Wochenrückblick: Lauterbach vor Ort

Der Gesundheitsminister lässt sich zum Gedankenaustausch in einer Apotheke vor Ort blicken, Metamizol wird demnächst in China produziert und dann soll auch noch der Farbstoff in Aperol Spritz von Übel sein. Echt jetzt? Dies und mehr in deinem Wochenrückblick.

Lauterbach in Apotheke in Teltow zu Besuch, aber keine Annäherung

Miteinander zu reden, unterschiedliche Standpunkte ergebnisoffen auszutauschen – ja, sowas ist immer gut. Aber ob´s was bringt? Oder doch eher eine Illusion ist? Eher letzteres, möchte man meinen, wenn man sich den Besuch von Gesundheitsminister Lauterbach in der Sonnen-Apotheke von Mike Beyer In Teltow am Dienstag der Woche vergegenwärtigt. Der Besuch kam auch Wunsch von Kanzler Scholz zustande, der bei einem Informationsbesuch der Sonnenapotheke zu einem früheren Zeitpunkt, die Sorgen und Nöte von Inhaber Beyer hautnah erörtert bekam. Darauf hatte Scholz seinen Gesundheitsminister gebeten, vor Ort Überzeugungsarbeit zu leisten. Mit dabei: Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die geplante Apothekenreform und die wirtschaftliche Situation der Apotheken. Beyer betonte, dass seine Patienten eine stabile Arzneimittelversorgung benötigen und kritisierte das jüngste Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs. Er forderte den Minister auf, sicherzustellen, dass Apotheken auch ohne Skonti wirtschaftlich betrieben werden können.  Overwiening warnte Lauterbach vor den negativen Auswirkungen der Reform, die unverzichtbare Strukturen zerstören und zu Leistungskürzungen sowie Qualitätseinbußen führen würde. Sie betonte, dass wichtige Leistungen nur von Apothekern erbracht werden dürfen und dass die Reform zehntausende Arbeitsplätze gefährden könnte. Wir referieren das nur kurz, denn die Argumente sind bekannt. Im Gegenzug unterstrich Lauterbach ungerührt, dass die Reform unumgänglich sei, noch im Juli solle der Gesetzentwurf im Kabinett verabschiedet werden. Im Übrigen sei er dafür da, etwas für die Menschen zu tun, und „nicht nur für die Honorare derjenigen, die jetzt schon Apotheker sind“, wurde Lauterbach von der Deutschen Presseagentur (dpa) zitiert.  

AMIRA meint: Der Minister blickt wirklich durch, alle anderen können ihm in die höheren Sphären seiner Erkenntnisse nur nicht folgen. Selbst schuld!

Pharma in Deutschland: Metamizol-Produktion wird aufgegeben

Metamizol, bekannt als Novalgin, wird in Europa nur noch bei Euroapi in Frankfurt-Höchst hergestellt, deren Produktion jedoch Ende 2025 eingestellt wird. Ab dann werde Deutschland komplett auf China angewiesen sein, was kritische Stimmen aufgrund möglicher Handelskriege und Preiserhöhungen als problematisch betrachteten. Bork Bretthauer von Pro Generika bemängele, dass Deutschland zu lange billig eingekauft habe und nun die letzte Produktionsstätte für das wichtige Schmerzmittel verliere.

Der Wirkstoffpreis in Europa ist höher als in China, was europäischen Herstellern im Preiswettbewerb Nachteile verschafft. Trotz des neuen Arzneimittelgesetzes, das die Produktion in der EU fördern soll, profitieren Wirkstoffe wie Metamizol kaum davon. Euroapi steckt in einer Krise, was auch den Aktienkurs belastet. Deutschland verordnet Metamizol häufig, obwohl es aufgrund seiner Nebenwirkungen strengen Anwendungsbeschränkungen unterliegt. In anderen Ländern wie Großbritannien und den USA ist es nicht mehr im Handel. Ein Trost bei möglichen Engpässen ist, dass Metamizol auch nach vielen Jahren noch wirksam bleibt.

AMIRA fragt: Wie findest du es, dass wieder eine Wirkstoffproduktion nach Fernost verlegt wird? Schreibe uns einen Kommentar! Und übrigens: Die Apothekenspitzelin hat sich mal wieder so ihre Gedanken gemacht und nach Gründen für solche Entwicklungen gesucht. Morgen in ihrer Kolumne!

