Wochenrückblick: Alles so schön schwarz hier…

Die Corona-Aufarbeitung stößt wegen vieler geschwärzter Passagen erst einmal an Grenzen, die ABDA-Kampagne zur Nachwuchsgewinnung ist ein Erfolg (sagt die ABDA) und Arzneimittel-Abholautomaten verrichten ihren Dienst. Dies und mehr im Wochenrückblick.

Wer hat Angst vor‘m schwarzen Mann?

Es mehren sich die Stimmen, die gegen die Corona-Erkrankung in Deutschland getroffenen Maßnahmen einer unabhängigen und unvoreingenommenen Aufarbeitung zu unterziehen. Die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie waren umstritten. Entzündet hat sich die Forderung nach Aufarbeitung an einer Initiative des Online-Magazins „Mulitpolar“, das auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes die Herausgabe der Gesprächsprotokolle verlangte, die vom Krisenstab des Robert-Koch-Instituts von Januar 2020 bis April 2021 angefertigt wurden. Multipolar erhielt die Protokolle und veröffentlichte sie, allerdings wurden zahlreiche Stellen vom Ministerium zuvor geschwärzt. Die Verschärfung der Risikobewertung, die später zu Corona-Beschränkungen führte, basierte laut dem Magazin nicht auf einer fachlichen Einschätzung des Instituts, sondern auf politischer Anweisung eines externen Akteurs, dessen Name im Protokoll ebenfalls unkenntlich gemacht wurde. Lauterbach erklärte zu Beginn der Woche, der „geschwärzte Mitarbeiter” sei ein RKI-Mitarbeiter, und es habe keine politische Weisung gegeben. Die neue Gefahreneinschätzung wurde am 17. März 2020 in einer Pressekonferenz bekanntgegeben und von „mäßig” auf „hoch” gesetzt, aufgrund einer starken Zunahme nachgewiesener Infektionen. Lauterbach weist damit Vermutungen über äußere Einflussnahme auf eine grundlegende Risiko-Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Beginn der Corona-Krise 2020 zurück und betont, dass das RKI unabhängig von politischer Weisung gearbeitet habe. Nach der Kritik will der Gesundheitsminister nun eine weniger stark geschwärzte Version der Protokolle anfertigen lassen.

AMIRA meint: Ein schönes Thema für die Apothekenspitzelin. Ob sie dazu ein paar Gedanken abringt?

Kabinett verabschiedet Gesetzentwurf zur Medikamentenentwicklung und -produktion in Deutschland

Mit einem Gesetzentwurf, den Gesundheitsminister Lauterbach am Mittwoch durchs Kabinett brachte, will die Bundesregierung Deutschland als Standort für die Entwicklung und Produktion von Medikamenten attraktiver zu machen. Der Entwurf zielt darauf ab, Genehmigungen für Prüfungen und Zulassungsverfahren von Arzneimitteln zu beschleunigen und zu vereinfachen. Er sieht unter anderem Vereinfachungen bei klinischen Prüfungen vor. Diese Prüfungen dienen dazu, die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Substanzen nachzuweisen, bevor sie zugelassen und auf den Markt gebracht werden. Zusätzlich ermöglicht der Entwurf Pharmafirmen, „vertrauliche Erstattungsbeträge” bei neuen Arzneimitteln zu vereinbaren. Allerdings warnt der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen davor, dass Geheimpreise den Unternehmen Spielräume für eine intransparente Gestaltung bieten und die Kosten in die Höhe treiben könnten. Dabei handele es sich nicht um Millionen, sondern um viele Milliarden Euro an Mehrkosten für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, ohne dass dadurch ein Mehrwert für die Versorgung entstehe. Der Verband der Privaten Krankenversicherung kritisiert die Regelung ebenfalls und sieht sie als ausschließlich im Interesse der Pharmakonzerne, um außerhalb Deutschlands einen Preisvorteil zu erlangen.

ipalat bekommt neues Gesicht – Preise bleiben unverändert 

Das Unternehmen Dr. Pfleger Arzneimittel führt einen Relaunch der Marke ipalat® durch. Dabei werden ipalat® Die Halspastille und ipalat® Hydro Med akut im Design und der Verpackung überarbeitet. Die Halspastille erhält ein neues zweizeiliges Logo und rote Verpackungen, während die Packmittel der Hydro Med akut Lutschpastillen von Dosen auf 4er-Blistern umgestellt werden. Trotz der Veränderungen bleiben die Inhalte und Preise unverändert. Im Zuge des Relaunchs will Dr. Pfleger Arzneimittel zudem seine Kampagne „Das Mittel gegen den rauen Ton“ für eine gesunde Stimme und gegenseitiges Verständnis in die Apotheken tragen. 

