Wochenrückblick: Apotheken bald ohne Approbierte?

Das Apothekenreformgesetz schlägt Wellen, Kinder rauben Eltern den Schlaf, ein Arzt und Unternehmer, der einen selbst entwickelten Corona-Impfstoff spritzte, wird zu 250.000 Euro Strafe verurteilt. Happig. Mehr Info-Happen in unserem Wochenrückblick.

Apothekerschaft: Nein zum Apothekenreformgesetz

Deutschlands Apothekerinnen und Apotheker lehnen das kürzlich vorgeschlagene Apothekenreformgesetz des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) entschieden ab. In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf, die dem BMG am Mittwoch übermittelt wurde, kritisiert die ABDA die Reformen scharf. Diese würden die Arzneimittelversorgung in Deutschland irreparabel schädigen, anstatt sie zukunftssicher zu gestalten.

Beispiele für den befürchteten Verbraucherschaden sind Vorschläge im Gesetzentwurf, die eine Reduzierung der Präsenz von Apothekerinnen und Apothekern in den Apotheken sowie Einschränkungen bei der Ausstattung und den Öffnungszeiten vorsehen. Dies gefährde zehntausende Arbeitsplätze und führe zu einer erheblichen Verschlechterung der Arzneimitteltherapie und Patientensicherheit. Leistungen wie die Abgabe von Betäubungsmitteln, Medikationsanalysen, Rezepturen oder Impfungen müssten unbedingt von qualifizierten Apothekerinnen und Apothekern durchgeführt werden. Die geplanten Änderungen bedeuten erhebliche Leistungskürzungen für die Bevölkerung.

In der Stellungnahme der ABDA heißt es: „Da die Bundesregierung offenbar nicht bereit ist, die notwendigen Mittel zur Erhaltung des hochwertigen Apothekenwesens bereitzustellen, werden Mechanismen wie die Umverteilung von Arbeitserträgen und Kostensenkungen genutzt, um einen grundlegenden Systemwandel zu erzwingen.“ Weiterhin schreibt die ABDA: „Durch die Zulassung von Betriebsstätten ohne anwesende Apothekerinnen und Apotheker wird der Begriff 'Apotheke' seines Wesenskerns beraubt, die Apothekenpflicht de facto abgeschafft und der Weg für Fremdbesitz geebnet.“ Ferner heißt es: „Die Erlaubnis, zusätzlich zu den maximal vier Betriebsstätten einer Apotheke zwei weitere Zweigapotheken zu betreiben und Entfernungen von bis zu drei Stunden PKW-Fahrzeit zwischen den Betriebsstätten zuzulassen, macht aus der eigenverantwortlichen Leitung einer Apotheke durch einen freien Heilberuf faktisch eine Fiktion.“

Portal „lebenmittelwarnung.de“ deutlich aufgebohrt

Verbraucher sollen nun einfacher über Allergene oder Krankheitserreger in Lebensmitteln informiert werden. Dafür wurde das Portal „lebensmittelwarnung.de“ überarbeitet und um eine Smartphone-App ergänzt. Dadurch erreichen Warnungen und Rückrufe mehr Menschen, wie Friedel Cramer, Präsident des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), am Dienstag erklärte. Die Plattform bietet nun aussagekräftige Fotos der betroffenen Produkte und eine verbesserte Suchfunktion nach Kategorien wie Lebensmitteln oder Babyprodukten. Allergiker können sich gezielt über nicht gekennzeichnete Allergene wie Sesam informieren lassen. Die App, verfügbar für Android und iOS, bietet Push-Benachrichtigungen, alternativ kann man E-Mail-Benachrichtigungen abonnieren. Seit 2011 veröffentlichen die Bundesländer und das BVL auf „lebensmittelwarnung.de“ Produktrückrufe zu Lebensmitteln und anderen Artikeln wie Kosmetika und Kleidung. Während 2013 nur 75 Warnmeldungen veröffentlicht wurden, waren es 2023 bereits 310. Laut Cramer zeigt dies eine Verbesserung der Test- und Analysemethoden.

AMIRA meint: Wenn ihr mit Kunden über Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten sprecht, weist sie doch ruhig mal auf das Portal hin.