Pharma in Deutschland: Sanofi will in Frankfurt neues Insulin-Werk hochziehen

Der französische Pharmakonzern Sanofi plant laut einem Medienbericht, bis zu 1,5 Milliarden Euro in die Insulinproduktion in Frankfurt zu investieren. Geplant ist der Bau einer neuen Produktionsstätte im Stadtteil Höchst, wo Sanofi bereits Insulin herstellt. Diese soll durch modernere Technologie ersetzt werden. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus, jedoch laufen die Vorbereitungen bereits. Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßt die geplante Investition, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte. Auch die hessische Landesregierung, vertreten durch Ministerpräsident Boris Rhein und Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori, ist seit Monaten im Gespräch mit Sanofi und zieht eine finanzielle Beteiligung in Betracht, um Arbeitsplätze zu sichern und Innovationen zu fördern. Diese Investition wäre ein positives Signal für den Standort Deutschland, der zuletzt von ausländischen Pharmakonzernen wie Eli Lilly, Daiichi-Sankyo, Roche und Merck hohe Investitionen zugesagt bekommen hat. Sanofi hat den Bericht des „Handelsblatts“ nicht bestätigt, prüfe aber laufend Investitionsmöglichkeiten, wie es von Konzernseite hieß. Der Standort Frankfurt ist mit rund 6.600 Beschäftigten einer der größten von Sanofi. Pläne, die Insulinproduktion nach Frankreich zu verlagern, wurden offenbar verworfen.

Genussmittel I: E-Zigaretten nur noch in Apotheken erhältlich. Jedenfalls in Australien.

Apotheken in Australien dürfen sich über ein neues Monopol freuen. E-Zigaretten sind auf dem Kontinent seit 1. Juli nur noch  dort erhältlich. Sie dürfen nur noch in neutralen Verpackungen und ohne Aromastoffe verkauft werden. Zudem müssen dortige Apotheker ihre Kunden über Gesundheitsrisiken aufklären, und Jugendliche unter 18 Jahren benötigen ein Rezept. Gesundheitsminister Mark Butler betonte, dass diese Reformen für die Gesundheit junger Australier entscheidend seien, da E-Zigaretten eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen. Bereits im letzten Jahr hatte Butler angekündigt: Keine Kaugummi-Aromen, keine rosa Einhörner oder getarnte E-Zigaretten mehr. Nur noch einfache Verpackungen ohne ausgefallene Aromen sind erlaubt. Auch in Deutschland sind Einweg-E-Zigaretten wegen ihrer schlechten Umweltbilanz umstritten. Seit dem 1. Januar gilt ein teilweises Werbeverbot, und seit 2016 ist der Verkauf an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren verboten. Belgien plant als erstes europäisches Land ein generelles Verkaufsverbot: Ab dem 1. Januar 2025 werden Einweg-E-Zigaretten aus den Geschäften verschwinden.

AMRIA fragt: Wie wäre es, wenn Lauterbach den E-Zigaretten auch bei uns ausschließlich in Apotheken erlaubte. Die Einnahmen daraus würden doch garantiert ausreichen, um ausbleibende Festbetragserhöhungen auszugleichen. Locker. 😉

Genussmittel II: Wie gesundheitsschädlich ist unser liebster Sommerdrink?

Und dann waren wir noch aufgeschreckt von einigen Gerüchten, die laut der Deutschen Presseagentur (dpa) in den sozialen Netzwerken kursieren. Aperol, unser geliebter Sommerdrink, am besten genossen an warmen, sonnenbeschienenen Abenden, soll möglicherweise krebserregend sein. Wie bitte? Schuld sein sollen die Farbstoffe E 110 (Gelborange S) und E 124 (Cochenillerot A), denen Aperol seine rote Farbe verdankt. Diese seien umstritten, da sie pseudoallergische Reaktionen auslösen können, und manche Studien nachgewiesen haben, dass sie bei Mäusen das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen erhöhten, allerdings nur bei hohen Konzentrationen. Auch deshalb seien die Farbstoffe in den USA verboten bzw. strenger reglementiert. Auf unserem Kontinent hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Grenzwerte für die tägliche Aufnahme festgelegt, die weit über dem Konsum eines normalen Aperol Spritz liegen. Eine Person mit 70 kg Körpergewicht kann theoretisch fast einen halben Liter Aperol pro Tag trinken, ohne die Grenzwerte zu überschreiten – das entspricht acht Gläsern Aperol Spritz (da kommen wir doch niemals hin, oder…?) Reden wir statt der Farbe lieber über eine andere Zutat: den Alkohol. Der macht den Reiz des Getränks ja eigentlich aus. Dabei ist nicht zu vergessen: Alkohol ist definitv krebsfördernd, zum Beispiel für Speiseröhren, Mundhöhlen oder Leberkarzinome. Ist der Aperol Spritz ab jetzt tabu? Hier und da ist der Drink kaum gesundheitsschädlich, solange der Konsum in Maßen bleibt. Bei aller Sommerlaune sollte man jedoch den Alkohol nicht unterschätzen – der wahre Übeltäter in Sachen Krebsrisiko. Also Prost, aber mit Vorsicht!

