Wochenrückblick: Drugchecks vor der Disco, mehr Keuchhusten und Diskriminierung fördert AIDS

Diskriminierung fördert AIDS, Mecklenburg-Vorpommern bietet Drugchecks vor der Disco, Keuchhusten nimmt zu und jeder vierte Bundesbürger war schon mal von einer Depression betroffen. Dies und mehr im Wochenrückblick.

Neue EMA-Plattform gegen Arzneimittelengpässe startet

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat die European Shortages Monitoring Platform (ESMP) gestartet, um Lieferengpässe bei Arzneimitteln zu überwachen und zu bewältigen. Seit dem 28. November laufe eine Testphase, in der Marktzulassungsinhaber (MAHs) für zentral zugelassene Produkte freiwillig Daten zur Versorgungslage übermitteln und Engpässe melden können.

Ab dem 2. Februar 2025 werde die Nutzung der Plattform verpflichtend. MAHs müssen dann Kennzahlen zu Lieferfähigkeit und Verfügbarkeit kritischer Arzneimittel in Krisensituationen melden. Auch nationale Behörden können Daten zu Lagerbeständen und Nutzung bereitstellen. Eine öffentliche Schnittstelle mit Informationen zu Engpässen in der EU soll bis Anfang 2025 verfügbar sein. Die ESMP folgt der EU-Verordnung 2022/123 und soll Transparenz in Angebot und Nachfrage bringen, um Versorgungsprobleme langfristig zu minimieren.

Mindestlohn steigt ab Januar: Was ändert sich in der Apotheke? 

Zum 1. Januar 2025 erhöht sich der Mindestlohn auf 12,82 Euro pro Stunde. Diese Anpassung wirkt sich auch auf die Einkommensgrenzen für Minijobs und Midijobs aus. Die Verdienstgrenze für Minijobs steigt von 538 Euro auf 556 Euro im Monat, was einer maximalen Arbeitszeit von etwa 43 Stunden entspricht. Die Jahresverdienstgrenze liegt künftig bei 6672 Euro. Nicht alle profitieren jedoch vom Mindestlohn: Ausnahmen gelten u. a. für Pflichtpraktikant:innen, Auszubildende, Ehrenamtliche und Personen im Freiwilligendienst. Betroffen sein könnten also etwa auch PTA, die ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben. Minijobber:innen sind dennoch gut abgesichert, mit Anspruch auf Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Leistungen der Unfallversicherung. Für Midijobs liegt die Verdienstspanne ab dem neuen Jahr zwischen 556,01 Euro und 2000 Euro. Wer zwischen 538,01 Euro und 556 Euro verdient, muss als Minijobber:in umgemeldet werden. 

Hoffmann und Scharpf übernehmen Führung der BAK

Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat eine neue Leitung gewählt: Ab 2025 wird Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, das Amt des Präsidenten übernehmen. Hoffmann, der als erster Industrieapotheker an der Spitze der BAK steht, erhielt bei der Wahl 93 Prozent der Stimmen. Als Vizepräsidentin wurde Franziska Scharpf, Vizepräsidentin der Bayerischen LAK, mit 79 Prozent gewählt.
Hoffmann will die BAK nach eigenen Angaben in drei Bereichen stärken: Er wolle den Apothekerberuf weiterentwickeln, die Arbeit der BAK modernisieren und die Zusammenarbeit mit DAV und ABDA vertiefen. Wichtige Themen seien Fachkräftemangel, Nachwuchsförderung und die Anpassung der Ausbildung an neue Anforderungen. Scharpf möchte Tradition und Moderne verbinden und die Pharmazie im Gesundheitssystem stärken.

