Wochenrückblick: Hitzeaktionstag, Lauterbach & Apothekenreform, neues Arzneimittel bei Kopfhaut-Psoriasis

Diese Woche stand im Zeichen des Tags der Apotheke und des Hitzeaktionstags. Die ABDA-Präsidentin fand wenig Gehör im Gesundheitsministerium, Antibiotika-Forschende machten eine interessante Entdeckung. Das und weitere Meldungen haben wir für dich in unserem Wochenrückblick zusammengestellt.

Hitzeaktionstag: Es wird viel gesprochen, aber fast nichts gemacht 

Den zweiten Hitzeaktionstag, der am 5. Juni stattfand, nahmen Akteure des Gesundheitswesens und weitere Organisationen wie die ABDA zum Anlass, auf die Gefahren von Hitze und die Bedeutung von Schutzmaßnahmen hinzuweisen. Das Aktionsbündnis Patientenversorgung, dem u. A. der Apothekerverband Nordrhein angehört, forderte finanzielle Unterstützung für Apotheken und Praxen zur Umsetzung klimatechnischer Anpassungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnete die Klimakrise als größte Gesundheitsgefahr, mit 2023 als heißestem Jahr seit Messbeginn und über 3.000 hitzebedingten Todesfällen in Deutschland. Besonders gefährdet sind Personen mit Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Schwangere, Senioren, Babys und Menschen, die viel im Freien arbeiten oder Sport treiben. Die Organisationen betonten, dass politisch zwar über Hitzeschutz gesprochen werde, es meist jedoch beim Gesprochenen bleibe. 

Ein weiteres Bündnis, der die ABDA angehört, vermisst gesetzliche Rahmenbedingungen und finanzielle Unterstützung für Hitzeschutzmaßnahmen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Hitzeschutz müsse als Pflichtaufgabe im Gesundheitsrecht und anderen relevanten Gesetzen verankert werden, heißt es in einem Forderungskatalog mit dem Motto „Deutschland hitzeresilient machen – wir übernehmen Verantwortung“. Der Hitzeaktionstag wurde vergangenes Jahr ins Leben gerufen, um auf die dringenden Gesundheitsrisiken durch Hitze aufmerksam zu machen und politische Entscheidungsträger zum Handeln zu bewegen.

Reform des Apothekenwesens: ABDA-Präsidentin erneut bei Lauterbach

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hat erneut das Bundesgesundheitsministerium (BMG) besucht, um Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ihre Bedenken zu den geplanten Reformen im Apothekenwesen zu erläutern. Trotz intensiver Diskussionen scheinen ihre Bemühungen wenig Erfolg gehabt zu haben.

Denn die Reformpläne des BMG, die Apotheken auch ohne Apothekerinnen und Apotheker zulassen würden, bleiben bestehen. Overwiening habe auf die gravierenden Folgen einer solchen Maßnahme hingewiesen, wie die Unmöglichkeit der Abgabe von Betäubungsmitteln, der Herstellung individueller Arzneimittel und der Durchführung von Impfungen. „Gerade in diesem Punkt liegen die Vorstellungen des Ministeriums und der Apothekerschaft weiterhin auseinander“, teilte die ABDA mit. Der Fachkräftemangel und die Lieferengpässe seien ebenfalls thematisiert worden.

Beim Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) habe die ABDA „vorsichtige positive Signale“ wahrgenommen und Lauterbach gebeten, Skonti in der Arzneimittelpreisverordnung zügig zuzulassen. Die Frage nach einer Anhebung des Apothekenhonorars bleibe jedoch unklar, da innerhalb der Bundesregierung noch Klärungsbedarf bestehe. Eine bessere Vergütung der Not- und Nachtdienste werde vom BMG erwogen, dies stoße jedoch auf Widerstand von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Der Referentenentwurf für die Apothekenreform wird in Kürze erwartet.

AMIRA fragt: Apotheke ohne Apotheker:innen – das könnte bald Wirklichkeit werden. Findet ihr das gut oder muss dieses Vorhaben unbedingt verhindert werden, was meint ihr?

Neues Arzneimittel bei Kopfhaut-Psoriasis

Zur Behandlung von psoriatischen Läsionen auf der Kopfhaut gibt es nun die Emulsion Sumilor® 1 mg/ml von Klinge Pharma auf dem Markt. Das Arzneimittel enthält den Wirkstoff Tacrolimus und ist indiziert zur Anwendung bei Erwachsenen ab 18 Jahren. Das Präparat wird im Kühlschrank aufbewahrt (2–8 °C) und ist nach Anbruch fünf Wochen haltbar. Die betroffenen Stellen der Kopfhaut sollten acht Wochen lang zweimal täglich (morgens und abends) mit dem Präparat behandelt werden, wobei zwischen den beiden Gaben ein Abstand von zwölf Stunden liegen sollte.