Nächste Instanz im Prozess gegen Arzt und Unternehmer Stöcker

(Quelle: istock/AnnaStills)

Der Prozess gegen den Arzt und Unternehmer Winfried Stöcker wegen einer illegalen Corona-Impfaktion geht weiter. Das Lübecker Landgericht muss sich nun mit dem Fall befassen, nachdem Stöckers Verteidiger Wolfgang Kubicki Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Lübeck eingelegt hat. Ein neuer Verhandlungstermin steht noch nicht fest, wie das Amtsgericht am Dienstag mitteilte.

Der 77-jährige Stöcker hatte am 27. November 2021 eine Impfaktion am Lübecker Flughafen organisiert, bei der Menschen mit dem von ihm entwickelten, aber nicht zugelassenen Impfstoff „Lubeca Vax“ geimpft wurden. Nach Zeugenaussagen wurden bis zu 100 Menschen geimpft, dann unterband die Polizei die Aktion. Vom Amtsgericht wurde Stöcker deshalb zu einer Strafe von 50 Tagessätzen zu je 5.000 Euro verurteilt, zusammen also 250.000 Euro. Kubicki hatte bereits nach der Urteilsverkündung Berufung angekündigt. 

Schlafdauer: Kinder sind Schlafräuber

Paare mit Kindern bekommen weniger Schlaf: Im Durchschnitt schlafen sie 8 Stunden und 15 Minuten pro Nacht, das sind 19 Minuten weniger als kinderlose Paare, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Diese Daten stammen aus der Zeitverwendungserhebung für das Jahr 2022.

Alleinerziehende kommen mit 8 Stunden und 22 Minuten ebenfalls auf weniger Schlaf als Alleinlebende ohne Kinder, die durchschnittlich 8 Stunden und 32 Minuten schlafen. Hier beträgt der Unterschied jedoch nur 10 Minuten.

Insgesamt schlafen die Menschen in Deutschland mehr als vor zehn Jahren. 2022 betrug die durchschnittliche Schlafdauer 8 Stunden und 37 Minuten pro Nacht, das sind 8 Minuten mehr als bei der Erhebung 2012/2013. Die Schlafdauer ist dabei in allen Altersgruppen gestiegen. Der Einfluss der Corona-Pandemie auf diese Entwicklung ist jedoch unklar.

Am Wochenende schlafen die Menschen länger: An Feiertagen und Wochenenden beträgt die durchschnittliche Schlafdauer 9 Stunden und 15 Minuten, fast eine Stunde mehr als werktags (8 Stunden und 20 Minuten). Die Schlafdauer variiert stark je nach Altersgruppe. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren schlafen durchschnittlich 9 Stunden und 42 Minuten pro Nacht. Die 18- bis 29-Jährigen schlafen rund eine Stunde weniger (8 Stunden, 47 Minuten). Menschen im Alter von 30 bis 64 Jahren kommen auf 8 Stunden und 20 Minuten Schlaf. Ältere Menschen ab 65 Jahren schlafen wieder länger, im Durchschnitt 8 Stunden und 46 Minuten.

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte diese Daten anlässlich des nationalen Schlaftags der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin am gestrigen Freitag (21. Juni).

AMIRA fragt: Wie sieht´s bei euch aus? Könnt ihr bestätigen, dass Kinder zu kürzeren Schlafenszeiten beitragen? Was raubt euch den Schlaf? Und was tut ihr dagegen. 

Nur inhabergeführte Apotheke kann Leistungen nach dem geplanten „Gesundes-Herz-Gesetz“ erbringen

Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen künftig regelmäßige Herzuntersuchungen erhalten, um Fettstoffwechsel-Störungen frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen. Das sieht das neue „Gesundes-Herz-Gesetz“ von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor, das im dritten Quartal nächsten Jahres in Kraft treten soll. Das Gesetz sieht Herz-Checks für Erwachsene im Alter von 25, 35 und 50 Jahren vor. Auch Kinder und Jugendliche sollen untersucht werden, um erbliche Fettstoffwechsel-Störungen zu erkennen. Zudem sollen Medikamente zur Rauchentwöhnung und zur Senkung des Cholesterinspiegels häufiger verschrieben werden können. Herz-Checks können auch in Apotheken durchgeführt werden. Diesen Umstand nahm Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer zum Anlass, eine Lanze für die inhabergeführte Apotheke zu brechen. Benkert sagte am vergangenen Mittwoch: „Dazu ist es unabdingbar, dass in den Apotheken auch künftig durchgängig Apothekerinnen und Apotheker anwesend sind. Genau dies wird aber durch die kürzlich vorgelegten Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium zur Apothekenreform konterkariert: es soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Apotheken auch ohne die Anwesenheit von Apothekerinnen und Apotheker betrieben werden können. Nur in vollversorgenden, inhabergeführten Apotheken, in denen Apothekerinnen und Apotheker jederzeit anwesend sind, ist eine sichere Beratung bei der Arzneimittelabgabe und bei der Prävention garantiert und nur so können wir unseren Beitrag zum Erfolg des GHG leisten."