ABDA-Kampagne scheint gut anzukommen

Die Nachwuchskampagne „How to sell drugs offline (fast)“ erzielt den Angaben von ABDA zufolge positive Ergebnisse bei berufsunentschlossenen Jugendlichen, wie erste Leistungsdaten des Bundesverbands zeigen. Die Webseite der Kampagne, www.apotheken-karriere.de, verzeichne bereits über 100.000 Besucher nach nur sechs Wochen Laufzeit. Die Webseite bietet umfassende Informationen über Apothekenberufe und Ausbildungsmöglichkeiten, darunter Videos, eine virtuelle Apotheke und Job-Suchmaschinen. Besonders die zehnteilige Videoserie „Die Apotheke“ erfülle ihren Zweck und locke 25 Prozent der jungen Besucher*innen über Serien-Trailer auf den Plattformen Snapchat und TikTok auf die Karriereseite der ABDA.

Benjamin Rohrer, ABDA-Kommunikationsleiter, zeigt sich erfreut über die erfolgreiche Nachwuchskommunikation, betont jedoch, dass nicht alle im Berufsstand positiv auf die Kampagne reagieren. Den Kritikern empfiehlt er, die Inhalte auf www.apotheken-karriere.de kennenzulernen. Dass man im Bereich Nachwuchs tätig werden musste, „sollte allen klar sein. Schließlich könnten bis zum Ende dieser Dekade rund 10.000 Apothekerinnen und Apotheker in den Apotheken fehlen, und auch bei den PTA ist der Nachwuchsbedarf riesig!“, so Rohrer.

AMIRA fragt: Hast du dir Kampagnen-Filme mal angesehen? Wie findest du sie?

Arzneimittel-Abholautomaten: Sieht so die Zukunft der Apotheke aus?

Eine Apotheke in Cochem, Rheinland-Pfalz, hat einen Arzneimittel-Abholautomaten installiert, um dem Fachkräftemangel und den eingeschränkten Öffnungszeiten entgegenzuwirken. Kund*innen können dem Vernehmen nach rund um die Uhr vorbestellte Medikamente abholen, ohne an die Ladenöffnungszeiten gebunden zu sein. Der Automat, in auffälligem Rot gehalten, sei einer der ersten seiner Art in Deutschland und funktioniere ähnlich wie eine Packstation, teilte die Apotheke mit. Kund*innen bekämen einen Abholcode auf ihr Smartphone, den sie am Automaten eingeben, um ihr Medikament zu erhalten. Die Apotheken-Inhaberin betont jedoch, dass eine fachkundige Beratung für verschreibungspflichtige und frei verkäufliche Medikamente weiterhin erforderlich und der Automat hochsicher sei, um Missbrauch zu verhindern. Die Einführung des Automaten habe den Arbeitsalltag des Teams in jedem Fall aber erleichtert und die Kundenzufriedenheit erhöht.

Apotheken Magazin wird eingestellt

Das von der Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker herausgegebene Apotheken Magazin, früher bekannt als „Neue Apotheken Illustrierte“, wird aufgrund von andauernden starken Kostensteigerungen bei Papier, Energie und Logistik zu Jahresmitte 2024 eingestellt. Die Entscheidung sei dem Avoxa-Geschäftsführer Peter Steinke nicht leichtgefallen, aber die wirtschaftlichen Herausforderungen im wettbewerbsintensiven Markt für Apotheken-Publikumsmedien seien nicht zu überwinden gewesen. Betriebsbedingte Kündigungen seien immerhin nicht geplant, den betroffenen Mitarbeitenden sollen alternative Tätigkeiten im Unternehmen angeboten werden. Der Verlag plane, sein Online-Angebot zu erweitern und zusätzliche redaktionelle Fachkräfte einzustellen. 

Belgien sagt „Nein“ zu Einweg-E-Zigaretten

Belgien hat als erstes EU-Land den Verkauf von Einweg-E-Zigaretten verboten, wie Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke am Wochenende bekannt gab. Der belgische Verband der E-Zigaretten-Einzelhändler und -Vertreiber, VapeBel, begrüßte diesen Schritt. Ziel ist es, erwachsenen Rauchern ein wirksames Instrument zur Reduzierung des Tabakkonsums zu bieten. Einweg-E-Zigaretten sind mit einer nicht wieder auffüllbaren aromatisierten Flüssigkeit gefüllt und verfügen über eine nicht wieder aufladbare Batterie. Nach der Benutzung werden sie zu Elektroschrott. Im Gegensatz dazu können bei traditionellen E-Zigaretten die Flüssigkeiten nachgefüllt werden.