MV startet Drugchecking-Modellversuch in Diskothek

In Schwerin konnten Gäste eines Clubs am vergangenen Wochenende ihre Drogen kostenlos auf gefährliche Inhaltsstoffe testen lassen. Das bundesweit einmalige Projekt wird von der Universität Rostock wissenschaftlich begleitet und vom Gesundheitsministerium MV sowie der Caritas unterstützt. Eine entsprechende Verordnung schafft seit Juni die rechtliche Grundlage. Die chemische Analyse fand direkt vor Ort statt. Teilnehmer erhielten nach wenigen Minuten das Ergebnis und wurden über Risiken aufgeklärt. Die getesteten Substanzen wurden anschließend vernichtet. Suchtmediziner Gernot Rücker sieht darin eine Chance, Überdosierungen zu vermeiden und damit gesundheitlichen Risiken aus dem Weg zu gehen.

Während Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) die präventive Wirkung betont, kritisiert die CDU-Opposition das Projekt scharf. Fraktionschef Daniel Peters wirft der Landesregierung vor, sorglosen Drogenkonsum staatlich zu zertifizieren und sich damit zum „Handlanger der organisierten Kriminalität zu machen."

AMIRA hatte über Drug-Checking-Angebote bereits mehrfach berichtet. Bei den bisherigen Angeboten konnten Konsumenten ihre Drogen zu einem Labor bringen, jetzt wurde der Service zum ersten Mal „vor Ort“ angeboten. Ist das effektive Gesundheitsfürsorge oder geht das zu weit für dich? Schreib deine Meinung in die Kommentare.

Keuchhusten: Fallzahlen in Deutschland auf Rekordhoch

Mit rund 22.500 laborbestätigten Fällen erreicht Keuchhusten in Deutschland einen Höchststand der letzten zehn Jahre. Im Vergleich: 2023 wurden nur 3.430 Fälle registriert. Besonders betroffen sind Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren. Charité-Infektiologe Leif Erik Sander sieht einen möglichen Grund in den Corona-Schutzmaßnahmen: Die fehlende Erreger-Exposition während der Pandemie habe die Immunität in der Bevölkerung geschwächt. Auch international steigen die Zahlen - in den USA etwa auf das Fünffache gegenüber 2023. Obwohl die Erkrankung meist mild verläuft, kann sie besonders für ungeimpfte Säuglinge gefährlich werden. Von den vier Todesfällen in diesem Jahr waren vor allem Säuglinge, ältere Kinder und Erwachsene mit Vorerkrankungen betroffen.

Experten empfehlen dringend die Impfung: Für Neugeborene sind drei Impfungen vorgesehen, mit Auffrischungen im Kindes- und Jugendalter. Auch Erwachsene und besonders Schwangere sollten sich impfen lassen, um sich und ihre Neugeborenen zu schützen.

Jeder Vierte in Deutschland hatte schon eine Depressionsdiagnose

Eine neue repräsentative Studie zeigt: 25 Prozent der Erwachsenen unter 70 Jahren in Deutschland erhielten bereits eine Depressionsdiagnose. Von ihnen befindet sich jeder Fünfte aktuell in einer depressiven Phase. Die Erkrankung liegt vor, wenn über mindestens zwei Wochen zwei der drei Hauptsymptome auftreten: depressive Stimmung, Interessenverlust oder Antriebsmangel. Zusätzlich müssen weitere Nebensymptome wie Schlafstörungen oder Suizidgedanken vorliegen.

Die Erhebung basiert auf einer Online-Befragung von 5.000 Menschen und wurde von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe durchgeführt. Die Experten betonen: Depression ist eine ernsthafte Erkrankung, die professionelle Behandlung erfordert. Betroffene können sich meist nicht allein aus ihrer Situation befreien. Therapie und Medikamente können den Genesungsprozess unterstützen, betont die Stiftung.

AMIRA fragt: Ohne nähere Einzelheiten preiszugeben – aber habt ihr in eurem Umfeld schon Depressionen erlebt?