AMIRA fragt: Hast du eigentlich einen Lieblings-Sommerdrink? Den genannten vielleicht? Oder doch einen anderen? Schreib´s in die Kommentare – wir brauchen dringend eine Erfrischung!

Rückruf von L-Arginin-Hydrochlorid Ampullen

Die B. Braun Melsungen AG informiert in Abstimmung mit der zuständigen Überwachungsbehörde, dem Hessischen Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP), und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) darüber, dass es bei dem Produkt L-Arginin-Hydrochlorid 21 % Braun (5 x 20 ml Ampullen; PZN 09704010) ein Risiko durch sichtbare Partikel gibt. Das Arzneimittel ist indiziert bei schweren, metabolischen Alkalosen sowie in der Pädiatrie bei Hyperammonämie durch schwere angeborene metabolische Defekte.

Rückstellmusteruntersuchungen zufolge sind möglicherweise vereinzelt sichtbare Partikel in den genannten Chargen des Fertigprodukts vorhanden, so der Hersteller.

Betroffen sind folgende Chargen (Verfallsdatum):

  • 23482053 (10/2026)
  • 23012070 (10/2025)
  • 22361070 (08/2025)
  • 22362070 (04/2025)
  • 22186051 (04/2025)
  • 22087050 (01/2025)
  • 21367052 (08/2024)

 

Jede Ampulle soll vor dem Gebrauch visuell auf Klarheit, Partikel und Beschädigungen des Gefäßes geprüft werden. Das Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung ist nur zu benutzen, wenn es klar, frei von Partikeln ist und das Gefäß unbeschädigt und intakt ist – so wie es auch in der Fachinformation gefordert wird.

Zulassungserweiterung: Dupilumab auch bei COPD

Dupilumab, der Wirkstoff in Dupixent® (Sanofi), kann nun auch als Add-on-Therapie für Erwachsene mit unkontrollierter chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) eingesetzt werden.  Die Ergebnisse der Phase III-Studien konnten die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) überzeugen. Bislang war es nur indiziert bei atopischer Dermatitis, Asthma und chronischer Rhinosinusitis.

Bei Dupilumab handelt es sich um einen rekombinanten, humanen, monoklonalen IgG4-Antikörper, der sich gegen die α-Untereinheit der Rezeptoren von Interleukin-4 und Interleukin-13 (IL-4, IL-13) richtet. Folglich kommt es zu einer Hemmung der Signalwege der beiden Zytokine. Dupilumab wirkt antiinflammatorisch und selektiv immunsupprimierend.

Indikationserweiterung für Sertralin AL 50-/100 mg Filmtabletten

Der Hersteller ALIUD PHARMA® GmbH hat eine Indikationserweiterung für seine Sertralin AL 50 mg und 100 mg Filmtabletten bekannt gegeben. Diese Erweiterung betrifft die zugelassenen Anwendungsgebiete des Antidepressivums Sertralin. Bisher war Sertralin AL ausschließlich zur Behandlung von Episoden einer Major-Depression zugelassen. Mit der neuen Indikationserweiterung können die Filmtabletten nun auch für die Behandlung und Rezidivprophylaxe von Major-Depressionen, Panikstörungen mit oder ohne Agoraphobie, Zwangsstörungen bei Erwachsenen und pädiatrischen Patienten im Alter von 6 bis 17 Jahren, sowie Sozialer Angststörung und Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) eingesetzt werden. Diese Erweiterung stellt eine wichtige Entwicklung dar, da sie die Einsatzmöglichkeiten des Medikaments erheblich erweitert.

Der Wirkstoff Sertralin gehört zur Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und wird bereits seit vielen Jahren erfolgreich in der Depressionsbehandlung eingesetzt.