Vandenbroucke betonte, dass diese Produkte vor allem auf die Jugend abzielten. Er sei froh, dass sie nun vom Markt genommen würden. Die EU-Kommission hat dem Verbot zugestimmt, wodurch Belgien das erste EU-Land ist, das Einweg-E-Zigaretten verbietet. Der Gesundheitsminister hob hervor, dass Rauchen eine der Hauptursachen für vermeidbare Krankheiten ist. Einweg-E-Zigaretten belasten nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Umwelt erheblich.

Das Verbot ist Teil des Tabakbekämpfungsplans des Ministers. Es soll Raucher dazu motivieren, aufzuhören, und gleichzeitig verhindern, dass Nichtraucher mit dem Rauchen beginnen. Bereits im Jahr 2021 hatte der Minister der Europäischen Kommission eine Regelung vorgelegt, die Einweg-E-Zigaretten untersagt. Diese Woche wurde dies genehmigt, wie Vandenbroucke mitteilte.

Novo Nordisk kauft deutsches Pharma-Start up

Zu Beginn der Woche teilte der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk mit, dass er das Biotech-Unternehmen Cardior Pharmaceuticals aus Hannover für über eine Milliarde Euro erwerben wolle. Durch diese bedeutende Akquisition will Novo Nordisk sein Fachwissen im Bereich der Herzmedikamente erweitern. Bisher ist Novo Nordisk bekannt für Diabetesbehandlungen und Abnehmspritzen wie Wegovy und Ozempic. Warum nun gerade Cardior? Das 2016 als Spin-off der Medizinischen Hochschule Hannover gegründete Unternehmen hat ein vielversprechendes Medikament zur Behandlung der Herzinsuffizienz in der Pipeline, das derzeit Phase-II-Studien durchläuft. Größere Zulassungstudien sollen nun mithilfe von Novo Nordisk beschleunigt werden. Sollte sich die Wirksamkeit des Präparats erweisen, dürfte die Investition sich in hohen Gewinnen zurückzahlen. Die Übernahme soll im zweiten Quartal abgeschlossen sein. Dank des Erfolgs seiner Abnehmspritzen Wegovy und Ozempic hat sich Novo Nordisk zu einem der wertvollsten Börsenunternehmen der Welt entwickelt, besonders in den USA, wo ein regelrechter Hype um Abnehmspritzen entstanden ist.

AMIRA bedauert etwas: Nämlich weder das Geld, noch den richtigen Riecher in punkto Novo-Nordisk-Aktie gehabt zu haben. Die ist ja sowas von abgegangen…

WHO: Cybermobbing unter Jugendlichen nimmt zu

Laut dem zweiten Bericht von «Health Behaviour in School-aged Children» (HBSC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), veröffentlicht am Mittwoch in Kopenhagen, ist jedes sechste Schulkind Opfer von Cybermobbing. Dies zeigt einen erheblichen Anstieg der Internetgewalt seit dem letzten Bericht von 2018. Der Bericht betrifft den Zeitraum von 2018 bis 2022.

Sowohl Opfer als auch Täter von Cybermobbing haben laut dem Bericht zugenommen. Etwa 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler berichteten von Erfahrungen mit Cybermobbing. Bei Jungen stieg der Anteil der Opfer von 12 auf 15 Prozent im Vergleich zum Bericht von 2018, bei Mädchen von 13 auf 16 Prozent.

Etwa jedes achte Schulkind im Alter von 11 bis 15 Jahren gab an, selbst im digitalen Raum zu mobben. Dies zeigt einen signifikanten Anstieg gegenüber 2018: von 11 auf 14 Prozent bei Jungen und von 7 auf 9 Prozent bei Mädchen.

Die Studie konzentrierte sich auf die Muster von Mobbing und Gewalt unter Kindern und Jugendlichen, basierend auf Daten von mehr als 279.000 jungen Menschen. Die HBSC-Studie wird alle vier Jahre an 11- bis 15-Jährigen durchgeführt und wird von der WHO unterstützt.

Obwohl die Gesamtzahl der Mobbingfälle in Schulen stabil blieb, berichteten etwa 11 Prozent der Schülerinnen und Schüler von Mobbing in der Schule, und 6 Prozent gaben zu, selbst zu mobben. Dieses Verhalten war bei Jungen (8 Prozent) häufiger als bei Mädchen (6 Prozent). Etwa jeder zehnte Jugendliche war bereits in körperliche Auseinandersetzungen verwickelt, wobei Jungen (14 Prozent) häufiger betroffen waren als Mädchen (6 Prozent).

Hans Henri Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, betonte die Notwendigkeit, Mobbing und Gewalt zu verurteilen und sich für den Schutz von Kindern vor Gewalt, sowohl online als auch offline, einzusetzen.