Welt-Aids-Tag: UN-Bericht beklagt Diskriminierung von Betroffenen

Am 1. Dezember ist Welt-Aids-Tag, aus diesem Anlass stellte das UN-Programm UNAIDS in dieser Woche seinen Bericht zum weltweiten Stand der Infektionskrankheit vor. Demnach behindert die gesellschaftliche Ausgrenzung von Menschen mit HIV/Aids und Risikogruppen die effektive Bekämpfung der Krankheit. Die UN berichtet zum Welt-Aids-Tag von steigenden Infektionszahlen in 28 Ländern, wobei die Angst vor Stigmatisierung viele Menschen davon abhält, medizinische Unterstützung zu suchen. Besonders betroffen sind bestimmte Bevölkerungsgruppen. In Deutschland etwa entfielen 2021 von 91.000 Neuinfektionen 55.000 auf männliche homosexuelle Kontakte, während 11.000 durch heterosexuelle Kontakte und 9.000 durch Drogenkonsum übertragen wurden. Die Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen in 63 Ländern führt dort zu einer fünffach höheren Infektionsrate unter Männern, die Sex mit Männern haben. UNAIDS-Direktorin Winnie Byanyima betont, dass der Schutz individueller Rechte fundamental für die öffentliche Gesundheit ist. Diskriminierung, sei es durch verwehrte Bildung für Mädchen, ungeahndete geschlechtsspezifische Gewalt oder die Kriminalisierung bestimmter Gruppen, verhindert den Zugang zu lebenswichtigen HIV-Diensten.

Aktuell leben 39,9 Millionen Menschen weltweit mit HIV, wobei ein Viertel keinen Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten hat. 2023 verstarben 630.000 Menschen an Aids-bedingten Erkrankungen, während sich 1,3 Millionen Menschen neu infizierten. Obwohl die globalen Infektionszahlen insgesamt rückläufig sind, prognostiziert eine neue Studie des IHME-Instituts einen Höchststand von 44,4 Millionen HIV-Infizierten im Jahr 2039, bevor die Zahlen langsam zurückgehen sollen. Um das UN-Ziel zu erreichen, Aids bis 2030 als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit zu eliminieren, sind der Abbau von Diskriminierung sowie ein verbesserter weltweiter Zugang zu erschwinglichen Medikamenten erforderlich, heißt es in dem Bericht.

Jahrestagung der DGA: Männergesundheit im Fokus

Kürzlich diskutierten 150 Expert:innen auf der 36. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Andrologie (DGA) in Köln aktuelle Entwicklungen aus Forschung, Klinik und Berufspolitik. Unter dem Motto „Brennpunkt Andrologie“ standen Themen wie Keimzellkryokonservierung, Spermienanatomie und KI-Einsatz im Mittelpunkt. Besondere Aufmerksamkeit galt der Behandlung erektiler Dysfunktion, digitalen Gesundheitsanwendungen und Transgesundheit, etwa zur Fertilitätsprotektion bei geschlechtsangleichenden Maßnahmen.
DGA-Präsidentin Prof. Dr. Sabine Kliesch forderte eine bessere Vergütung andrologischer Leistungen, um die Patientenversorgung langfristig zu sichern. Zudem hob sie den Zusammenhang andrologischer Erkrankungen mit Herz-Kreislauf- oder Stoffwechselerkrankungen hervor.

Silymarin STADA Hartkapseln: Neuer Name und angepasste Zusammensetzung

Die STADA Consumer Health Deutschland GmbH informiert über eine Änderung bei den Silymarin STADA Hartkapseln (117 mg). Das Produkt erhält eine neue Bezeichnung und Zusammensetzung. Seit dem 15. November ist der Nachfolger unter dem Namen Silymarin STADA 109 mg Hartkapseln im Handel erhältlich. Das Präparat enthält weiterhin Mariendistelfrüchte-Trockenextrakt (60-70:1) als Wirkstoff, wobei Ethanol 96% (V/V) das Auszugsmittel bleibt. Die Änderungen betreffen eine leichte Anpassung der Dosierung sowie die neue Kennzeichnung.