisch soll jeder als Spender oder Spenderin gelten, solange keine ausdrückliche Ablehnung vorliegt. Derzeit sind Organspenden in Deutschland nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt.

Die Registrierung im neuen Portal www.organspende-register.de erfolgt zunächst über einen Ausweis mit Online-Funktion. Bereits am Montagvormittag hatten sich 5500 potenzielle Spender registriert, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Betreiber mitteilte. Bis zum 30. September wird es außerdem möglich sein, Erklärungen direkt über Apps der Krankenkassen einzutragen. Die Angaben sind freiwillig, kostenlos und können jederzeit geändert oder gelöscht werden. Wer lieber auf Papier dokumentiert, kann weiterhin Organspendeausweise verwenden.

Ab dem 1. Juli können Kliniken, die Organe entnehmen, im Register gespeicherte Erklärungen suchen und abrufen. Dies ermöglicht Ärztinnen und Ärzten Gewissheit über potenzielle Spender. Zudem entlastet es Angehörige, die im Ernstfall Entscheidungen treffen müssen.

Sinkende Geburtenrate – sind globale Krisen schuld?

Die Geburtenrate in Deutschland ist in den letzten zwei Jahren deutlich zurückgegangen, wie eine aktuelle Studie zeigt. Forscher vermuten, dass verschiedene weltweite Krisen dazu beigetragen haben könnten, teilte das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung am Mittwoch in Wiesbaden mit. Die Geburtenrate sank von 1,57 Kindern pro Frau im Jahr 2021 auf etwa 1,36 im Herbst 2023. Dies ist das niedrigste Fertilitätsniveau seit 2009, außerdem verlief der Rückgang außergewöhnlich schnell, betonten die Forscher. Die Daten stammen aus einer gemeinsamen Veröffentlichung des Bundesinstituts und der Universität Stockholm im «European Journal of Population», basierend auf monatlichen Geburtenzahlen.

Experten vermuten verschiedene Ursachen für den starken Rückgang. Der abrupte Einbruch im Januar 2022 könnte mit dem Beginn der Impfkampagne gegen das Coronavirus neun Monate zuvor zusammenhängen. Da die Vakzine nicht für Schwangere zugelassen waren, könnten viele Frauen ihren Kinderwunsch aufgeschoben haben, um sich zunächst impfen zu lassen, hieß es.

Der Rückgang ab Herbst 2022 könnte durch weitere Krisen wie den Krieg in der Ukraine, gestiegene Inflation und den fortschreitenden Klimawandel beeinflusst worden sein. In Zeiten multipler Krisen könnten oder wollten viele Menschen ihren Kinderwunsch nicht umsetzen, so die Experten des Bundesinstituts. Ob es sich um vorübergehende Effekte handele und die Zahlen wieder steigen, sei unklar.

AMIRA fragt: Ist da draußen vielleicht irgendjemand, der die Familienplanung aus den vom Bundesinstitut angeführten Gründen – Ukrainekrieg, Inflation, Klimawandel, Corona-Impfung – nach hinten geschoben hat? Habt ihr aus dem Bekannten- oder Freundeskreis davon gehört? Wir wären wirklich gespannt auf Hinweise…