Wochenrückblick: ABDA sieht rot, § 218 nicht mehr zeitgemäß und Lauterbachs Pläne

Montag wurde die neue ABDA-Kampagne vorgestellt, die unter den Namen "Wir sehen rot" laufen wird. Auch hat sich eine Expertenkommission mit einer Neureglung von Schwangerschaftsabbrüchen befasst. Gleich zwei Mal Lauterbach: Unser Gesundheitsminister möchte kein Rauchverbot, dafür Herzmonitoring bei Kindern. Das alles und mehr, jetzt hier in unserem Wochenrückblick!

Expertenkommission: § 218 nicht mehr zeitgemäß

Durchgesickert sind in dieser Woche erste Inhalte des Berichts einer Expertenkommission zur Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen, der noch nicht offiziell veröffentlicht worden ist. Die wichtigsten Punkte: Der Schwangerschaftsabbruch soll nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt werden, weil die damit verbundene Stigmatisierung durch die Einstufung in das Strafrecht den Zugang zu Beratung und Aufklärung erschwere und das ungeborene Leben nicht schütze. Im Gegensatz zur aktuellen Regelung wäre ein Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche nicht mehr rechtswidrig. Eine Beratungspflicht vor einem Abbruch könnte trotz Legalisierung beibehalten werden. Verfassungsrechtlich, völkerrechtlich und europarechtlich sei es nicht mehr haltbar, den Schwangerschaftsabbruch als Straftatbestand einzustufen, heißt es. Außerdem sei das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren in der bisherigen Gesetzgebung zu wenig berücksichtigt, so die Kommission. Lauterbach kündigte an, dafür zu werben, dass Schwangerschaftsabbrüche im Falle der Strafbefreiung von den Krankenkassen als reguläre Leistung bezahlt werden sollten. Zurzeit zahlen Patientinnen den Eingriff selbst. Befürworter findet der Vorschlag zur Liberalisierung in den Reihen der Ampelkoalition, während CDU und vor allem die AFD strikt dagegen sind.

Neue ABDA-Dachkampagne „Wir sehen rot“

Am Montag stellte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in einer Pressekonferenz in Erfurt die neue ABDA-Dachkampagne vor, deren Claim „Gesundheit sichern. Die Apotheke.“ lautet. Die neue Kampagne wird unter anderem mit der Aktion „Wir sehen rot.“ in den kommenden Wochen nach und nach ausgerollt. Startschuss für die erste Etappe ist der 22. April. Von diesem Datum an bis zum 27. April sollen Apothekenteams rote Kleidung tragen und die Patientinnen und Patienten auf die immer dramatischere wirtschaftliche Schieflage der Apotheken vor Ort hinweisen. Damit soll ein Zeichen gegen die Sparpolitik der Regierung gesetzt und auf die chronische Unterfinanzierung und längst überfällige Honoraranpassung aufmerksam gemacht werden.

Auf der Pressekonferenz machte Overwiening auch noch einmal auf den dramatischen Rückgang der Apothekenzahl in Deutschland aufmerksam. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Apotheken in Deutschland um 500 zurückgegangen, sagte sie. Das entspreche in etwa der Gesamtzahl der Apotheken in Thüringen. „Wir haben sozusagen Thüringen verloren“, mahnte Overwiening. Rechnerisch wäre damit rund zwei Millionen Menschen „ihre wohnortnahe Apotheke“ abhandengekommen.

Um über die Aktion und die Situation der Apotheken zu informieren, können Apothekenteams unter www.apothekenkampagne.de/material/politik einen Handzettel herunterladen. Über einen QR-Code auf dem Handzettel können Patientinnen und Patienten auf www.apoliebe.de an einer Umfrage zur Bedeutung der Apotheke vor Ort für die Gesundheitsversorgung in Deutschland teilnehmen, deren Ergebnisse die ABDA für die weitere politische Kommunikation nutzen will.

