Pankreasenzyme ersetzen: Ein Pilz hilft Vegetariern

Bei einer Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse werden oft Pankreasenzyme supplementiert, die überwiegend von Schweinen stammen. Gibt es eine Alternative für Vegetarier oder Menschen, die religiösen Geboten nachkommen?

Völlegefühl, Blähungen, Bauchschmerzen – das kennt jeder. Die Ursachen sind vielseitig und werden oft vorübergehend nur symptomatisch behandelt. Doch dahinter kann viel mehr stecken. Bei jeder zehnten Person mit wiederkehrenden Beschwerden sind fehlende Verdauungsenzyme die Ursache. In solchen Fällen produziert die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder keine Enzyme infolge einer Bauchspeicheldrüsenschwäche bzw. einer exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI).

Diese Enzyme können dem Körper zugeführt werden. Es gibt zahlreiche konventionelle Produkte wie Pangrol® und Kreon®, die zum OTC-Sortiment gehören. Das Problem für einige Bevölkerungsgruppen ist jedoch: Sie verwenden Schweinenzyme und bestehen aus Gelatinekapseln, was sie für Menschen, die sich aus ethischen Gründen vegetarisch ernähren oder aus religiösen auf Schwein verzichten, ungeeignet macht. Doch es gibt eine Alternative: Nortase®. Eingesetzt werden hier Rizoenzyme, die von einer Kapsel auf Basis von Cellulose anstatt Gelatine umhüllt werden.

Was sind Rizoenzyme?

Rizoenzyme werden biotechnologisch aus Pilzstämmen der japanischen Reispilzkulturen gewonnen: Rhizolipase aus Rhizopus oryzae, Protease und Amylase aus Aspergillus oryzae. Diese sind seit langem bekannt und werden neben der Pharmaindustrie auch in der Biotechnologie, Lebensmittelindustrie und in der Medizin verwendet. Sie wirken wie körpereigene Enzyme indem sie Kohlenhydrate und Proteine spalten und die Nahrungsfette hydrolisieren. Im Gegensatz zu Schweinelipasen sind Enzyme aus Reispilzen mit einem pH-Aktivitätsspektrum von 3 bis 9 säurestabil und stellen eine wirksame und sehr gut verträgliche Therapieoption bei Patienten mit schwerer EPI dar. Im Vergleich zu Enzymen aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen wirken Enzyme fungalen Ursprungs bereits im sauren Milieu des Magens und nicht erst im Dünndarm, was sie länger effektiver macht und keinen galenischen Säureschutz benötigt. Dementsprechend ist auch eine kleinere Kapsel und eine im Vergleich zu Pankreatin niedrigere Dosierung ausreichend: Rizolipase 7.000 FIP-Einheiten, Protease 54 Einheiten und Amylase 700 FIP-Einheiten. Das entspricht 25.000, 22.500 und 1.250 FIP-E in z. B. Pangrol. Im zweiten Schritt erfolgt das Fettabbau im alkalischen Milieu des Zwölffingerdarms, dem Hauptort der Fettverdauung.

Wie wird Nortase® dosiert?

Nortase® wird nach Schweregrad der Erkrankung dosiert. Bei leichter bis mittelschwerer exokriner Pankreasinsuffizienz werden zwei bis drei Kapseln zu den Hauptmahlzeiten und eine Kapsel zu den Zwischenmahlzeiten eingenommen. Bei schwerer EPI werden anfänglich mindestens drei Kapseln zu den Hauptmahlzeiten und drei Kapsel zu den Zwischenmahlzeiten eingenommen, bis zu 15 Kapseln pro Tag. Die genaue Dosierung sollte mit dem Arzt oder der Ärztin besprochen werden.

Die Kapseln müssen im Ganzen mit etwas (nicht viel) Wasser geschluckt werden. Wenn man die Kapseln ohne Essen nimmt, werden diese nicht mit Speisebrei durchgemischt, was die Wirkung stark beeinträchtigt. Nortase® wirkt am besten, wenn sie über die Mahlzeit hinweg verteilt eingenommen wird. Das Schema lautet wie folgt: eine Kapsel unmittelbar vor der Mahlzeit, eine währenddessen und eine weitere unmittelbar danach. Auch bei fetthaltigen Getränken wie Milchkaffee muss eine Kapsel zusätzlich eingenommen werden. Im Allgemeinen ist Nortase® gut verträglich und auch in der Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar. Seltene Nebenwirkungen sind Durchfall, Übelkeit, Verstopfung und Oberbauchbeschwerden. Die Dauer der Einnahme hängt von der Schwere der Symptome und des Enzymmangels ab.

Was ist bei der Umstellung vom Pankreatin zu Nortase® zu berücksichtigen?

Die Umstellung von einem Präparat tierischen Ursprungs auf Nortase® kann in der Regel problemlos erfolgen. Während Pankreatin je nach Fettgehalt der Nahrung nach der Faustregel von 2.000 Enzymeinheiten pro Gramm Nahrungsfett dosiert wird, und dabei die Produktstärke berücksichtigt wird, dosiert man Nortase® wie oben beschrieben nach dem Schweregrad der Erkrankung mit einem einfachen Schema. Wie bei Pankreatin kann im Bedarfsfall eine symptomorientierte Dosissteigerung mit einer weiteren Kapsel Nortase® erfolgen.

Nortase® ist erstattungsfähig

Verdauungsenzyme/Pankreasenzyme sind nach AM-RL Anlage 1 Nr. 36 verordnungs- und erstattungsfähig bei: nachgewiesener chronischer, exokriner Pankreasinsuffizienz, Mukoviszidose sowie zur Behandlung der funktionellen Pankreasinsuffizienz nach Gastrektomie bei Vorliegen einer Steatorrhoe. Bei nicht vorliegender Ausnahmeindikation kann Nortase® bei Kindern mit Entwicklungsstörungen ebenfalls auf GKV-Rezept verordnet werden.