Bei Sumilor® handelt es sich galenisch um eine Mikroemulsion, die einen hydrophilen Träger für den Wirkstoff verwendet, um die Hautpenetration durch das verdickte Stratum corneum der Psoriasis-Plaques zu verbessern und die in der Dermis befindlichen Lymphozyten zu erreichen.

Tag der Apotheke 2024

Diese Woche fand in Berlin die Pressekonferenz „Apotheken unter Druck – ABDA und Adexa warnen vor Leistungskürzungen“ statt. Die ABDA und die Apothekengewerkschaft ADEXA appellierten gemeinsam an die Gesundheitspolitik, keine Leistungskürzungen bei der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung vorzunehmen oder zuzulassen. Anlässlich des diesjährigen Tages der Apotheke warnen beide Verbände vor den Reformplänen des Bundesgesundheitsministeriums.

Weiterhin fordern sie, dass das seit 2013 stagnierenden Apothekenhonorar von 8,35 Euro pro rezeptpflichtigem Arzneimittel spürbar erhöht werden soll. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sagte: „Wenn die vom Bundesgesundheitsministerium derzeit angedachten Eckpunkte zu einer Apothekenreform Realität würden, würde die Versorgung vor Ort in einem noch nie dagewesenen Maß ausgedünnt, ja sogar ganz aufs Spiel gesetzt. Anstatt die Apotheken zu stabilisieren und Neugründungen für junge Apothekerinnen und Apotheker wieder attraktiv zu machen, soll den Apotheken ihre Kernkompetenz genommen werden, es würden die Versorgung gefährdende Scheinapotheken ermöglicht.“

Außerdem wurde bekannt gegeben, dass das neuen Statistische Jahrbuch „Die Apotheke: Zahlen, Daten, Fakten 2024“ ab sofort aktuelles Zahlenmaterial der ABDA für den Arzneimittel- und Apothekenbereich zur Verfügung steht.

Antibiotika-Forschung: Wirkstoffkandidat greift Darmmikrobiom nicht an

Das Team um Dr. Kristen A. Muñoz von der University of Illinois at Urbana-Champaign in Urbana, USA, hat das Lol-System als geeignetes Target für ein Antibiotikum namens Lolamicin identifiziert. Dieses tötet gezielt pathogene gramnegative Bakterien ab, ohne das Darmmikrobiom negativ zu beeinflussen – wie Tierversuche zeigen.

Die Forschenden erklären im Fachjournal „Nature“, dass Lolamicin in vitro gegen mehr als 130 klinische Isolate mit Mehrfachresistenzen wirksam gewesen sei. Da Antibiotika zunehmend Resistenzen entwickeln und die Darmflora beeinflussen, sind Arzneistoffkandidaten wie Lolamicin aus wissenschaftlicher Sicht eine große Hoffnung, um der weltweiten Antibiotikakrise Einhalt zu bieten. Bis ein Lolamicin-haltiges Arzneimittel auf den Markt kommt, ist allerdings noch weitere Forschung nötig.

Großbritannien plant wegweisende Änderung bei OTC-Arzneimitteln

Der Ausschuss für Gesundheits- und Sozialfürsorge im britischen Parlament will, dass OTC-Arzneimittel kostenlos an Menschen mit geringem Einkommen abgegeben werden. Dies solle die Arztpraxen entlasten, da derzeit viele Menschen bei kleinen Beschwerden lieber zum Hausarzt gingen, anstatt OTC-Arzneimittel selbst zu kaufen. Eine Erweiterung des „Pharmacy First“-Dienstleistungsangebots könnte dies ermöglichen und so die Kosten für das Gesundheitssystem senken.

Zusätzlich schlägt der Ausschuss vor, dass Apotheker:innen bei entsprechender Weiterbildung selbst Rezepte ausstellen dürfen. Die Erweiterung der Kompetenzen von Apotheker:innen sei empfehlenswert, sie sollten zudem in die Liste der medizinischen Fachkräfte aufgenommen werden, was ihnen den Zugang zu neuen staatlichen Finanzquellen ermöglichen würde.

AMIRA fragt: Wäre solch ein Schritt – kostenlose OTC-Abgabe an einkommensschwache Menschen – auch in Deutschland sinnvoll?