Lauterbach: Herzmonitoring bereits für Kleinkinder

In „Bild am Sonntag“ sprach Gesundheitsminister Lauterbach über seinen Plan, die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland durch die Einführung von Vorsorge-Gutscheinen zu reduzieren. Sein Ziel sei, deutschlandweit Menschen jeden Alters dazu zu ermutigen, ihre Gesundheitswerte wie Blutdruck und Diabetes-Risikofaktoren messen zu lassen. Dies solle durch ein Gutschein-System erfolgen, das später über die elektronische Patientenakte abgewickelt werde. Bei auffälligen Werten könnten dann Behandlungen über Hausärzte eingeleitet werden. Lauterbach betonte, dass bereits bei kleinen Kindern das Risiko von Herzinfarkten bestimmt werden solle. Zudem sollten Angebote zur Raucherentwöhnung ausgebaut werden, insbesondere wenn Ärzte dafür ein Honorar erhielten. Dies könne die Menschen dazu bewegen, mit dem Rauchen aufzuhören. Bereits im vergangenen Oktober hatte der SPD-Politiker angekündigt, dass unerkannte Risikofaktoren wie Bluthochdruck und hoher Cholesterinspiegel durch eine verbesserte Vorsorge früher erkannt und behandelt werden sollen. Nach Beratungen mit Vertretern aus dem Ärzte-, Krankenkassen- und Apothekensektor plant er nun einen entsprechenden Gesetzentwurf.

Strenges Rauchverbot in Großbritannien geplant

In dieser Woche kündigte die britische Regierung Pläne an, ein striktes Rauchverbot einführen zu wollen. Der Tabakkauf für Personen, die nach dem 1. Januar 2009 geboren wurden, soll verboten werden, indem das Mindestalter von jetzt 18 Jahren jährlich und schrittweise angehoben wird. Das würde dazu führen, dass immer mehr Menschen Tabak nicht mehr legal konsumieren könnten. Ziel des konservativen Premierministers Rishi Sunak ist, dass niemand, der dieses Jahr 15 wird oder jünger ist, jemals legal Glimmstängel erwerben kann.

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, lobte jetzt die britische Regierung für ihr striktes Vorgehen und forderte auch für Deutschland ein entschiedeneres Vorgehen gegen den Tabakkonsum. Die Situation sei dringend handlungsbedürftig. Allerdings forderte er nicht das Nachahmen des britischen Totalverbots, sondern verlangte, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen umzusetzen. Er nannte vor allem das Verbot von Werbung für Zigaretten und verwandte Produkte und ein Ende des Sponsorings durch die Tabakindustrie. Laut Blienert sterben jedes Jahr 127.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.

Eine Absage an die britischen Pläne formulierte Gesundheitsminister Lauterbach. „Verbote wirken gerade für junge Menschen oft nicht“, sagte Lauterbach den Zeitungen der Mediengruppe Bayern am Donnerstag. „Wir setzen dagegen auf verstärkte Aufklärung, um den ersten Griff zur Zigarette zu verhindern.“ Nötig sei auch eine bessere Unterstützung für den Weg aus der Sucht: „Tabakentwöhnung muss regelhaft von den Krankenkassen bezahlt werden, nicht nur bei schwerer Nikotinabhängigkeit.“

AMIRA meint: Lauterbachs Ablehnung eines Rauchverbots ist verständlich. Schließlich hat seine Koalition erst vor einigen Wochen das Rauchen von Cannabis legalisiert.

„Blue Punisher“-Dealer nach Todesfall mild verurteilt

Der Tod des Mädchens Finja (13) aus Altentreptow Ende Juni vorigen Jahres hatte bundesweit Bestürzung ausgelöst. Sie hatte von einem 17-Jährigen Ecxtasy-Pillen mit „Blue Punisher“-Aufdruck bekommen und war zwei Tage später im Krankenhaus an einer Hirnschwellung gestorben. Auch AMIRA hatte über den Fall berichtet.

Doch trotz eines engen zeitlichen Zusammenhangs und obwohl der Jugendliche Pillen wie diejenige verkaufte, die laut einem Gutachten zum Tod führte, wurde er nicht wegen des Todes des Mädchens angeklagt. Eine Gerichtssprecherin erklärte, dass man nicht habe nachweisen können, ob tatsächlich eine von dem Jugendlichen an die 13-Jährige verkaufte Pille die tödliche war. Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg hatte zuvor auch erklärt, dass es sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen um einen Fall der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung gehandelt habe. Man gehe davon aus, dass das Mädchen um die Gefährlichkeit der Betäubungsmittel gewusst und gleichwohl konsumiert habe. Der Jugendliche, der zuvor nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war und große Reue gezeigt habe, wurde verwarnt. Zudem soll er 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, ihm sind drei Termine bei der Suchtberatung und – weil er die Schule ohne Abschluss verlassen hat – fünf Stunden Berufsberatung auferlegt worden. Das Urteil ist laut Gericht rechtskräftig, weil die Beteiligten auf Rechtsmittel verzichten. Die Verhandlung fand wegen des Alters des Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