Chargenrückruf für Ferrum Hausmann: Hersteller informiert über fehlerhafte Tropfer 

Die Vifor Pharma Deutschland GmbH hat in Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern einen Rückruf für das Arzneimittel Ferrum Hausmann®, 50 mg Eisen/ml Tropfen zum Einnehmen, bekannt gegeben. Betroffen sind die 30 ml N1 Packungen (PZN: 02190861) der Chargen NAA54701 und NAA69601.

Arzneimittel: Ferrum Hausmann®, 50 mg Eisen/ml Tropfen zum Einnehmen, Lösung

Packungsgröße: 30 ml N1 (PZN: 02190861)

Wirkstoff: Eisencarboxymaltose

Zulassungsinhaber: Vifor Pharma Deutschland GmbH

Betroffene Chargen: NAA54701, NAA69601

Der Rückruf erfolge aufgrund fehlerhafter Tropfer in den genannten Chargen. Es bestehe die Möglichkeit, dass sich Plastikpartikel auf dem Tropfer befinden, die beim Umdrehen der Flasche in den bereitgehaltenen Löffel oder ein ähnliches Gefäß fallen könnten. Dieser Mangel kann potenziell gesundheitsschädliche Auswirkungen haben und erfordert daher den sofortigen Rückruf der betroffenen Produkte. Das Unternehmen bittet alle Apotheken und Verbraucher:innen, ihre Bestände zu überprüfen und eventuell noch vorhandene Packungen an das Lager der Firma zurückzusenden. Die betroffenen Produkte können ohne besondere Temperaturführung an folgende Adresse gesendet werden:

Loxxess Pharma GmbH ‐ Abteilung Retouren  

Amberger Straße 1‐3  

82538 Geretsried‐Gelting

Die Kosten für den Rückversand, einschließlich einer Pauschale von 5 Euro für Porto, werden erstattet. Der Rückversand soll mit einer Bankverbindung versehen werden, um die Rückerstattung zu erhalten.

Micro Labs GmbH meldet Probleme beim Öffnen von Flasche

Die Micro Labs GmbH hat in Zusammenarbeit mit der zuständigen Aufsichtsbehörde eine Information herausgegeben, dass es bei mehreren Chargen von Amoxicillin Micro Labs 125 mg/5 ml und 250 mg/5 ml, Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen, Probleme mit der schwergängigen Öffnung der Flaschen gibt. Zudem ist die Markierung zur Einfüllung von Wasser überklebt.

Amoxicillin, ein Beta-Lactam-Antibiotikum, wird bei akuten Infektionen der Atemwege, Harnwege und zur Helicobacter-pylori-Eradikation angewendet. Es gibt Meldungen, dass sich der kindersichere Deckel betroffener Arzneimittel schwer öffnen lasse und das Etikett die Einfüllmarkierung überdecke. Die Firma Micro Labs GmbH plant nach eigenen Angaben, zukünftige Chargen mit verbesserten Deckeln und Etiketten auszustatten.

Für das Öffnen der betroffenen Flaschen wird empfohlen, diese auf einen festen Untergrund zu stellen und mit einem Tuch fest von oben auf den kindersicheren Verschluss zu drücken und entgegen dem Uhrzeigersinn zu drehen. Apotheker:innen sollen Patient:innen und Eltern bei der Öffnung der Flasche und der Herstellung der Suspension unterstützen, um Medikationsfehler zu vermeiden.

Weitere Informationen, einschließlich einer Übersicht der betroffenen Chargen und Hinweise zur Rücksendung von nicht zu öffnenden Flaschen, sind im Informationsschreiben enthalten. Apotheker:innen werden gebeten, Risiken im Zusammenhang mit der Anwendung von Amoxicillin-haltigen Arzneimitteln vorzugsweise online unter www.arzneimittelkommission.de zu melden.