AMIRA findet: Die Staatsanwaltschaft geht von „eigenverantwortlicher Selbstgefährdung“ des Mädchens aus, sie habe um die Gefahren gewusst. Alle Achtung, liebe Staatsanwaltschaft. Was 13-Jährige so alles wissen und beurteilen können… Wahnsinn!

Wie ernähren wir uns antientzündlich?

Bei der Suche nach antientzündlichen Effekten in unserer Ernährung stehen häufig Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen im Fokus. Doch die wichtigste Rolle bei der Reduzierung von Entzündungen im Körper spiele nicht die Zufuhr einzelner Nährstoffe, sondern das Gewicht, insbesondere das viszerale Fett. Dies betonte Professor Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck bei der Interpharm in Mannheim, die vergangene Woche über die Bühne ging.

Eine einheitliche Definition für „antientzündliche Ernährung“ gebe es nicht, aber der „Dietary Inflammatory Index“ (DII) diene laut Smollich als Orientierung. Dieser Index basiert auf Literaturrecherchen, bei denen Nahrungsbestandteile mit Entzündungsmarkern assoziiert wurden. Kurkuma und Ballaststoffe werden dort als antientzündlich betrachtet, jedoch wurden viele Studien hierzu nur an Tieren und Zellen durchgeführt. Auch Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, zu finden in Gemüse, Obst und Soja, werden positiv bewertet. Auf gesättigte Fettsäuren, trans-Fette und energiereiche Lebensmittel sollte laut dem Index verzichtet werden.

Der wichtigste antientzündliche Effekt sei jedoch der Abbau von Übergewicht und viszeralem Fettgewebe, erklärte Smollich. Intervallfasten nach dem 16:8-Schema könne zwar positive Effekte auf bestimmte Entzündungsmarker haben, jedoch sei der Gewichtsverlust der Hauptfaktor für die antientzündliche Wirkung, nicht die zeitliche Orientierung der Mahlzeiten. Die Wahl der Abnehmmethode sollte individuell erfolgen, um einen möglichst effektiven Gewichtsverlust zu erreichen. Beim Intervallfasten könne es zudem schwierig sein, eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Protein und Ballaststoffen sicherzustellen.

Paracetamol während der Schwangerschaft: Neue Studie lässt aufhorchen

Im Rahmen einer Kohortenstudie wurden neulich Daten von über 2 Millionen in Schweden geborenen Kindern, von denen etwa 7,49% der Mütter während der Schwangerschaft Paracetamol einnahmen, analysiert. Die Studie ergab ein leicht erhöhtes Risiko für Autismus, ADHS oder geistige Behinderungen bei Kindern bis zum Alter von zehn Jahren, die während der Schwangerschaft Paracetamol ausgesetzt waren. Allerdings zeigten Analysen von Geschwisterpaaren kein signifikant erhöhtes Risiko, was darauf hindeutet, dass genetische und Umweltfaktoren eine Rolle spielen könnten. Die Autoren schlussfolgern, dass Paracetamol während der Schwangerschaft möglicherweise nicht mit einem erhöhten Risiko für diese Erkrankungen verbunden ist. Diese Ergebnisse unterstützen die Einschätzung von Expert*innen, die Paracetamol während der Schwangerschaft als sicheres Schmerzmittel betrachten.

Dosierungsänderung für Ibuprofen Pädia 75 mg Zäpfchen

Der Hersteller Pädia GmbH informiert über eine Dosierungsänderung für Ibuprofen Pädia 75 mg Zäpfchen. Die Änderung betrifft die Dosierungstabelle des Arzneimittels und Kinder mit einem Körpergewicht von 7,5-9 kg (im Alter von 8-11 Monaten). Zuvor galt diese Dosierung für Kinder im Alter von 8-12 Monaten. Die anderen Angaben bleiben unverändert.